*DIE* Reise

Wenn für mich eine Reise in groß und in Sternchen gefasst, die Bezeichnung *DIE* Reise verdient, dann ja wohl diese. Fast 6 Wochen unterwegs gewesen, ganz exakt 40 Nächte an 14 verschiedenen Orten verbracht. 7585 km insgesamt – unterwegs in Deutschland, Frankreich, Portugal und Spanien. Das war vermutlich eine vollkommen einmalige Reise, sowohl einmalig im Sinne von traumhaft schön als auch (wahrscheinlich und leider) einmalig im Sinne von once in a lifetime.

Mal sehen, ob ich wirklich dazu komme und die Muße habe, hier demnächst ein paar Eindrücke festzuhalten, aber ich hatte auf Twitter versprochen, wenigstens alle Etappen der Reise, alle Orte, an denen wir übernachtet haben, mal aufzulisten und here we are:

25.09. Abreise
25.09.-26.09. Châlus (Frankreich)
26.09.-27.09. San Sebastian (Spanien)
27.09.-28.09. Santiago de Compostela (Spanien)
28.09.-30.09. Porto (Portugal)
30.09.-01.10. Nazaré (Portugal)
01.10.-22.10. Isla Canela (Spanien)
23.10.-24.10. Sevilla (Spanien)
24.10.-26.10. Jerez da la Frontera (Spanien)
26.10.-28.10. Granada (Spanien)
28.10.-29.10. Tomelloso (Spanien)
29.10.-30.10. Almazan (Spanien)
30.10.-31.10. Saragossa (Spanien)
31.10.-01.11. Yosa de Sobremento (Spanien)
01.11.-03.11. Soulac sur mer (Frankreich)
03.11.-04.11. Vicq (Frankreich)
04.11. Heimkehr

Lustigerweise hat unsere Route die Routenplanung von googlemaps gesprengt. Die kann nur 10 Etappen verarbeiten und darstellen.

Hier immerhin noch in Einzelteilen die Hin- und Rückreise – wobei bei der Rückreise auch die letzte Etappe nach Hause (in der Nähe von Darmstadt) fehlt, weil das die 11. Etappe gewesen wäre.

Es fühlt sich sehr unwirklich an, beim Nachhausekommen nicht nur ein Kalenderblatt umzublättern, sondern nach dem ersten einen Moment hinschauen und innehalten und dann direkt das nächste Blatt auch noch umzuschlagen, weil man über einen Monat lang unterwegs war.

In der ganzen Zeit habe ich exakt einmal und auch nur für eine Stunde etwa, gedacht, ich wäre gerade lieber zu Hause. Da war ich aber körperlich und emotional durch und hatte so das Bedürfnis nach heimischer Couch und Pizza vom Lieferdienst. Ansonsten habe ich die komplette Zeit sehr genossen. Der Gedanke, nach Hause zu kommen, fühlte sich vor allem merkwürdig an als ich noch unterwegs war. Am Ende war es dann weniger komisch als befürchtet.

In mir war es schon lange nicht mehr so ruhig und friedlich wie auf dieser Reise und die war so ungefähr das Allerallerbeste, was ich gerade für mich tun konnte. Natürlich vermisse ich das Meer wieder, sobald ich ihm den Rücken zugedreht habe, weil Zeit am Meer nie ausreicht, wenn ich wieder abreisen muss, aber ich bin auch unglaublich froh und dankbar, dass ich überhaupt so lange dort bleiben konnte. Die Reise fühlte sich in jedem Moment als enormes Privileg an und das hat sie noch besonderer gemacht.

Katja

Am Meer

Ich war am Meer.
Ich war am mehr.
Ich war mehr.
Ich war Meer.
Ich war mehr am Meer.
Ich war am Meer mehr.
Ich war mehr Meer.
Ich war Meer Mehr.
Ich war mehr Meer-ich.
Ich war mehr-ich.
Am Meer.
Ich war am Meer mehr ich.

Katja

Sinn(e_)voll

Sehen…blaue Weite bis zum Horizont. Wellen, blau, türkis, weiß. Versprengte fast durchscheinende Wolken. Sandburg. Steine. Muscheln. Möwen. Sandburg. Strandkörbe. Wellen. Ein Segelboot am Horizont. Eine Möwe, die einen Krebs im Schnabel hat. Ein Schiff. Wellen. Blau. Holz. Die Seebrücke. Menschen. Steine. Licht und Schatten. Den eigenen Schatten. Meer. Mehr Meer.

Schmecken…Salz auf den Lippen.

Hören…das ferne Toktoktok eines schweren Dieselmotors. Auwwauww. Möwen. Kinderlachen. Wroommmwroommm, die Brandung und dann Zssschhh, wenn die ausrollende Welle zwischen den Steinchen am Strand auftrifft. Gesprächsfetzen. Mehr Möwen. Vogelzwitschern. Rrrnrrrn, ein Jetski. WroommmZssschh.

Riechen…Salz in der Luft. Pommes. Fisch. Bier. Sonnencreme. Schweiß. Zuckerwatte.

Fühlen…Sand, warm und weich. Steine, groß und flach. Spitz. Scharfkantig. Kühles Wasser am Knöchel. Sonne im Gesicht und auf den Beinen. Wind, der die feinen Haare am Arm zur Gänsehaut macht. Kühler, feuchter Sand. Pieksende Steine. Seetang glitschig. Holzbohlen. Rillen im Holz. Das kühle Metallgeländer unter den Fingern. Die plötzliche Kühle im Schatten. Wind im Gesicht. Sonne, heiß auf die Stirn und Nase brennend. Sand zwischen den Zehen. Tränen, die die Wangen runterlaufen.

Ich bin am Meer und ich bin bei mir.

Katja

Ich bin dann mal weg

Die Koffer gepackt, die Akkus aufgeladen, jetzt für 3 Stunden hinlegen und versuchen, ein bisschen Schlaf zu finden. Dann aufstehen, duschen, Kaffee kochen, Reste packen, Müll rausbringen, Kaffeemaschine putzen, Spülmaschine anschalten und los.

Bis Samstag rund 2.500 km in Richtung Süd-West und dort dann 2 Wochen auf den Atlantik gucken und (mindestens) die Füße reinstrecken, Sand zwischen den Zehen, Sonne und Wind im Gesicht, Sherry und Vino Tinto im Glas, Tapas futtern, Spanisch hören und reden, durch die Altstadt schlendern und hoffentlich den eigenen Akku auch mal wieder voll aufladen.

Vielleicht hab ich Lust zu Bloggen von unterwegs und ihr bekommt hier live ein paar Eindrücke, vielleicht auch nicht. (Auf Twitter gibt’s sicher jede Menge kitschige Sonnenuntergangsfotos über’m Meer – ich kann’s doch eh nicht lassen. :D)
Geplant habe ich ansonsten nur, den Sommer noch ein bisschen zu verlängern und möglichst viel Zeit damit zu verbringen, auf’s Meer zu gucken und dabei hoffentlich Herz und Kopf ein bisschen leichter zu bekommen.

Ansonsten: Bis in 3 Wochen! Lasst’s euch gut gehen! ❤

 

Katja

Serendipity

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„Ach es ist einfach nicht das Gleiche. Das Zeug ist zwar wirklich lecker, aber….“ *soifzt*
„Mhhm. Das liegt nicht am Zapfen oder so, Felipe macht das aus, dass es so gut ist.“
„Als wir aus dem Laden raus sind, hätte ich schwören können, es ist eines der leckersten Getränke, die ich je im Leben getrunken habe.“

2 Wochen vorher:

„Felipe, wir müssen leider gehen.“ sage ich auf Spanisch und dass wir am nächsten Morgen früh raus müssen, weil wir über 800 km bis zu unserem nächsten Hotel fahren müssen. Er guckt bedauernd, redet in Highspeedspanisch und wieder mal viel zu schnell auf mich ein, winkt mich zu der Stelle der Theke, die schmal genug für eine Umarmung über die Theke hinweg ist, drückt mich, un beso links, un beso rechts, drückt mir eine Tüte mit einer Flasche in die Hand. „Wenn ihr zurück in Deutschland seid, dann denkt mal an mich, wenn ihr das trinkt.“ und immerhin das verstehe ich perfekt und weiß in dem Moment schon, dass ich gar nicht anders könnte, wahrscheinlich im ganzen Leben nicht mehr anders können werde, wenn ich wieder Wermut trinke, als dann an diesen Abend in der winzigen Bar in der kleinen spanischen Stadt zurückzudenken.

Wir gehen aus der Bar, blicken von der Tür aus nochmal zurück auf diesen besonderen Menschen an diesem besonderen Ort, schlendern – zugegebenermaßen ziemlich angeschickert – durch Tomelloso, die paar Hundert Meter zurück zu unserem Hotel, können das, was passiert ist noch gar nicht so recht einsortieren. „Ist doch echt völlig egal, wie schmutzig das Hotelzimmer verflucht nochmal ist, wir fahren hier ab jetzt jedes Jahr wieder vorbei. Alleine für einen Abend im Lauticia, für Felipe lohnt sich das.“ da sind wir uns einig.

Etwa 5 Stunden vorher:

Irgendwie verkatert, nicht von Alkohol sondern vom Abreiseschmerz aus Cádiz, von unserer Ferienwohnung direkt am Meer und direkt vor der Stadt, kommen wir in Tomelloso, der kleinen spanischen Stadt in Kastilien – La Mancha an, wo wir unser erstes Hotel für die Rückreise gebucht haben. Beim Check in frage ich die freundliche Dame an der Rezeption, wann das hoteleigene Restaurant abends geöffnet hat und sie bedauert, dass es an dem Abend gar keine Möglichkeit gibt dort zu essen, weil eine größere Gesellschaft im Hotel weilt, die auch die gesamte Restaurantkapazität belegt. „Haben Sie eine Empfehlung für ein Restaurant in der Nähe für uns?“ frage ich in meinem besten Sonntagsspanisch, immer noch erfreut staunend darüber, wie gut die Verständigung in den letzten 2,5 Wochen funktioniert hat und wieviel besser mein Spanisch in den letzten beiden Jahren geworden ist. „Klar“ antwortet sie, zückt einen kleinen Stadtplan, in dem das Restaurant schon eingezeichnet ist und beschreibt mir den Weg dorthin.

Kurze Zeit später auf dem Zimmer schlägt der Mitdings erst mal im Internet nach. Ein italienisches Restaurant ist das, was sie uns da empfohlen hat. Hm, ja nee. Dafür reisen wir ja dann doch nicht nach Spanien. Wir beschließen uns auf eigene Faust was zu suchen. Der Mitdings befragt Tripadvisor, wir suchen uns 3 Alternativen aus, die alle auf einem Spazierrundweg vom Hotel aus liegen und beschließen uns die mal anzuschauen. Aber erst mal 10 Minuten durchschnaufen, den Abreise- und Fahrtstress wegduschen und dann ganz gemütlich.

2 Stunden später verlassen wir das Hotel, trippeln zur Plaza de España, bestaunen das beleuchtete Ayunamiento, den Brunnen, die Posada de los Portales, dann nur noch ein paar Hundert Meter weiter bis wir in einer eher unscheinbaren Seitenstraße vor einem eher unscheinbaren Laden stehen, den wir im ersten Moment fast übersehen hätten, wenn nicht 3 Stehtische vor der Tür gestanden hätten.

Wir gucken durch die offene Tür, sind ein bisschen unschlüssig, gehen dann aber doch erst mal rein. Die Bar ist winzig, die Theke geht über Eck und nimmt etwa Dreiviertel des Raumes ein, ansonsten gibt es keine Tische, nur ein schmales Board an der der Theke gegenüberliegenden Wand, vor dem auch noch 2 Hocker stehen. Beim Betreten der Bar scheinen wir ein Stück durch die Zeit gereist zu sein, die Einrichtung und Dekoration könnte direkt den 60er Jahren entstammen, vermutlich tut sie das sogar, aber nicht in diesem ungepflegt schmuddeligen Sinne, wie wir das in spanischen Bars auch schon häufiger mal erlebt haben, sondern das ist alles liebevoll platziert und der Laden ist blitzsauber.

Die Theke ist vollbesetzt, vor allem ältere Spanier sitzen dort, kein einziger Hocker im Lauticia ist frei. Hinter der Bar ein Mann im ordentlichen dunkelblauen Hemd. Kurz nachdem wir zur Tür rein kommen, begrüßt er uns über die Köpfe seiner Gäste hinweg wortreich und vor allem maschinenpistolenschnell. Es gibt nirgendwo eine sichtbare Karte, mir wird ein bisschen schummrig bei dem Gedanken, was mir da vielleicht gleich an gewaltiger Sprachanforderung begegnen wird. Mein erster Reflex im Kopf ist „Flucht“ und „das ist mir ’ne Nummer zu groß“, aber mittlerweile gucken uns alle im Laden an. Ich gehe einen Schritt auf die Theke zu „Por favor, mas despacio.“ „Bitte viel langsamer. Mein Spanisch ist noch nicht so gut.“ sage ich und merke, wie ich rot werde. „Ah!“ ruft der Mann hinter der Theke und winkt uns zu der Stelle der Theke, die deutlich schmaler ist und wo man sich einfacher verständigen kann. Woher wir kommen, will er als erstes wissen und sagt uns dann ganz stolz „Auf Wiedersehen!“ als er hört, dass wir Deutsche sind und dass das sein einziges Deutsch ist. Mein Spanisch muss also auf jeden Fall besser als sein Deutsch sein, das weiss er da schon. Dann redet er wieder viel zu schnell auf mich ein und ich lächle hilflos und schaue ihn groß an. Ich verstehe kaum was von den Worten, die er sagt, aber erstaunlicherweise verstehen wir die Bedeutung ziemlich gut. „Wollt ihr was essen, ja? Ist alles gut, ich mach euch einfach mal was und ihr probiert.“ Dann fragt er, was wir trinken wollen und der Mitdings will schon Rotwein bestellen, aber mir fällt ein, dass die ganzen spanischsprachigen Tripadvisornutzer ausnahmslos den Wermut empfehlen. Ich bestelle also lieber den und der im blauen Hemd strahlt auf einmal los. Ich versuche, ihm radebrechend zu erklären, dass wir bei Tripadvisor von seinem Laden gelesen hatten und auch über den Wermut.

Dann, kurze Zeit später stellt er uns ein kleines Schälchen mit frittierten Gambas im Ausbackteig vor die Nase und die sind unfassbar großartig. Am Abend vorher waren wir in Cádiz nochmal essen gewesen, extra in einer Freiduria, einem speziellen Fischrestaurant, wo es hauptsächlich diverse frittierte Fischsorten gibt und waren echt enttäuscht, aber das hier war großartig.

„Es bueno?“ „Si, riquísima!“ Die Verständigung wird immer leichter.

Einige Minuten nachdem wir die Gambas gegessen haben, stellt er das nächste Schälchen mit Tapas vor uns auf der Theke ab. Kleine würzige Fleischstückchen – Lomo de cerco, wie ich später erfahre – auf Baguettewürfelchen gespießt. Riquísima tambien! Nach dem ersten Wermut bestelle ich eine zweite Runde, will aber zu meinem Wasser dazu. „Nein, kein Wasser“ sagt mir der Mann hinter der Theke. „wenn du was ohne Alkohol willst, hier probier das!“ und stellt mir ein Glas mit einem Trauben-Apfel-Saft vor die Nase.

Wir essen, unterhalten uns, trinken den unfassbar fantastischen Wermut vom Fass und beobachten ein bisschen Felipe, von dem ich zu dem Zeitpunkt noch gar nicht weiß, dass er so heißt, so weit sind wir an der Stelle noch nicht, das frage ich erst 2 oder 3 Wermut später, weil ich unbedingt wissen muss, wie dieser Mensch heißt. „Weisst du, was total komisch ist?“ frage ich den Mitdings. „Ich finde das nicht schlimm, sondern ganz im Gegenteil total stimmig, dass Felipe mich direkt angefasst hat als wir kaum im Laden drin waren und er nach unserer Sprache fragte.“ Da hatte er mir nämlich in der Tat direkt die Hand auf den Arm gelegt und das machte er auch im späteren Verlauf des Abends jedes Mal, wenn er in meine Nähe kam und mit mir redete. Immer die Hand auf den Arm oder bei der Hand gefasst und obwohl sich das für mich bei wildfremden Menschen normalerweise seltsam anfühlt, ist das bei Felipe anders. Es fühlt sich echt an und herzlich und direkt. Überhaupt ist es eine Wonne, Felipe bei der Arbeit zuzusehen. Mit lässiger Eleganz zapft er Wermut, den die meisten Gäste in der Bar trinken, sammelt Gläser und Schälchen ein, bückt sich zur Drehtür in Richtung Küche, aus denen er die köstlichen Tapas holt und gibt die nächste Bestellung durch. Er vergisst nichts, notiert sich fast nichts, scheint völlig den Überblick zu haben, wer was bestellt hat und wer was bezahlen muss. Immer wieder, wenn neue Gäste die Bar betreten, gehen sie zuerst zu der hinteren Ecke der Theke, an die Felipe auch uns zuerst gewunken hat, umarmen ihn, für jeden findet er freundliche Worte und Gesten, alle scheinen sich unheimlich wohl zu fühlen und auch uns geht es so. „Weisst du, der hat keine Kunden, der hat Gäste.“ sag ich irgendwann zum Mitdings und ich glaube, das trifft die Atmosphäre im Lauticia recht gut.

Zwischendurch kommt Felipe immer wieder zu uns, legt mir die Hand auf den Arm „Qué tal?“ fragt er mich jedes Mal, was gleichermaßen „wie geht’s?“ und „wie war’s?“ bedeutet. „Muy bien.“ sage ich jedes Mal, denn das passt irgendwie auf beide Fragen, sämtliche Tapas, die er uns nach und nach in kleinen Schälchen hinstellt sind großartig, der Wermut ist großartig, es geht uns großartig. Immer zwischendurch, wenn einen Moment lang alle Gäste gut versorgt sind, kommt Felipe und unterhält sich mit mir. So erfahre ich im Laufe des Abends, dass er die Bar in der 4. Generation seiner Familie betreibt, dass Tomellosos Hauptwirtschaftszweig die Alkoholproduktion darstellt und das viele Menschen in die Region lockt und dass Tomelloso total stolz ist auf einen Rekord, den sie innehaben. 5 Jahre in Folge hat ein spanischer Pizzabäcker die Weltmeisterschaft gewonnen und die Italiener sind total verärgert deswegen. „Haha. Wie heißt denn der Laden, der da gewonnen hat?“ frage ich und erzähle, dass uns die Dame an der Hotelrezeption dort zum Essen hinschicken wollte und mir jetzt klar sei, weswegen. Dass wir aber in Spanien nunmal viel lieber Tapas essen wollten und dass ich froh darüber bin. Porque todo esta muy bien.

Wir wollen’s jetzt doch wissen, wie das mit dem lokalen Wein ist und bestellen einen Tinto. Felipe hält mir die Flasche hin. „Ist das der beste der Gegend?“ will ich wissen. Er lacht. „Es ist der beste in meinem Laden.“ und mir dämmert, dass es auch der einzige im Laden ist. Die trinken dort einfach keinen Wein. Die trinken Bier oder Wermut vom Fass. Wir bekommen ein Glas Wein, probieren. Felipe guckt fragend. „Ist ok“ sage ich, „aber der Wermut ist viel besser!“ Prompt bekomme ich ein Glas Wermut „Hier, trink den dazu.“

Dann holt er eine Flasche Weißwein aus der Kühlung, gießt ein Glas randvoll damit, gießt den Rest aus der Flasche weg, spült die Flasche ein paar Mal mit Wasser aus und zapft sie mit Wermut voll. Dann beugt er sich zu mir rüber und erklärt mir irgendwas mit 15 und Sifón und ich steige sprachlich erst mal wieder aus und lächle ein bisschen hilflos.

Tja und dann, als wir die _un_glaub_lich_ niedrige Rechnung – so niedrig, dass wir ohne mit der Wimper zu zucken das Doppelte gezahlt hätten und immer noch das Gefühl gehabt hätten, einen günstigen Abend verbracht zu haben – mit einem breit grinsenden „Esta barata, he?“ „Ist billig, he?“ bezahlt haben und uns verabschieden, drückt Felipe mir just diese Flasche in die Hand, damit wir an so Abenden wie heute in der Küche sitzend, einen Wermut trinken (übrigens bei 15°C und mit ein bisschen Mineralwasser vermischt – ich habe die Sifón-Botschaft doch noch enträtselt) und an ihn denken.

Welch Glück, dass das Hotelrestaurant nicht geöffnet war. Welch Glück, dass wir keine Lust auf Pizza hatten und das das einzige Restaurant war, das uns die Dame vom Hotel empfohlen hatte. Und welch Glück, dass ich nicht meinem ersten Fluchtimpuls nachgegeben habe.

Es sind diese Momente im Leben, in denen man schon in dem Moment weiß, dass man gerade zur genau richtigen Zeit am genau richtigen Ort der Welt ist. Jener Abend im Lauticia gehört für mich dazu, denn Felipe ist ein ganz besonderer Mensch, der auf mich – nur aus diesen Momentaufnahmen an diesem einen Abend – genau diesen Eindruck gemacht hat, dass er in seiner großartigen winzigen Bar immer genau richtig ist und dass sich dieses Gefühl auf seine Gäste überträgt.

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Gracias por todo!

Katja

Einfach da.

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Morgens aufstehen, ein bisschen kaltes Wasser ins Gesicht, die Sneaker an die Füße und noch vorm ersten Kaffee erst mal aus der Wohnung, den Aufzug rufen, 10 Etagen nach unten, aus dem Haus, über die Straße und dann rechts, immer in Richtung der Altstadt, der „echten“ Stadt und es ist total egal, wenn die Haare trotz Kämmens noch wüst in Bettfrisur abstehen, weil um diese Zeit fast nur Jogger und Walker und Wiesienichtalleheißen auf der Promenade unterwegs sind. Den Blick mal vor die Füße gerichtet, vorsicht, da kommen gleich zwei Stufen, aber meist auf’s Meer. Den Wind im Gesicht, in den Haaren, die Leute, die entgegenkommen oder überholen, alle irgendwie in Sportklamotten, fast alle mit Händies am Oberarm festgeschnallt und Stöpseln im Ohr, eine Frau mit Kinderwagen joggend, zwischen allen, da wo die Stadt näher kommt, der alte Mann im weißen Hemd und schwarzen Anzug, Leute die vorbeigehen, ihn respektvoll grüßen, das sind die Einheimischen, die kennen sich, kennen ihn, der Bus, unser Bus, die 7, vorbeifahrend Richtung Stadt, Wellen, Surfer, einer davon mit Surfbrett über die Promenade joggend, nur schnell zum Strand, nur die nächste Welle nicht auch noch verpassen, wo sie gerade so schön sind…

Ich glaube, das ist es, was mir seit einer Woche am meisten fehlt, dieses morgens rausgehen, losstapfen und das Meer ist immer einfach so da. Kein spezielles an den Strand gehen, einfach nur raus vor die Tür, Richtung Stadt und es gehört völlig normal zum Leben dazu. Es müsste ja viel häufiger im Leben einfach so Meer da sein…

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Katja (mit viel Meerweh)

Das Mädchen und die Frau.

Das kleine Mädchen auf Rollschuhen, lachend, strahlend, ungestüm rumrasend, stolpernd, weinend, aufstehend, lachend, strahlend, ungestüm rumrasend. Immer wieder ein ganzes Stück nach vorne auf der Promenade und zurück zu ihrem Vater. Der, ebenfalls lachend, strahlend, sie immer wieder und wieder anfeuernd, ihr Mut zusprechend.

Die Frau, die die Szene beobachtet, zuerst denkend „Ufff, das geht doch hier niemals gut, die tut sich gleich ernsthaft weh, wie leichtsinnig das alles ist“, dann auf einmal erkennend, woher diese Gedanken kommen. An ihre eigene Kindheit zurückdenkend „Komm da runter, du fällst. Mach das nicht, du tust dir weh. Nicht so schnell. Nicht so hoch. Nicht so weit. Nicht so, nicht, nicht, nicht. Du tust dir weh. Du kannst das nicht. Du fällst hin.“. Die Frau, die die Szene beobachtet, auf einmal wissend „So geht das. So er_mutigt_ man sein Kind, so bestärkt man es, gibt ihm Selbstvertrauen.“.

Die Frau auf der Promenade, Tränen in den Augen, zum ersten Mal nicht voller Selbsthass wegen ihrer Feigheit vor allem, vorm Leben, sondern voller Mitgefühl mit dem kleinen Mädchen, das sie vor so vielen Jahren war und das eine ganz andere Lektion zu lernen hatte als jenes auf den Rollschuhen, sich fragend, was für ein Leben sie hätte führen können, wenn jemand da gewesen wäre, der sie lachend und strahlend angefeuert, ihr Mut gemacht hätte.

Die Frau mit den Fingern auf der Tastatur, „besser spät als nie“ denkend, sich endlich mehr trauend, sich endlich Dinge zu_trauend_.

Katja