kurz zitiert #55

Die Trauer kommt ihm heute vor, wie auf einem gefrorenen Fluss spazieren zu gehen: Meistens fühlt er sich sicher, aber es besteht immer die Gefahr einzubrechen. Jetzt hört er das Eis unter sich knirschen, und die Panik, die ihn erfasst, ist so intensiv, dass er aufspringen, sich die Hände vors Gesicht legen und tief Luft holen muss.

(David Nicholls, Zwei an einem Tag)

Ich mag das Bild, es verbindet Trauer mit der scharf beißenden Kälte, die einen manchmal zu zerreißen droht. Aber es hat für mich auch etwas Tröstliches, denn irgendwie ist in dem Bild der Himmel wolkenlos und blau und die Luft zwar schneidend kalt, aber auch frisch und klar.

Für mich passt es außerdem zur Depression. Das ist auch an vielen Tagen wie ein Spaziergang auf dünnem Eis, bei jedem Schritt immer in der Gefahr, dass es knirscht, dass der Tag aus den Fugen gerät.

Katja

kurz zitiert #54

Es ging ihr ganz gut. Und zwar nicht im Sinne von »Mir geht es ein bisschen gut«, wie die meisten es meinen. Aus irgendeiner Sprachwendung hatte sich das »ganz« in seiner allumfassenden Definition in ihre Sprache rübergerettet.
Es ging ihr ganz gut. »Ganz« im Sinne von »Es geht mir universalunfassbarfantastisch gut«.

(aus: Thees Uhlmann – Sophia, der Tod und ich)

Möglicherweise die beste Stelle des Buches, der Rest ist eher so ganz gut, in einem Sinne, wie es die meisten meinen, aber diesen Gedanken mag ich sehr, das „Ganz“ wieder mal als allumfassende und nicht relativierende Ergänzung, das ist schon ein Satzschatz.

Katja

kurz zitiert #52

Seitdem ich in New York bin, bin ich allein.

Komisch, so viele Menschen und zusammen sind sie eine Wüste.

(Karen Köhler, Wir haben Raketen geangelt, Cowboy und Indianer)

Ein so schönes, so treffendes und gleichzeitig so trauriges Bild von (vielen) Menschen…

Katja

kurz zitiert #50

„Sinn des Lebens sind Kekse.“
Sie nickte höflich und knabberte an einem Zimtplätzchen.
„Kekse sind gut. Kekse machen glücklich. Kekse fragen nicht, warum sie hier sind, denn Kekse wissen es.“
„Du weisst aber schon, dass Kekse keine Lebewesen sind, oder?“ fragte sie.
„Vielleicht nicht“, sagte das Peter-Wesen, „aber wissen Kekse das auch?“

(aus A. Lee Martinez, Der Mond ist nicht genug)

 

Der Autor twittert doch heimlich!

Übrigens insgesamt ein sehr unterhaltsames Buch. Nicht nur wegen der Keksphilosophie! 🙂

Katja

kurz zitiert #49

„Zieh dein Hemd aus!“

„Fuck! Ist das dein Ernst? Du siehst aus wie gephotoshopped.“

(Emma Stone als Hannah Weaver zu Ryan Gosling als Jacob Palmer in Crazy Stupid Love)

Chrchrchr.

Katja

kurz zitiert #48

Nur eines schaffte ich nicht: Mutter aus meiner Erinnerung und meinen Gedanken zu löschen. Ich wage zu bezweifeln, dass überhaupt ein Mensch das kann, wenn es um Eltern oder Geschwister geht. Das Band, das einen an die Familie bindet, kann durchtrennt werden, aber die abgeschnittenen Enden haben so eine Art, einem an windigen Tagen ins Gesicht zu flattern.

(Olivia Whitelaw – in den Mund gelegt von: Elizabeth George, Asche zu Asche, Seite 562)

 

(Ohne Worte)

Katja

kurz zitiert #47

Weinen fügte etwas hinzu: Weinen war man selbst, plus Tränen. Doch das Gefühl, das Colin hatte, war das grausame Gegenteil von Weinen. Es war er selbst, minus etwas. Die ganze Zeit musste er über dieses Wort nachdenken – ewig – und spürte dabei direkt unter dem Brustkorb ein brennendes Reißen.

*

Lindsey hustete, murmelte:
„Verdammt“, und hustete wieder.
Hollis zobg die Brauen hoch. „Lindsey Lee Wells, du steckst sofort einen Vierteldollar in die Fluchbüchse.“
„Verflucht“, sagte Lindsey, „Pimmel, Arsch.“ Dann schlenderte sie zum Kaminsims und steckte einen Dollarschein in ein Einmachglas. „Ich hatte es nicht kleiner, Hollis“, sagte sie.

*

Wenigstens die Bücher waren ihm geblieben. Bücher waren die ultimativen Sitzengelassenen: Leg es weg, und es wird immer auf dich warten; schenk ihm Aufmerksamkeit und es liebt dich immer zurück.

 

(Alle aus: John Green – Die erste Liebe (nach 19 vergeblichen Versuchen))

Eines der Bücher, das ich gar nicht sitzenlassen, sondern immer zurücklieben möchte. ❤

Katja