Tag 18/44

Es gibt ja Leute, die haben Mauern um ihre Herzen errichtet, gut befestigt, manche sogar mit Wach- und/oder Wehrtürmen in regelmäßigen Abständen. Bei meinem denke ich oft, dass es von einer semipermeablen Membran begrenzt ist, was einer der etwa 3 Fachbegriffe ist, die bei mir aus dem Biologieunterricht überhaupt hängen geblieben sind, weil ich das Wort semipermeabel so schön finde, damals schon so schön fand als ich es zum ersten Mal gehört habe. Halbdurchlässig. Rein geht alles zack zack, raus kommt so gut wie nichts mehr, was erst mal drin ist. Oder wer erst mal drin ist. Das ist es ja, was dann so oft Leid verursacht, dieses wieder loslassen müssen und eben oft auch dann nicht können, selbst, wenn ich es eigentlich will und nicht nur muss oder müsste. Da ist dann diese Barriere, dieses nur Halbdurchlässige, nur in die Reinrichtung. Ist ja auch genügend Platz drin, groß genug ist es ja mein Herz. Vielleicht sollte ich mal über die Einrichtung einer herzinternen Rumpelkammer nachdenken, wo ich das verstauen kann, was nicht wieder rausgeht. Oder wer. Damit ich nicht dauernd darüber stolpere und damit auch über meine eigene Unfähigkeit des Ausmisten, Aufräumens, Loslassens. In Herzensangelegenheiten zumindest. In der Küche oder im Kleiderschrank klappt das deutlich besser. Ein Riegel muss natürlich an diese Rumpelkammertür, damit der Kram auch drinnen bleibt und nicht mir nix dir nix wieder rausmarschiert. Rumpelkammertür auf, Dings rein, Tür zu, Riegel vor. Und dann erst mal schweissgebadet von außen dagegenlehnen und durchatmen. Und dann langsam rückwärts von der Tür wegbewegen und hoffen, dass man so erst mal davon kommt. Dass das herzinterne aus-den-Augen-aus-dem-Sinn irgendwie funktioniert. Das wär’s.

Katja

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Tag 10/44

Und wenn du mal nicht wegschaust und den Kopf gerade nicht in den Sand steckst, dann landest du immer wieder bei der Frage, warum du dir das antust, warum du in dieser Sache nicht loslassen kannst, einen Haken dran machen und warum du dich stattdessen selber quälst, dir immer wieder selber weh tust und dir fallen Worte des besten Freundes ein und dass es vielleicht damit zusammenhängt, dass genau dieses Elend und diese Gefühle, nicht zu genügen und gleichzeitig zu viel zu sein, vor allem aber verkehrt zu sein, wie du bist, dass diese Gefühle dir so vertraut sind, dass sie dir in einem absurden Gefühlsparadoxon den Halt und die Sicherheit des Vertrauten geben und dass sie damit irgendwie Trost bieten, mitten im Schmerz, den sie auslösen und dann denkst du, dir explodiert gleich der Kopf und du fragst dich, was zur Hölle dir all dieses Erkennen denn überhaupt bringt, wenn du nicht aus dem Muster ausbrechen kannst, wenn es dir – wie bei diesem elenden Monstersatz, den du hier gerade fabrizierst – nicht gelingt einfach einen Punkt zu machen

 

Katja

tied&bond

Vielleicht habe ich wirklich in den letzten 30 Jahren so sehr an der Trauer festgehalten, weil ich dachte, dass ich dich endgültig verlieren würde, wenn ich nicht mehr um dich trauere. Als wäre die Trauer das einzige Band, das die Verbindung zwischen uns noch aufrecht erhält. Als würde es bedeuten, dich nochmal und noch endgültiger zu verlieren, wenn ich nicht mehr in diesem Ausmaß um dich trauere. Die Trauer loslasse.

Gestern war dein 30. Todestag und in den letzten 30 Jahren ging es mir nicht einmal am 24. November so (annähernd) gut wie gestern. Ich habe viel an dich gedacht, aber es war ok und tat nicht weh. Erst abends kamen die Tränen und auch das nur für kurze Zeit.

Heute Morgen war einer meiner ersten Gedanken, dass ich die Trauer vielleicht gar nicht (mehr) brauche. Da war zum ersten Mal der ganz klare Gedanke, dass es doch gar nicht die Trauer ist, die die Verbindung zwischen uns aus- und starkgemacht hat, sondern die Liebe. In deinen letzten beiden Jahren dann doch noch. Dann endlich. Dann so stark, dass sie so verdammt vieles nicht unbedingt geheilt, aber doch gelindert hat.

Erstaunlich, welche Knoten sich gerade in mir lösen.

Katja

Hinab zum Grund

Manchmal reicht ein einziger Song im Radio, manchmal sogar nur eine Textzeile und die Fassade, von der dir gar nicht mehr bewusst ist, wieviel Kraft es dich kostet, sie aufrechtzuerhalten, weil du sie ja andauernd vor dir herträgst, bricht zusammen. Alle Schleusen auf, Wasser marsch und die Tränen purzeln nur so aus dir heraus und finden kein Ende mehr, bilden erst kleine, dann tiefer werdende Pfützen um deine Füße und du merkst wie du versinkst. Immer tiefer. Die Luft bleibt weg, das Wasser schlägt über’m Kopf zusammen. Erst strampelst du mit aller Gewalt mit den Füßen dagegen an, paddelst, versuchst den Kopf über Wasser zu halten, aber irgendwann ist auch diese Kraft aufgebraucht. Du schließt die Augen, atmest noch einmal tief ein, gibst alle Starre, allen Widerstand auf und lässt dich in die Tiefe hinabsinken. Du sinkst. Versinkst. Bis die Füße auf dem Boden auftreffen, noch ein bisschen weiter, bis du auf dem Boden sitzt. Dann öffnest du die Augen, schaust dich um. Betrachtest das, was zu betrachten dir so viel Angst macht. Du schaust hin, nur einen Moment lang. Durch den Schmerz hindurch. Dann schließt du die Augen wieder, stehst auf, stößt dich mit den Füßen ab. Nach oben. Wieder durch die Oberfläche. Die Pfützen werden kleiner, verdunsten um deine Füße herum. Du reibst dir die Augen. Blinzelst. Du weisst, es war nicht das letzte Mal, dass du dort hinab musstest. Aber du weisst auch, dass der Grund dir entgegen kommt, dass es jedes Mal ein bisschen weniger tief nach unten geht. Und, dass du den Schmerz nur loslassen kannst, wenn du ihn betrachtest, weil die Wunden sonst immer wieder aufreissen.

Katja

Zum ersten Mal #2

…Bücher in einen Bücherschrank gebracht.

OLYMPUS DIGITAL CAMERAUnd das fiel mir leichter als ich im Vorfeld befürchtet hatte.

Katja

Auch eine Art Loslassen

Manchmal muss nur erst mal der Groschen* fallen** und dann ist es irgendwie ganz einfach.

Eine meiner Eigenheiten, die ich eigentlich nie in Frage gestellt habe, ist (oder hoffentlich bald ‚war‘), Bücher, die ich einmal angefangen habe, auch zu Ende zu lesen. Zwar habe ich das nicht immer in einem Rutsch gemacht und manche lagen dann entsprechend auch mehrere Monate und teilweise sogar Jahre auf dem Nachttisch, aber alle musste ich sie irgendwann fertig lesen, weil angefangene Bücher mir, wie auch andere ‚unerledigte‘ Dinge, im Nacken sitzen und dort rumkrakelen und pieksen.

Gestern, als ich mich beim Lesen wieder mal über ein langatmiges Buch geärgert habe, an dem ich, obwohl es nicht besonders viele Seiten hat, schon wieder seit 2 Wochen lese, fiel mir auf, wie bescheuert dieses zwanghafte zu Ende Lesen eigentlich ist und wie einfach ich das ändern könnte.

Das Ding ist nämlich ausserdem, dass ich, wenn ich gerade wieder mal ein Buch lese, das mir nicht besonders gefällt, dann auch insgesamt kaum Lust zu lesen habe. Abends im Bett vorm Einschlafen ist eigentlich meine Hauptlesezeit. Wenn ich aber gerade so ein mäßiges Buch auf dem Nachttisch habe, dann neige ich dazu, viel länger vorm Rechner sitzen zu bleiben, weil das Internet viel unterhaltsamer ist als das Buch. Und auch für mein gelegentliches Luxuslesen – morgens den ersten Kaffee im Bett trinken und dabei lesen – fehlt mir dann die Muße. Und wenn ich dann insgesamt viel seltener und weniger lese, zieht sich die Zeit, die ich mit schlechten oder mäßigen Büchern vertrödele, noch länger hin. Und das, wo es doch so viele gute Bücher gibt, die gelesen werden wollen und für die ohnehin nie genügend Zeit da ist.

Deswegen gestern der Entschluss, das jetzt mal anders zu probieren und um mich selber ein bisschen in Zugzwang zu setzen, formuliere ich das auch direkt als Vorsatz für 2014, dass ich Bücher nicht mehr zwanghaft auslesen möchte, wenn sie mich auf den ersten 100-150 Seiten noch gar nicht begeistert haben. Ich glaube, das ist eine gute Übung für mich, denn auch dabei geht es ja irgendwie ums Loslassen. Etwas, das ich nicht besonders gut kann.

Katja

*Sagt man das eigentlich heutzutage auch zu den 10-Cent-Münzen so wie früher zu den 10-Pfennig-Münzen? Mir ist das zumindest noch nie untergekommen.

**Die Redewendung „Endlich ist der Groschen gefallen“ kommt übrigens daher, dass, wenn man Münzen in die früheren mechanischen Automaten eingeworfen hat, um Süßigkeiten, Getränke oder Fahrkarten herauszuholen, man darauf warten musste, dass der Groschen gefallen und auch eingerastet – und nicht durchgefallen – ist, um an die begehrte Ware zu kommen.

Do you remember the twenty first night of september?

Eigentlich wollte ich hier gerade eine Version von Greendays ‚When September ends‘ einbetten, aber dann fiel mir auf, dass das ganz schöner Blödsinn wäre!

Den September will ich nämlich auf gar gar gar keinen Fall verschlafen oder verpassen in diesem Jahr, denn im September fahre ich ans Meer. Abgesehen von ein paar Minuten am wirklich hässlichen italienischen Strand, ist das dieses Jahr auch das erste Mal Meer! So lange war ich seit ein paar Jahren nicht mehr von sämtlichen Küsten abwesend.

Statt den September zu verschlafen also lieber tanzen! Und auch wenn ich sicher bin, das Video hier schonmal in den Ohrwürmern gehabt zu haben – manche Songs oder Versionen von Songs, sind so großartig, dass sie einfach immer wieder sein müssen und dazu gehört das von mir heiss geliebte Pomplamoose-Cover von Earth, Wind and Fires ‚Dancing in September‘. Und das passt nochmal so gut, weil sogar das Datum stimmt. 🙂

Aber weil ja mittlerweile sogar schon der 2. September ist, gibt es hier natürlich auch wieder einen neuen Header.

Jener neue Hut oben stammt aus dem Juni diesen Jahres und ist abends bei einem Spaziergang am Rhein entstanden.

Und wie im letzten Monat gilt, dass ich den neuesten Header (oder einen nach Wahl von vorherigen Monaten, die man hier alle sehen kann) als laminiertes Lesezeichen unter allen verlose, die in den Kommentaren (Edit: bis 9.9., 9 Uhr) kund tun, dass sie gerne mitmachen möchten. 🙂

Katja