kurz zitiert #54

Es ging ihr ganz gut. Und zwar nicht im Sinne von »Mir geht es ein bisschen gut«, wie die meisten es meinen. Aus irgendeiner Sprachwendung hatte sich das »ganz« in seiner allumfassenden Definition in ihre Sprache rübergerettet.
Es ging ihr ganz gut. »Ganz« im Sinne von »Es geht mir universalunfassbarfantastisch gut«.

(aus: Thees Uhlmann – Sophia, der Tod und ich)

Möglicherweise die beste Stelle des Buches, der Rest ist eher so ganz gut, in einem Sinne, wie es die meisten meinen, aber diesen Gedanken mag ich sehr, das „Ganz“ wieder mal als allumfassende und nicht relativierende Ergänzung, das ist schon ein Satzschatz.

Katja

Gelesen im März 2016

Giulia Enders – Darm mit Charme

Giulia Enders zeigt mit „Darm mit Charme“ eindrucksvoll, dass Sachbücher witzig, interessant, charmant, unterhaltsam und zusätzlich unheimlich informativ sein können. Nachdem ich ein paar ihrer Slam-Videos gesehen und viel Gutes über das Buch gelesen hatte, stand es schon länger auf meiner Liste, aber wie das so ist, vor Sachbüchern drücke ich mich ganz gerne. Sind die doch eigentlich trocken und man muss beim Lesen konzentriert und wach sein (was meinem Leseverhalten widerspricht, weil ich fast nur im Bett lese), ganz anders aber der ‚Darm mit Charme. Der ist so unterhaltsam geschrieben, dass ich ihn einfach wie einen Roman runtergelesen habe. Große Verehrung für Giulia Enders, die ein an sich heikles Thema, über das ja kaum jemand offen spricht, mit so viel Begeisterung anpackt, dass man nach der Lektüre des Buches quasi ganz automatisch Fan der Bakterien-Mannschaft im heimischen Darm geworden ist.

Wer das nicht glauben kann, der nehme sich die Zeit für dieses Video:

 

Donna Leon – Reiches Erbe, Commissario Brunettis zwanzigster Fall

Es ist eine ganze Weile her, dass ich den 19. Band von Donna Leons Commissario Brunetti gelesen habe und noch länger ist es her, dass Rüdiger mich irgendwann mit der Serie angefixt hat. Eigentlich sind die Fälle, um die es in den Romanen geht, fast immer ein bisschen egal. Viel wichtiger ist für mich die Stimmung, die mich stets einsaugt, wenn ich mit Brunetti durch Venedig laufe und die Stadt durch die ihm von Donna Leon zugeschriebenen Beschreibungen wahrnehme, die Menschlichkeit mit der Brunetti der Bürokratie und Korruption trotzt und das gemeinsame Essen mit den Brunettis. Trotzdem der letzte Band 1,5 Jahre (ich musste jetzt doch nachschauen) für mich zurücklag, war das direkt von den ersten Seiten an wieder das vertraute Gefühl. Nach 19 bzw. 20 Bänden kennt man die Charaktere und wenn sich einer von ihnen überraschend verhält, dann überrascht es Brunetti ebenso wie die geneigte Leserin. Wie schön, ich habe gerade entdeckt, dass es schon noch 5 weitere Bände gibt, die auf mich warten.

 

Erich Kästner – Pünktchen und Anton

Das war jetzt mein dritter Kästner und ich bin jetzt auch mit Jules ‚Hausaufgabe‘ durch. 😀

Pünktchen und Anton hat mir von den dreien am besten gefallen, weil ich die beiden Protagonisten sehr liebenswert finde und auch Kästners Nachdenkereien am Ende jedes Kapitels mag. Die sind zwar stets irgendwie belehrend, aber ohne Überheblichkeit und zeugen von viel Idealismus und Hoffnung, auf eine (aus damaliger Sicht) schönere Welt und dass sie dazu werden kann, wenn Kinder sich mit Dingen wie Menschlichkeit und Teilen beschäftigen. Er thematisiert da zB Armut und einander helfen und das hat gerade heutzutage wieder viel traurige Aktualität.

 

Doris Lessing – Das fünfte Kind

Als die altmodischen und sehr familienbewussten Harriet und David ihr fünftes Kind Ben bekommen, ist es mit der großen glücklichen Familienidylle vorbei. Ben ist anders als die anderen, wild, animalisch, unzähmbar, er scheint nicht von dieser Welt oder zumindest ein paar tausend Jahre zu spät geboren zu sein. Das Familienglück bröckelt nicht nach und nach sondern ist recht schlagartig weg und speziell Harriet hat von da an ein ewiges Ringen zwischen der Verantwortung ihren vier älteren Kindern und dem Rest der Familie gegenüber und der moralischen Verpflichtung, sich auch so gut wie möglich um Ben zu kümmern, denn sie findet nirgendwo – weder innerhalb noch ausserhalb der Familie – wirkliche Verbündete.

Lessing entwirft ein düsteres Bild, wie das Glück der Familie durch das andersartige Kind zerstört wird und wirft auch die Frage auf, ob man einen solchen Störenfried und ganz konkret dessen Leben, der Familie opfern kann/darf/bzw. – wie der Rest der Familie von Harriet verlangt – muss oder nicht. Harriet entscheidet sich dagegen und steht ab dem Punkt alleine da und ich habe, speziell nachdem Ben den Familienhund getötet hat, gespannt und mit einem beklemmten Gefühl gewartet, was wohl noch passieren würde. Lessings Schreibstil hat mir nur wenig gefallen. Sie erzählt ein paar Jahrzehnte in nur ungefähr 200 Seiten runter. Da bleibt kein Raum für schöne Formulierungen oder sprachliche Eleganz oder bildhafte Ausschmückung. Unterhaltungen finden häufiger in indirekter Rede statt, nichts, wodurch das Buch mir richtig nahe gekommen wäre, da ist nur dieses dumpfe, beklemmende Gefühl beim Lesen. Vielleicht ist aber genau das beabsichtigt und auch, dass das Ende eher offen bleibt.

Katja

Gelesen im Februar 2016

Das war ein überaus ereignisreicher Monat und zum Lesen blieb schon wieder nicht so viel Zeit. Aber kann man sich ja nicht immer aussuchen und die Dinge, die die Zeit stattdessen beansprucht haben, waren überwiegend Gute.

John Green – Das Schicksal ist ein mieser Verräter

Ich drücke mich jetzt schon seit 2 Wochen davor, hier meine Eindrücke über das Buch festzuhalten, weil mich die Geschichte und die Charaktere einerseits so sehr berührt haben und mir so nahe gekommen sind, dass ich ab irgendwann in der Mitte des Buches bis zum Ende fast nur noch weinend weiterlesen konnte (obwohl ich den Film vorher schon gesehen hatte und wusste, um was es geht), andererseits finde ich es unheimlich schwierig, inhaltlich etwas darüber zu schreiben, ohne zu spoilern. Ich bediene mich also mal am Klappentext, auch wenn der dem Buch mMn nicht wirklich gerecht wird:

„Krebsbücher sind doof“, sagt die 16-jährige Hazel, die selbst Krebs hat. Sie will auf gar keinen Fall bemitleidet werden und kann mit Selbsthilfegruppen nichts anfangen. Bis sie in einer Gruppe auf den intelligenten, gut aussehenden und umwerfend schlagfertigen Gus trifft. Der geht offensiv mit seiner Krankheit um. Hazel und Gus diskutieren Bücher, hören Musik, sehen Filme und verlieben sich ineinander – trotz ihrer Handicaps und Unerfahrenheit. Gus macht Hazels großen Traum wahr: Gemeinsam fliegen sie nach Amsterdam, um dort Peter Van Houten zu treffen, den Autor von Hazels absolutem Lieblingsbuch. Ein tiefgründiges, emotionales und zugleich freches Jugendbuch über Krankheit, Liebe und Tod.

Das war jetzt mein drittes John Green Buch und ich fand alle 3 sehr lesenswert.

 

Erich Kästner – Emil und die Detektive

Nachdem ich im Januar „Das doppelte Lottchen“ gelesen hatte, hat die liebe Jule mir in den Kommentaren für die nächsten Monate je ein weiteres Kästner-Buch ‚als Hausaufgabe‘ aufgegeben. Für den Februar war das „Emil und die Detektive“ und wiederum fand ich vor allem interessant daran, wie sehr sich die Welt seitdem verändert hat. Speziell die von den Jungs zur Schau getragene Uncoolness, die ja auf fehlende Notwendigkeit sich cool zu geben, hindeutet, hat mich sehr fasziniert. Ein bisschen mehr davon stünde uns allen heute immer noch gut.

 

Karen Köhler – Wir haben Raketen geangelt

Kurzgeschichten stehe ich ja eigentlich immer eher skeptisch gegenüber, weil wir die zu Abizeiten bis zum Umkippen sezieren mussten. Trotzdem hatte ich so viel Gutes über Karen Köhlers Raketenbuch gelesen, dass ich es gerne lesen wollte und das war eine gute Entscheidung, denn die Geschichten sind mir alle sehr nahe gegangen. Karen Köhler packt schwierige Themen an, in allen Geschichten geht es mehr oder weniger um Verlust, um Loslassen und das hat mir an manchen Stellen den Atem geraubt. Ihre Geschichten funktionieren, landen punktgenaue Treffer und sind dann auch schon wieder vorbei. Auch die Sprache bleibt dabei angenehm klar und schnörkellos. Ich bin ja ansonsten Freundin schöner Formulierungen, aber hier hätte das nicht gepasst, hätte die Wirkung zu sehr umgekehrt.

Eine echte Leseempfehlung, die allerdings nicht die Suche nach kurzweiliger Unterhaltung erfüllt, sondern oft betroffen zurücklässt.

 

Minette Walters – Das Echo

Ich habe so ein paar Autor*innen, auf die ich mich immer verlassen kann. Wenn ich total unschlüssig bin, was ich als nächstes lesen möchte, weiss ich bei denen, dass ich nichts verkehrt machen kann. Minette Walters ist eine davon. Bisher hat mich noch jedes ihrer Bücher in seinen Bann gezogen und so ging es mir auch mit ‚Das Echo‘.

Michael Deacon soll die wohlhabende Architektin Amanda Powell interviewen, die ein halbes Jahr zuvor die Leiche eines toten, offensichtlich verhungerten Obdachlosen, in ihrer Garage gefunden hatte. Amanda bittet ihn, ihr dabei zu helfen, herauszufinden, um wen es sich bei dem Toten handelt und warum er ausgerechnet ihre Garage ausgewählt hatte, um darin zu sterben. Denn daran, dass das seine Absicht war, bestand kein Zweifel, er saß neben der gut gefüllten Kühltruhe.

Michael findet schon nach kurzer Zeit heraus, dass Amandas Ehemann vor ein paar Jahren unter ungeklärten Umständen verschwunden war, just als er beschuldigt wurde, mehrere Millionen veruntreut zu haben. Handelt es sich bei dem Obdachlosen um James, Amandas verschwundenen Mann?

Wie alle Walters Krimis bleibt auch dieser bis zum Ende spannend. Flüssig lesbare, gute Unterhaltung.

Katja

Gelesen im Januar 2016

Krank sein an sich ist schon ätzend, zu krank sein zum Lesen ist nochmal eine Steigerung und so ging’s mir im Januar. Daher eine recht bescheidene Liste, auch wenn ich ansonsten nicht viel gemacht habe und ausreichend Zeit zum Lesen gehabt hätte.

Andreas Altmann – Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend

Ufff! Andreas Altmann wächst nach dem zweiten Weltkrieg im beschaulichen Wallfahrtsort Altötting auf. Alles, was ihm da an Gewalt und Misshandlung innerhalb seiner Familie widerfährt, hat aber wenig mit Beschaulichkeit zu tun. In seinem autobiografischen Buch rechnet er wütend und schonungslos mit allen ab, die seine Jugend zu einer solchen Scheißjugend gemacht haben. Versöhnlich stimmt nur, dass er am Ende seinen Ausweg aus der eigenen Zerrissenheit durch die dauernde Abwertung, Ablehnung, den Missbrauch gefunden hat.

Als ich mit dem Buch anfing, wusste ich nicht so genau, auf was ich mich da einlasse, ich weiss gar nicht, ob ich es ansonsten gelesen hätte. Im Nachhinein bin ich aber froh (sofern man das in diesem Zusammenhang so nennen kann), dass ich es gelesen habe, denn alleine die Kraft, die hinter dieser wütenden Abrechnung steckt, hat mich sehr beeindruckt. Mich haben die Gewalterfahrungen meiner Kindheit eher in die passive Traurigkeit gedrängt, über einen zu lesen, der daraus soviel Wut und Hass gezogen hat, war eine heftige Erfahrung.

Nochmal: ufff!

Und direkt nach Altmann noch so ein ‚Psychobuch‘, das mir nahe gegangen ist:

 

Sarah Kuttner – Mängelexemplar

Als Karo erst ihren Job und dann ihre eher mittelmäßige Beziehung verliert, verliert die ansonsten in ungeduldiger Hektik lebende Städterin auch ihren Halt im Leben und wird von Panikattacken ereilt. Sie sucht Hilfe in Psychopharmaka, Gesprächstherapie, beim besten Freund, bei der Mutter, ständig selbstreflektierend, grübelnd und auch hier kann sie ihr gehetztes Wesen und den Druck schnell gesund zu werden, nicht ablegen.

Mir ging es selten so, dass ich bis zum Ende eines Buches nicht wusste, was ich von der Protagonistin halten soll und ob ich sie leiden kann, wie das bei Mängelexemplar der Fall war. Karo ist eine furchtbare Nervensäge, andererseits erinnern mich viele ihrer Erkenntnisse in der Therapie daran, was da mit mir gerade dauernd passiert und Sarah Kuttner bringt die Dinge gut auf den Punkt. Sicher ist das Buch ein Gewinn für alle die, die Angst, Panikattacken, Depressionen nur von aussen kennen. Natürlich gibt es da keinen typischen Krankheitsverlauf, keinen typischen Umgang, keine typischen Gedanken und doch gibt das Buch einen Einblick in die seelischen Nöte, in die man durch die Krankheit stürzt.

Noch ein Uffff-Buch. Lesenswert!

 

Erich Kästner – Das doppelte Lottchen

„Wie? Du hast noch nie was von Kästner gelesen?“, fragte der Mitdings vor Jahren und obwohl ich in meiner Kindheit alles verschlungen habe, was zwischen zwei Buchdeckeln daherkam, kann ich mich zumindest nicht erinnern, dass ich Erich Kästner in die Finger bekommen hätte. Daher hier endlich mal ein Anfang. Die Geschichte des doppelten Lottchens kannte ich natürlich seit Kindertagen in diversen Verfilmungen und natürlich habe ich mir damals sehnlich eine Zwillingsschwester gewünscht, um alle hereinlegen zu können. Jetzt also das Buch. Man merkt ihm deutlich sein Alter an, da geht es um Fräuleins und Mädchen die Zöpfe und Schürzen tragen und sich als kleine Hausfrauen hervortun. Nichtsdestotrotz ist die Geschichte zauberhaft und lässt einen für einen kurzen Moment darüber nachdenken, wie schön es wäre, wenn man sich etwas nur ausreichend wünschen müsste, damit es in Erfüllung geht.

 

Katja

Gelesen im Juli 2015

Wuh. Der Monat ist schon wieder vorbei und ich habe gerade mal nur 2 Bücher gelesen und das zweite gerade noch haarscharf vor Monatsende ausgelesen. Irgendwie bin ich gar nicht dazu gekommen, viel zu lesen. Dafür war Sommer und andere spannende Dinge. 🙂

Trudi Canavan – Die Novizin, Die Gilde der schwarzen Magier, Band 2

Im Juni hatte ich den ersten Band der Trilogie gelesen, der mit einem bösen Cliffhanger endete und so musste ich quasi nahtlos mit Band 2 weitermachen. Über den zu schreiben, ohne den Inhalt des ersten zu spoilern ist mMn fast unmöglich, daher nur in aller Kürze: es hat sich gelohnt, den ersten Band trotz seiner Längen durchzuhalten. Der Titel des 2. Bandes lässt ahnen, dass Sonea bei den Magiern gelandet ist und dort die universitäre Ausbildung durchläuft. Und wie sich das für einen ordentlichen Harry Potter gehört, gibt es natürlich auch den grundbösen Erzfeind, Soneas ganz persönlichen Draco Malfoy – vielleicht noch ein bisschen anstrengender als der echte. Ausserdem formt sich endlich eine Geschichte rund um das Geschehen um Sonea, in der es um alte und auch um schwarze (verbotene) Magie geht. Dieses Rätsel deutete sich im ersten Teil schon an und im zweiten gerät man mitten hinein. Das liest sich immer noch gut und unterhaltsam und gegen Ende fiel es mir zunehmend schwerer, das Buch beiseite zu legen.

Ich bin jetzt sehr gespannt, wie es im letzten Band der Trilogie weitergeht – den habe ich direkt im Anschluss aufgeklappt und angefangen.

 

Trudi Canavan – Die Meisterin, Die Gilde der schwarzen Magier, Band 3

Die Wendungen, die die Geschichte im dritten Band nimmt, sind nicht ganz so überraschend oder interessant wie die des zweiten Bandes. Die schwarzen Magier der Gilde fliegen auf und niemand glaubt ihnen ihre Motive, sie werden verbannt, die Feinde des Königreichs bekommen das direkt mit und stehen fast schon vor den Toren der Stadt. Es wird viel gekämpft, gibt eine eher überraschende und für meinen Geschmack zu unglaubwürdige Liebesgeschichte, große Teile der Stadt werden zerstört und dann kommt der Endkampf. Davon ist vieles vorhersehbar und was nicht vorhersehbar ist, ist mir teils zu konstruiert.

Insgesamt ist das aber eine durchaus lesenswerte Trilogie – möglicherweise ein bisschen besser für die eigentliche Zielgruppe (Jugendliche) geeignet. Die Ideen, wie die Magie und vor allem auch wie die schwarze Magie funktioniert, finde ich aber sehr gelungen und interessant. Das ist erfreulicherweise alles ganz anders als bei Harry Potter. Da stecken sehr viele (für mich) neue Ideen drin.

Katja

Gelesen im Juni 2015

Weil ich gerade so einen dicken Wälzer am Start habe, dass ich ihn garantiert nicht mehr in den nächsten beiden Tagen fertig bekomme, hier schon die, diesen Monat sehr kurze, Bücherliste. Nur zwei. Diesen Monat war so viel zu tun, dass ich kaum zum Lesen gekommen bin und speziell bei der Magiergilde ist ein bisschen doof, dass die Kapitel vergleichsweise lang sind. Das hält mich morgens oft vom Lesen ab, wenn ich nur mal ein paar Minütchen vorm Aufstehen hätte.

Irvin D. Yalom – Und Nietzsche weinte

So dicht, so vielschichtig, so reich. Ich komme nicht umhin die Beschreibung des Buches bei goodreads zu ‚mopsen‘, denn es will mir nicht gelingen, den Inhalt so kurz und treffend zu skizzieren:

Das Wien des Fin de siècle. Die junge Russin Lou Salomé sucht Josef Breuer auf, den angesehenen Arzt und Mentor Sigmund Freuds. Sie macht sich Sorgen um ihren Freund Friedrich Nietzsche. Breuer soll den unter betäubenden Kopfschmerzen leidenden, einsamen großen Denker kurieren und von seiner Obsession für sie heilen. Doch Nietzsche darf nicht erfahren, dass Salomé Breuer gebeten hat, ihn zu behandeln. Breuer will ihn der neuartigen „Redekur“ unterziehen, die er gerade mit seiner Patientin Anna O. entwickelt hat. Um Nietzsche zum Reden zu bewegen, beginnt er von seiner Obsession für die junge Patientin Bertha zu erzählen. So entspinnen sich zwischen dem ruhigen, einfühlsamen Breuer und dem verschlossenen, verletzlichen Nietzsche heftige Rededuelle. Und je näher sich die beiden kommen, umso deutlicher muss Breuer erkennen, dass er Nietzsche nur heilen kann, wenn er diesem erlaubt, auch ihm zu helfen.
Yalom verwebt Fiktion und Wirklichkeit zu einem dichten Netz, und bald beginnen die großen Köpfe aus den Pioniertagen der Psychotherapie lebendig zu werden und zu uns zu sprechen.

Wenn man selber gewohnt ist, nach innen zu hören, sich selber zu analysieren und zu reflektieren, immer auf der Suche nach dem Verstehen und Erklärungen, warum man auf bestimmte Weise tickt, welche Bedeutung und Zusammenhänge bestimmte Gedanken und Gefühle haben, ist es einfach grandios und großartig diesen beiden großen Köpfen in ihrer Auseinandersetzung mit sich und den Fragen des Lebens, Liebens, Glaubens zu folgen. Die Geschichte, das Aufeinandertreffen Nietzsches und Breuers ist fiktiv und doch könnte man sich genau so die Geburtsstunde der Psychotherapie vorstellen.

Ein sehr tolles Buch!

 

Trudi Canavan – Die Rebellin, Die Gilde der Schwarzen Magier, Band 1

Ich glaube, die Serie hatte ich bei Novemberregen aufgeschnappt und hatte noch dunkel in Erinnerung, dass sie irgendwas darüber schrieb, dass es eine Magierschulgeschichte ist, die ein bisschen an Harry Potter erinnert. Beim ersten Band merkt man aber noch nichts davon. Die 17-jährige Sonea, die in einem erfundenen Königreich im armen Hüttenviertel der Stadt lebt, entdeckt zufällig, dass sie über magische Kräfte verfügt als sie einen Stein gegen eine magische Barriere wirft und der Stein die Barriere durchdringt. Blöderweise merken das auch die Magier der Stadt und machen in Folge Jagd auf Sonea, denn es wird niemand mit magischen Fähigkeiten ausserhalb der Magiergilde geduldet. Sonea, die glaubt, die Magier – die allesamt aus einer anderen Gesellschaftsschicht, den sog. Häusern, stammen – wollen sie töten und ist ab dann auf der Flucht. Die Diebe der Stadt, die gerne jemanden mit magischen Fähigkeiten auf ihrer Seite hätten, helfen ihr dabei und bringen sie von Versteck zu Versteck. Und das ist auch schon fast die ganze Geschichte des ersten Bandes, der sich ein bisschen quälend auf über 500 Seiten ausbreitet.

Erst in den letzten paar Kapiteln passiert da noch ein bisschen mehr und hätte ich nicht die Hoffnung gehabt, dass noch mehr Abwechslung kommt, hätte ich vermutlich eher aufgegeben. So wollte ich wenigstens den ersten Band zu Ende lesen und gemeinerweise ist das, was am Ende passiert so spannend, dass ich direkt den zweiten Band der Trilogie angefangen habe.

Immerhin liest sich das alles recht flüssig, wie es ja bei Jugendbüchern oft der Fall ist. Einzig von Canavans Fantasiebegriffen war ich ein bisschen genervt. Vieles in der fiktiven Fantasywelt ist sehr vergleichbar mit der echten Welt, aber bei Tieren und Pflanzen und Getränken und dergleichen hat sie sich dann neue Begriffe ausgedacht, die man sich erst mal alle merken muss. Das ist ganz anders als bei Rowling, die den erfundenen Begriffen und Dingen der magischen Welt, richtiges Leben verleiht. Bei Canavan ist erkennbar, dass es sich um ein Getränk ähnlich unseres Kaffees oder auch unseres Bieres handelt und sie hat die Dinge einfach anders benannt. Hätte man von mir aus gerne einfach sein lassen können, aber letztendlich kann man auch einfach drüber hinweglesen. Bisher war keines davon wirklich wichtig für’s Verständnis.

Oh, aber wo ich schon am Vergleichen war, vielleicht doch auch noch ein positiver Punkt: die Magier fuchteln nicht mit Zauberstäben rum und sagen Sprüche auf, sondern man bekommt Einblick, wie die Magie in ihnen wirkt und wie sie sie steuern. Das hat mir sehr gut gefallen.

Katja

Gelesen im Mai 2015

Huch! Eigentlich fühlte es sich so an als wäre ich im Mai kaum zum Lesen gekommen, aber dadurch, dass ich wieder oft morgens vorm Aufstehen gelesen habe, sind es am Ende tatsächlich so viele Bücher geworden.

John Green – Eine wie Alaska

Miles ist Aussenseiter an seiner Schule und hat keine Freunde. Das ändert sich schlagartig als er auf das Internat Culver Creek wechselt und dort den ‚Colonel‘, Takumi und Alaska kennenlernt und wo er sich Hals über Kopf in Alaska verliebt, die ebenso schön wie launisch ist.

Das ist zugegebenermaßen ungeheuer knapp, aber ich finde es immens schwierig, viel über den Inhalt des Buches zu schreiben ohne zu spoilern, daher lieber etwas über meinen Eindruck beim Lesen.

Nach ‚Die erste Liebe (nach 19 vergeblichen Versuchen)‘ war das innerhalb kurzer Zeit der zweite Roman von John Green, den ich verschlungen habe. Alaska merkt man deutlicher die eigentliche Zielgruppe an, das ist schon recht deutlich ein Jugendbuch. Trotzdem hat es mir enorm gut gefallen. Ich mag Greens Stil, der sich sehr gut und flüssig lesen lässt und ich mag seine Figuren, die ich bisher durch die Bank weg sympathisch fand. Manchmal stört mich so etwas bei Büchern, wenn irgendwie alle zu den ‚Guten‘ gehören, aber gerade bei diesen Jugendbüchern mag ich es irgendwie, weil das Lesen ein bisschen eine Flucht in eine ‚bessere‘ Welt ist. Gerade in dem Alter, das die Protagonisten haben (so 16, 17) hätte ich mir damals ein bisschen mehr heile Welt gewünscht, von daher passt es für mich gut als Abtauchmöglichkeit. Das mag aber auf andere möglicherweise nervig wirken und ein bisschen zu glatt.

Dafür bietet die Geschichte hier jede Menge Drama, da landet man als Leser*in erst mal genauso unsanft, wie die Charaktere inmitten der Handlung es tun.

Was ich an Green ausserdem gerne mag, ist die Schrulligkeit, die seine Hauptpersonen aufweisen. Colin, der Protagonist der ersten Liebe hatte die Angewohnheit, im Kopf aus allen Worten / Sätzen Anagramme zu bilden. Miles kennt eine große Sammlung letzter Worte berühmter Personen auswendig, der Colonel die Hauptstädte aller Länder (und ab später im Buch auch die Einwohnerzahlen). Sowas mag ich, solche Besonderheiten und dass Green seinen Figuren so nahe ist, dass er ihnen solche Eigenarten andichtet.

Und jetzt wiederhole ich mich bewusst, denn das schrieb ich auch schon nach Lesen des ersten Buchs von ihm: Tolles Buch. Mehr von John Green bitte!

 

Viktor Staudt – Die Geschichte meines Selbstmords

Es ist kompliziert.

Auf der einen Seite hat die Lieblingscorina mir eine vom Autor signierte Ausgabe des Buchs geschenkt, weil sie ihn kennengelernt hatte und sehr beeindruckt von ihm war und signierte Ausgaben sind ja von Haus aus eher so „yeah! \o/“.
Auf der anderen Seite finde ich das Buch leider alles andere als „yeah“, bin aber geneigt anzunehmen, dass es möglicherweise eine andere Wirkung hat, wenn man den Menschen hinter dem Buch kennenlernt.

1999 warf Viktor Staudt sich in seinem damaligen Wohnort Amsterdam vor einen Zug, um sein Leben zu beenden. Er überlebte, allerdings verlor er seine Beine und sitzt seitdem im Rollstuhl. In dem Buch erzählt er, chronologisch ein bisschen durcheinander, mit stetigen Rückblenden von seinem Leben. Was ihn in diese Situation auf dem Amsterdamer Bahnhof gedrängt hat, von den anschließenden Krankenhaus- und Reha-Aufenthalten und „wie ich das Leben wiederfand“, was auch Untertitel des Buches ist.

In Kürze zusammengefasst waren es Depressionen und Panikattacken, die ihn soweit brachten und die richtigen Medikamente zur Behandlung seiner Borderline-Störung, die am Ende die Lösung brachten.

Und – das ist für mich das eigentlich Schlimme an dem Buch – das war’s auch quasi schon. Da leidet einer 15 Jahre lang an Angstattacken und statt sich mal damit auseinanderzusetzen, was da überhaupt passiert, sucht er immer neue ‚Kicks‘, weil es solche Situationen sind (zB er in einer Bar strippend oder bei einem Fotoshooting,…) die ihn die Angst vergessen lassen. Schließlich schnürt ihn die Angst so vom Leben ab, dass er im Internet aktiv wird, aber auch hier nicht auf der Suche nach Hilfe oder um erst mal zu verstehen, was da mit ihm los ist und passiert, sondern in einer Newsgroup, die das suicide schon im Namen trägt und wo, wenn ich ihn richtig verstanden habe, eher über mögliche Methoden als über Hilfemöglichkeiten diskutiert wird.

Und dann, und das hat mich vermutlich am meisten an dem Buch angekotzt (bitte entschuldigt die derbe Formulierung) – schreibt er immer wieder, wie sehr ihn Menschen bewundert hätten. Für seinen Mut, sich vor den Zug zu werfen. Für seine Stärke und den Mut nach der Amputation weiterzumachen.

Wer mich eine Weile kennt oder hier liest, weiss, dass es auch in meinem Leben eine lange Phase gab, die so dunkel war, dass ich dachte, es gäbe keinen anderen Ausweg und ja, auch ich habe mir damals den „Mut“ gewünscht, meinem Leben ein Ende zu setzen und fühlte mich feige, weil ich das nicht schaffte.

Möglicherweise ist diese Haltung in jenen dunklen Phasen auch verbreitet und üblich. Aber, großes ABER spätestens irgendwann, wenn ich nach eigener Aussage ins Leben zurückgefunden habe, finde ich es merkwürdig, das so unreflektiert aufzuschreiben (noch dazu in einem Buch), denn letztendlich ist dieser letzte Ausweg, der Weg der Verzweifelten und, sich dem Leben zu stellen und sich bewusst dafür zu entscheiden und all den Mist, der einen dadurch erwartet, anzunehmen ist mMn der eigentlich mutige Weg.

Mich hat gestört, dass der betroffene Zugführer zwar insofern thematisiert wird, dass Viktor Staudt fast schon in beleidigtem Ton darüber berichtet, dass dieser nichts mit ihm zu tun haben wollte, obwohl er ihm ja sogar einen Entschuldigungsbrief geschrieben hätte, aber mir fehlt die Selbstkritik, dass er da möglicherweise einen anderen Menschen stark traumatisiert hat. Mir fehlt die Einsicht, dass von allen Möglichkeiten, sein Leben freiwillig zu beenden, die beschissenste Idee ist, andere, unbeteiligte Menschen da mitreinzuziehen.

Dieses egozentrische Weltbild bestimmt für mich das ganze Buch. Natürlich kann er mit Bestimmtheit nur aus eigener Sicht und eigenem Empfinden schreiben, aber wo bleiben Verständnis und Empathie für sein Umfeld und wenigstens der Versuch, mal den eigenen Blickwinkel zu verlassen? Mir fehlt in weiten Teilen eine Art Reflexion, eine Auseinandersetzung mit dem, was er in den Jahren so gemacht hat. Das steht einfach alles so da, so war das eben.

Die Diagnose der Borderlinestörung bekommt er Jahre vorher und zerreisst den Behandlungsbericht? Und dann am Ende ist die Lösung und der Ausweg so einfach, dass es nur um die passende Medikation ging, die in den ganzen Jahren einfach gefehlt hat? Und natürlich hat das die ehemalige Hausärztin verbockt, die die falschen Medikamente verordnet hat als er zuerst wegen der Angstattacken bei ihr war. Im Epilog fragt er sich, wie sein Leben hätte verlaufen können, wenn er da keine Beruhigungsmittel sondern schon die richtigen Medikamente von der Hausärztin bekommen hätte. Er fragt sich aber nicht, wie sein Leben hätte verlaufen können, wenn er selber etwas anders gemacht hätte und zB zu einem weiteren Arzt gegangen wäre, der dann möglicherweise schon passende Medikamente verordnet hätte. Ihm blieb kein anderer Ausweg als der mit dem Zug…
Als jemand, der die Schuld quasi immer bei sich selber sucht, sich selber wegen alles möglichen zerfleischt und sich selber für verantwortlich hält, kann ich eine solche Sichtweise auf die Welt echt nur ganz schwer aushalten.

Mir ist es verflucht wichtig, dass wir möglichst offen über psychische Erkrankungen reden und mit ihnen umgehen können. Ich wünsche mir sehr, Depressionen seien kein Tabuthema mehr, weil ich daran glaube, dass es dann auch einfacher würde, sich Hilfe zu holen.

Vielleicht ist dafür auch Aufmerksamkeit in jeglicher Form gut und auch dieses Buch hat seinen Platz. Mich macht es allerdings wütend, denn es rührt ja auch in mir als seit Jahren an Depressionen und Angst Erkrankte (und ich schreibe bewusst nicht darunter Leidende) etwas an, weil das Thema an sich mir so vertraut und nahe ist. Vielleicht bringt es mich so auf, weil man ja unter ‚Leidensgenossen‘ immer hofft, sich selber irgendwie wiederzufinden, die eigenen Gedanken und Probleme und auch Lösungswege. Vielleicht regt es mich so auf, weil Viktor Staudts Weg so völlig anders ist als meiner, weil ich nur schwer verstehen kann, wie das ist, wenn der Wechsel zwischen Suizidalität und alles irgendwie cool & froody nicht ein hartes Stück Arbeit mit sich selber und die Auseinandersetzung mit sich selber, sondern vor allem die Einnahme der richtigen Tablette ist. Das erscheint mir, ein so falsches Bild nach ‚aussen‘ vermittelt, als wäre es tatsächlich so einfach („Du musst doch einfach nur….“ in diesem Fall dann die richtige Tablette einwerfen. „Guck, bei dem klappt’s doch auch.“). Aber – und das ist ja eigentlich klar, so verschieden wie Menschen nun mal sind – auch wir Depressiven ticken auf völlig unterschiedliche Art und Weise und es gibt kein objektives Richtig oder Falsch, sondern jede muss irgendwie ihren eigenen Weg finden und das ist eben Viktors Staudts Weg. Und vielleicht ist es für manche so einfach und es geht nur um die richtigen Pillen. Entschuldigung also für die Wut, die mir gar nicht zusteht. Ausser vielleicht in der Sache mit dem Reinziehen von Unbeteiligten.

Es ist kompliziert.

 

Doris Wolf, Rolf Merkle – Gefühle verstehen, Probleme bewältigen

Wir fühlen das, was wir denken. So lässt sich wohl in aller Kürze die Kernthese des Buchs zusammenfassen. In loser Zusammenstellung von einzelnen Aufsätzen betrachten Wolf und Merkle einzelne Gefühls-Themenbereiche und geben Tipps, wie man selber die Verantwortung für’s eigene Fühlen übernehmen und sich durch positivere Denkweisen besser fühlen kann.

Nach einem ersten Lesen bin ich noch recht unschlüssig. Dass viele Gefühle von meiner eigenen Wahrnehmung, meinem Blick auf Situationen abhängen, ist nichts neues für mich, aber es ist trotzdem interessant zu lesen, wie das im Buch aufgedröselt wird. Trotzdem, da wo es an die Arbeit und das Umdenken / Umlernen geht, erscheint es mir auf den ersten Blick deutlicher an der Oberfläche zu bleiben als jener Selbsthilferatgeber zum Thema Selbstachtung, was natürlich bei der Themenvielfalt kein Wunder ist.

Muss ich mich noch ein bisschen mit beschäftigen und sicher noch ein-, zweimal lesen und auch tatsächlich damit arbeiten, bis ich etwas darüber sagen kann, ob es für mich persönlich hilfreich war. In jedem Fall ist es aber ein weiterer Schritt beim Verständnis der Zusammenhänge des Denkens und Fühlens.

Insofern: lesenswert. Wenn man sich allerdings zum Arbeiten mit nur einem Buch entscheiden möchte oder müsste, wäre meine Empfehlung eher ‚So gewinnen Sie mehr Selbstvertrauen‘ von Rolf Merkle.

 

Eoin Colfer – Artemis Fowl, Die Akte

Das war jetzt leider der wirklich allerletzte Band der grandiosen Artemis Fowl-Reihe von Eoin Colfer, wobei „Die Akte“ eigentlich gar kein echter Band mehr ist, sondern eine Sammlung, die zwei (Kurz-)Geschichten enthält (in einer davon erfährt man, wie Holly Short der erste weibliche ZUP-Officer wurde), Aufzeichnungen Artemis, wo er die verschiedenen Wesen des Erdvolks charakterisiert, sowie geheime Interviews mit den Hauptcharakteren der Reihe. Also alles in allem eine Materialsammlung, an der kein echter Fan vorbeikommt. Der einzige Haken: es ist viel zu kurz und zu schnell gelesen.

 

A. Lee Martinez – Der Mond ist nicht genug

Als Diana ihre neue Wohnung bezieht, ahnt sie nicht, dass im Schrank das buchstäbliche Monster wohnt, das sie fressen will, sobald sie den Schrank öffnet und auch nicht, dass ihre Realität nie wieder so sein wird, wie sie einmal war.  Doch sie bekommt das wirklich gut hin, arrangiert sich mit der neuen Wirklichkeit und auch mit dem gefräßigen Vorm, ‚adoptiert‘ dann ratz fatz noch ein, zwei, drei weitere Monster, die ja auch nur hilflose Wesen sind, die sich in dem Paralleluniversum, in dem sie unbeabsichtigt gelandet sind, zurechtfinden müssen und hilft nebenbei noch dem skurrilen Hausverwalter das Universum am Laufen zu halten.

Ich ahne, wenn das so weitergeht, kann ich irgendwann nicht mehr glaubhaft versichern, dass ich Fantasy nicht mag. A. Lee Martinez Buch hat mir viel Spaß gemacht. Das ist keine tiefschürfende Geschichte (und die muss es ja wahrlich nicht immer sein), aber eine ordentliche Gaudi, die sich gut runterlesen lässt. Schön. Ich bin gespannt auf weitere seiner Bücher.

 

Juli Zeh – Corpus Delicti. Ein Prozess.

In einer Zukunft, in der es kaum noch Krankheiten und Schmerzen gibt, überwacht der Staat seine Bürger vollständig, damit diese nach der ‚Methode‘ leben, einer Ideologie, bei der es keine individuellen Interessen mehr gibt, sondern das gesunde Leben des einzelnen bis ins kleinste Detail protokolliert wird.

In dieser Welt muss sich die junge, schöne und bis dato erfolgreiche Mia Holl vor Gericht verantworten, zunächst nur weil sie ihr Sportpensum nicht erfüllt hatte, doch das steigert sich immer weiter bis ihr terroristische Handlungen und Staats- bzw. Methodenverrat zur Last gelegt werden.

Nuuu ja.

Der Gedanke an diese vollständige Überwachung ist – wie bei all diesen Überwachungsstaatdystopien – erschütternd und doch ist das Buch mir nicht zu recht nahe gegangen. Zu wenig greifbar blieb die Protagonistin für mich. Zunächst ist sie zu rational, dann der plötzliche Wandel und sie handelt nur noch noch ihren Emotionen, um sich am Ende selbst zur Gallionsfigur einer Bewegung hochzustilisieren, mit deren Handeln sie eigentlich nichts zu tun hat oder haben will. Interessantere Figur ist ihr Gegenspieler. Der tut alles, um die Methode zu schützen und schreckt auch nicht davor zurück, Zeugen unter Druck zu setzen und Beweise zu fingieren. Trotzdem kam mir das alles beim Lesen nicht nahe, blieb mir fern und abstrakt, was bei einer Dystopie keine gute Voraussetzung ist.

 

Ernest Cline – Ready Player One

Noch eine Dystopie, angesiedelt von hier aus ca. 50 Jahre in der Zukunft. Die Energiekrise ist weit fortgeschritten, die Städte zerfallen, die Umwelt ist kaputt, die Menschen flüchten vor der realen Welt in eine riesige Online-Welt – die Oasis – die quasi alle Funktionen des Internets übernommen bzw. integriert hat. Der Zugang ist kostenlos und man bewegt seinen Avatar durch die virtuellen Welten.

Als der Multimilliardär James Halliday, Kind der 1970er mit einer großen Leidenschaft für die Computerspiele, TV-Serien, Kultfilme und Musik der 80er Jahre und Schöpfer dieser gewaltigen Simulation,  in der es sogar ein offizielles Schulsystem und einen eigenen Planeten voller öffentlicher Schulen gibt, stirbt, startet er ein großes Spiel. Der Spieler, dem es zuerst gelingt, anhand von Rätselaufgaben, die sich auf Hallidays Leidenschaften beziehen, 3 Schlüssel zu finden, durch die 3 Portale zu gehen, die dort gestellten Aufgaben zu meistern und so das von Halliday in der Oasis versteckte Easter-Egg zu finden, soll die Oasis und Hallidays gesamtes Milliardenvermögen erben.

Wade Watts, im echten Leben jugendlicher Waise, der im Trailerpark bei seiner Tante lebt, benennt seinen Avatar nach dem gleichnamigen Gralssucher um in Parzival und macht sich mit mehreren Tausend weiteren Jägern auf die Jagd nach den Schlüsseln. Als er – als allererster – den ersten findet, ist sein Avatar plötzlich in der ganzen Oasis berühmt und darüber hinaus auch in zunehmender Gefahr, denn die Sechser, die gleichförmige Avatararmee der Firma IOI wollen natürlich auch die ersten sein, die das Ei finden, um die bis dahin kostenlose Oasis in ein, für die Firma, lukratives Geschäftsmodell umzuwandeln. Dafür schrecken sie auch nicht davor zurück in der realen Welt auf die Menschen hinter den Avataren zu machen. Es geht also nicht mehr nur darum, selber zu gewinnen, sondern auch zu verhindern, dass einer der Sechser gewinnt und es geht um’s Überleben.

Das für mich wirklich unglaubwürdigste an der Geschichte ist, dass es Wade so dermaßen drauf hat. Er ist nicht nur in sämtlichen Computerspielen überlegen gut, er hat auch sämtliche Lieblingsfilme und Serien Hallidays teils über 100 Mal angeschaut, um die gestellten Rätsel zu knacken _und_ dabei hat er sich dann auch noch den ganzen Kram gemerkt. Also nicht nur, was da passiert, sondern auch in welcher Folge das der Fall war. Das ist einfach komplett unrealistisch, dass man so viele Details im Gedächtnis nicht nur gespeichert sondern auch abrufbar hat.

Wenn man das aber ausblendet ist das eine tolle Geschichte. Ich mag die popkulturellen Referenzen, auch wenn ich bei den amerikanischen Serien der Zeit und bei vielen der vorkommenden Spiele weniger Bezug habe als zu Musik und Filmen. Aber ich finde die ganze Idee dieser virtuellen Welt und auch der Jagd sehr faszinierend. Cline mag die 80er, das merkt man beim Lesen und hat ihnen hier ein tolles Denkmal gesetzt, das ich in den letzten Tagen oft am liebsten gar nicht aus der Hand gelegt hätte. Interessante Ideen, schön erzählt und flüssig lesbar – ich musste häufig an die Zeiten denken, als ich viele Adventures gespielt habe und wie es sich anfühlte, wenn man tagelang an der gleichen Stelle festhing und dann plötzlich eine Eingebung hatte, wie es weitergeht. Gutes Buch.

Katja