Diese drecksverfickte Achterbahn, in der ich mich gerade emotional befinde, macht mich fertig und ich habe keine Ahnung, wie ich da hineingeraten bin und noch viel weniger, wo sich der Ausstieg befindet. Himmelhochjauchzend mit Hachz und Awww im einen Moment und nur kurze Zeit später sacke ich zusammen und bin nur noch ein heulendes Häufchen Elend. Und das geht so seit Tagen (oder vielleicht sogar schon Wochen? Die Zeit breit vor sich hin…) und immer wieder auf und ab und auf und ab und es laugt mich aus, macht mich fertig, raubt mir die Kraft. Im einen Moment will ich Bäume ausreißen und alle liegengebliebenen Dinge auf einmal erledigen, im nächsten fehlt mir die Kraft, mir auch nur einen frischen Kaffee zu machen. Mein Innenleben fühlt sich so unlogisch und surreal an wie mit 13 und ich hatte lange keinen so krassen Depressionsschub wie im Augenblick. Aber dann im nächsten Moment ist wieder alles ganz klar und ich merke, wie ich doch gerade voran komme, auf dem Weg herauszufinden, wer ich überhaupt unter all der vielen Angst und Traurigkeit bin und nicht nur herauszufinden, sondern auch wie ich anfange, mich mit all meiner Eigenheiten endlich und wenigstens ein Stück weit anzunehmen. Nicht mehr alles direkt als Makel zu empfinden, sondern auch zu sehen, dass auch gerade das, was ich oft als so fehlerhaft und gestört an mir empfinde, mich ausmacht und dass ich das genauso, also natürlich mit ein bisschen mehr Mühe, als Stärke empfinden könnte. Kann.
Aber dann, mit der nächsten Windung der Achterbahn kann ich mich wieder überhaupt nicht leiden, kann mich und meine Gedanken selber kaum aushalten, empfinde mich als Zumutung und will mich auf keinen Fall damit anderen zumuten. Das kenne ich von mir. Rückzug als das Mittel meiner Wahl, wenn es mir schlecht geht. Nur für mich bleiben, niemanden da mit reinziehen, niemandem auf die Nerven gehen. Und dann tu ich’s doch, schreibe all diesen Stimmungswust auf Twitter und möchte im nächsten Moment den Account löschen, um’s einfach bleiben zu lassen, damit niemand merkt, wie tief ich im Sitz der Achterbahn sitze, wie verworren ich schwanke. Wie verloren ich schwanke. Wie verloren. Ich. Bin.
Dabei weiß ich, dass Rückzug genau der falsche Weg ist, der der alles schlimmer und schlechter macht, dafür sorgt, dass die Tiefs unendlicher werden oder zumindest scheinen. Und bei diesen Überlegungen über Menschen und Nähe, die ich mir so sehr wünsche, gerate ich immer wieder an den Punkt, an dem mir aufgeht, wie einsam ich bin. Trotz all der freundlichen und mitfühlenden Menschen in meinem sozialen Netz, das für mich wirklich oft genau das ist – ein Netz, das mich auffängt.
Aber das, was mir so sehr fehlt, ist nur ein einziger Mensch, bei dem ich mich trauen würde, zu sein, wer und wie ich bin. Irgendwer als Adressat für ein „Hast du Zeit? Ich brauch dich gerade.“, bei dem ich mich das dann auch wirklich trauen würde. Mein halbes Leben lang war da E. und seitdem sie nicht mehr da ist, ist da eine Lücke. Klar, ich habe einen wunderwunderbaren besten Freund, aber der wohnt fast 300 km entfernt und hat mittlerweile eine Frau und drei Kinder und wir sind froh, wenn wir es überhaupt noch schaffen, einigermaßen regelmäßig zu telefonieren und am Leben des anderen teilzuhaben. Ich hab meine Schwester, die mir sehr nahe (vermutlich viel näher als ich ihr) ist und auch sie hat ein Aber. Wie eigentlich alle. Und diese Abers sind es, die mich in solchen Situationen zurückschrecken lassen, mich dazu bringen, mich nicht zu melden. Alle diese Menschen haben auch so schon genug um die Ohren und ich hab ja nicht mal echte Probleme, die ich teilen könnte, sondern nur diese Helligkeit, Licht, Wärme und Freude verschlingenden Dementorenmonstergedanken in mir. Und ich will ja nicht mal unbedingt über die reden. Ich will nur nicht mit ihnen alleine sein, sehne mich nach Gesellschaft, nach Ablenkung, nach jemandem, in dessen Gegenwart ich ins Weinglas heulen oder mich vor Lachen am Kaffee verschlucken kann.
Dass ich mich gestern von einem Menschen verabschiedet habe, bei dem genau das ging und der – für eine Weile – meine Geister vertreiben konnte, wie kaum jemand anderes, tut so weh, auch wenn es (nur) in der virtuellen Welt stattfand. Auch, weil es mir so schmerzlich bewusst macht, dass ich keine Ahnung habe, wo diese Galaxien zwischen uns hergekommen sind…
Ich will so gerne an meine eigene Liebenswürdigkeit glauben, das will ich wirklich wirklich (endlich). Aber ich weiß nicht, wie das geht, wo fast alles, was ich in den letzten Jahren versucht habe, an Freundschaften zu knüpfen, nicht funktioniert. Und ich weiß, dass es vermutlich deswegen so schwierig ist, weil ich es mir so sehr wünsche. Aber wie soll ich denn nur anders? Ich versuche die ganze Zeit, die Stimme in meinem Kopf zu unterdrücken, die mir einredet, dass ich immer alles vermassele, aber das ist so schwierig. Denn am Ende stehe ich immer bis zu den Knöcheln in Scherben.
Und dann, mit der nächsten Gedankenwelle, fühle ich mich so verflucht undankbar. Ich kenne so dermaßen großartige Menschen, mit denen ich täglich kommuniziere und für die ich wirklich dankbar bin. Und trotzdem. Vielleicht liegt es auch ausschließlich an mir, dass mir dieser eine Adressat für ein „Hast du ein bisschen Zeit für mich?“ fehlt, weil ich ohnehin zu feige bin, solche Fragen zu stellen.
Katja
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