Auftauchen

Wenn sich der ganze Tag anfühlt, wie unter Wasser, aber nicht auf diese gute Art, bei der es warm und weich den Körper umspielt und nicht auf die ruhige, bei der du komplett unter Wasser bist und alles in dir friedlich wird, sondern mit Strudeln, die dich in die Tiefe ziehen und du strampelst und versuchst, dich irgendwo festzuhalten, aber da ist nichts, was dir Halt bieten könnte und so tauchst du immer wieder mit dem Kopf unter, japst nach Luft und verstehst überhaupt nicht, wie du da hineingeraten bist.

Und dann, irgendwann abends kurz vorm Einschlafen, ist da der klare Gedanke, nach dem du fassen, den du (be-)greifen kannst. Da ist auf einmal Klarheit, wo den ganzen Tag nur diffuser Kampf gegen irgendwelche unsichtbaren Wassergeister war.

Einatmen. Ausatmen. Und dir wird wieder einmal bewusst, wie sehr du in deinen ganzen Sein davon abhängig bist, dein Fühlen verstehen zu können, Worte dafür zu finden, was da in dir los ist und dass das dich-selber-nicht-verstehen, die fehlende Klarheit immer wieder das eigentliche Schreckgespenst ist.

Katja

Werbung

Bleikristall

Und dann sitzt du da, die bleierne Müdigkeit, die den ganzen Tag auf dir liegt, wird immer schwerer und drückt dir auf die Lider und auf’s Gemüt. Oder ist es das schwere Gemüt, das dich heute so müde macht? Gemütsmüde. Nach zu wenig Schlaf, nach zu viel Grübeln. Es sind immer wieder die gleichen Kreise, die die Gedanken im Kopf drehen und sie winden und wickeln sich spiralig zum Labyrinth und du weißt nicht, wie du da rauskommen sollst. Und ob du da rauskommen willst. Also aus den Gedanken schon, aber sonst so insgesamt? Schwarz oder weiß? Warum nur fällt es dir hier so schwer, die Schattierungen zu sehen? Warum fühlt sich das so oft nach entweder_oder an? Das Rauszufinden wäre ja vielleicht mal ein Anfang, aber du denkst dich beim Draufrumdenken immer daran fest, verkeilst dich und landest mit einem Ruck immer wieder am gleichen Ausgangspunkt. Gehe zurück auf Los. Ziehe keine 4000 DM ein. Und dann beginnt die Runde von vorne und dein Blick fällt auf einen Zettel, der schon seit langem auf deinem Schreibtisch liegt „Du kannst nur dich selber ändern“ und du soifzt leise und denkst „wenn das ja doch mal so einfach wäre und was würde das in diesem Fall überhaupt genau bedeuten und überhaupt und uff?“ und du hast Angst, dass in deinem Inneren etwas in 1000 kleine Scherben zerspringen könnte und dann hängst du in der nächsten Spiralwicklung, weil wegen und weil weil. Weil. Weile. Verweilen.

Immer wenn sich nichts mehr tut, 
hab ich das Gefühl, es wird nie wieder gut.
Aber schon nach ein paar Schmerzen kommt der Mut zurück.
Und in den Venen fließt das Blut,
und ich hab das Gefühl es ist Feuer und Glut.
Und es strömt hin zum Herzen, und dann hat man wieder Glück.

(Lukas Meister – Weiter)

Katja

Im Wort-Sinn

Es ist manchmal so kompliziert, wenn der Kopf so übervoll ist und ich das, was mich so sehr beschäftigt, einfach nicht in Sätze gegossen bekomme. So viel Widerstreit – gedanklich und gefühlsmäßig – in mir, dass mir ganz schwindlig wird. Das kenne ich so nicht. Da war früher fast immer nur eine alles überdeckende Traurigkeit, die war vertraut, wie das alte Lieblingsshirt, damit konnte ich umgehen. Jetzt ist sie meistens immer noch die erste, die zur Stelle ist, aber da ist auch etwas in mir, das dann – nicht immer, aber gelegentlich – trotzig die Nase hochzieht und merkt, dass da noch jede Menge anderer Gefühle zum Vorschein kommen.

Und ich ahne, wie treffend der Begriff des Selbst-Bewusst-Seins ist, denn irgendwo unter und hinter der Traurigkeit liegt dieser ganze Rest von mir, der mir fast mein ganzes Leben verschlossen, und teilweise nicht nur das, sondern sogar verborgen, war und auch das gehört zu mir. Und je bewusster mir diese Teile meines Selbst werden und je mehr ich ihnen zugestehen kann, da und Teil von mir zu sein, desto selbst-bewusster werde ich tatsächlich. Zumindest ein Stück weit. Und neben all den komplizierten Dingen im Kopf ist das zumindest eine gute Erkenntnis.

Katja

Wandschrankentdeckung

Diese Dinge, die ich gerade kann und schaffe und anpacke und mutig einfach mache, statt mir lange den Kopf darüber zu zerbrechen und mir mit meiner Angst selber im Weg zu stehen sind gut.

Aber da ist auch eine Schattenseite, wenn man anfängt, zu sehr an sich selber zu rütteln, das Innere zu sehr durchzuschütteln, neu zu sortieren, auf den Kopf zu stellen.

Da springen gerade Türen in meinem Inneren auf, hinter denen, sorgfältig verborgen, wie in einem großen, alten Wandschrank, bei dem man immer nur kurz die Tür einen Spalt weit öffnet, um nochwas reinzuschieben und den man um Gottes Willen bloß nicht zu weit öffnen darf, damit einem der ganze reingestopfte Mist nicht entgegenfällt, noch furchtbarere Wahrheiten und ältere Muster lauern als mir bisher bewusst war.

Da wird mir schmerzhaft bewusst, wieviel größer die Macke ist, die ich eigentlich habe und es erschreckt mich, dass ich, die ich eigentlich seit ein paar Jahren dachte, mich ganz gut zu kennen – vor allem all diese Muster, die mir ein so starres Korsett anlegen, von dem ich mich nur so schwer befreien kann – merke, dass ich ganz wesentliche Anteile von mir bisher nicht kannte, nicht mal eine Ahnung davon hatte, dass sie da sind, also quasi dieser Schrank überhaupt da ist.

Neben all den mutigen Dingen, auf die ich gerade tatsächlich stolz bin, kommen an fast jedem Tag, neue verdammte Ängste und erschreckende Erkenntnisse in mir hoch. Viel zu schnell, viel zu gewaltig, als dass ich da gerade noch irgendwie mit- oder hinterherkäme. Und ich weiss nicht, was ich machen soll. Wenn diese Türen einmal aufgesprungen sind und einem der ganze Kram entgegengefallen ist, kann man ja auch nicht so tun als sei nichts gewesen. Alles schnell wieder wegstopfen, die Tür verrammeln, von draussen ein Poster davor kleben, damit man sie nicht mehr sieht. Das funktioniert ja nicht, zumindest nicht bei mir. Ich weiss jetzt, dass da noch so viel mehr ist. So viele Aufgaben mehr. So viel mehr, das mir Angst macht.

Und doch…

Katja

(Kann es so einfach sein? Schranktür auf, Zeug raus und auf dem Boden ausbreiten, einzeln anheben, von allen Seiten betrachten, überlegen, was damit zu tun ist? Wenn es sich doch wie so’n oller Schrank anfühlt, müsste doch das Ausmisten auch irgendwie auf ähnliche Weise zu schaffen sein…)

erkannt

Manchmal denke ich, so schlimm könnte das gar nicht sein, wenn eine der Dystopien wahr wird, in denen nicht mehr Eltern Kinder bekommen, sondern die kleinen Menschen in Nährlösungen in irgendwelchen Retorten heranwachsen und ohne Familien aufgezogen werden. Manchmal denke ich, dann ist wenigstens keine Mutter da, die einen in frühester Kindheit total verkorksen kann, die einen so prägen kann, dass man später Jahre darauf ver(sch)wenden muss, da irgendwie wieder rauszukommen.

Und dann denke ich als nächstes, wie einfach ich es mir doch damit mache, wenn ich immer (noch) so an meiner Kindheit und der Prägung in der Zeit klebe. Ich bin erwachsen, habe lange begriffen, was mit mir los ist, wo das alles herkommt und müsste es doch einfach nur mal auf die Reihe bekommen. Wer hat schon eine gute Kindheit und alle anderen bekommen es doch auch hin. Es liegt alles nur an mir. Zu klein, zu blöd, zu unfähig.

Alles, womit ich in den letzten Monaten auseinandergesetzt habe, alle Versuche, mich selber endlich anzunehmen und damit vielleicht auch all meinen seelischen Ballast loszulassen, kommen mir gerade so weit entfernt vor und die Welle aus Selbsthass zieht mir die Füße unter dem Boden weg.

Dabei ist – eigentlich – gar nichts passiert.

Ich hab auf Twitter rumgealbert, weil ich ein recht krasses Kuchenrezept entdeckt hatte und meine Unfähigkeit / Angst / Feigheit, mich in ‚echt‘ darauf einzulassen, Menschen zu begegnen, die ich im Netz kenne (was ja auch eine sehr simple Lösung für meinen Wunsch wäre, viel häufiger mal für jemanden zu kochen), sorgt nach ein paar Tweets hin und her dafür, dass ich heulend hier sitze und alles in mir schmerzt und schreit.

„Probleme sehen statt Chancen?“ schreibt mir jemand (den ich ziemlich dafür bewundere, dass er genau das umgekehrte Konzept drauf hat) – ich mag’s nicht als Tweet zitieren, weil derjenige ja nicht ahnen konnte, dass mich diese eine Frage so umhauen kann – und beim Lesen krampft sich mein Magen zusammen, der Blick wird eng, der Nacken steif, ich komme nicht gegen die Tränen an, denn genau DAS bzw. so bin ich. Mit meiner elenden Angst vor allem, mit meiner Unfähigkeit einfach mal zu machen, statt vorher über alles nachgrübeln zu müssen, mit meinem ewigen mir selber im Weg stehen – mit jeder meiner Fasern bin ich so.

Und ich kenne mich, ich weiss, dass ich so bin. Ich kenne meine Probleme, meine (falschen) Denkmuster, meine ganzen Schwachstellen. Ich setze mich seit Jahren damit auseinander, kämpfe dagegen an, arbeite an mir… Ich will WILL W-I-L-L nicht so sein und doch bekomme ich die Kurve nicht. Ich komme nicht da raus, kann nicht loslassen, weiss nicht wie und was ich noch machen soll. Ich weiss nicht, wie ich die verdammte Angst ablegen soll. Ich habe keine Ahnung, was ich mit den verfluchten Abers machen soll, die sich turmhoch vor mir aufbauen.

Der Weg, den ich dahingehend schon hinter mir habe, erscheint mir gerade so geschrumpft im Angesicht des „Probleme sehen statt Chancen“… der vor mir endlos lang und mir fehlt das richtige Schuhwerk und wo genau es lang geht, weiss ich auch wieder mal nicht. Und ich will verflucht nochmal nicht immer nur geduldig sein müssen und momentan schon gar nicht mit mir selbst.

Ich merke, wie zerbrechlich all meine Fortschritte an manchen Tagen sind.

Alles in mir fühlt sich gerade wund an.

Katja

 

 

So wej Kließ

In meinem Kopf geht es drunter und drüber und eigentlich hatte ich mich gerade hingesetzt, um das durch Aufschreiben ein bisschen zu sortieren. Erstaunlicherweise habe ich mich bei dem Versuch noch heftiger in den Gedanken verheddert. Zu viel auf einmal, zu viele verschiedene Dinge und Themen, die im Kopf kreiseln. Wenn ich versuche, die alle zu erwischen, kommt nur Brei dabei heraus. Immerhin bin ich mittlerweile so geübt darin, derartige Knoten zu entwirren, dass ich merke, wenn es statt dessen schlimmer wird und auch woran das liegt. Also braucht es wieder mal eine der Lebensweisheiten meines Opas (von dem ich immer deutlicher ahne, wie weise er tatsächlich war):

Eins nach dem anderen. So, wie man Klöße isst.

Katja

Wirre Träume, wieder mal.

Ich war in einer Art Ferienlager mit so größeren 10-Leute-Zelten, aber ich glaube, ausser mir waren nicht viele weitere Menschen dort. Ich hatte irgendetwas getan oder wusste etwas und wollte das allen anderen erzählen, was irgendwer (eine höhere Macht? die Lagerleitung? ich glaube, es war eine mächtigere Organisation im Hintergrund, die aber unsichtbar blieb) aber nicht wollte, also gab man mich zur Jagd frei.

Von der Jagd und meiner Flucht selber weiss ich nicht mehr viel, nur dass ich erst durch einen Wald hetzte und später aber auch an einem Strand im weichen Sand entlang, wo mich dann alle Kräfte verließen und ich dauernd auf die Knie fiel. Sobald ich innehielt und nicht mehr weiterrannte, holten mich riesenhafte Bücher ein. Ich glaube, das waren meine einzigen Jäger und es gab gar keine menschlichen Verfolger. Die Bücher hatten Softcover und waren total zerfleddert und standen nicht aufrecht wie im Regal, sondern waren wie riesige Jakobsmuscheln und klappten immer auf und zu mit ihren sehr abgenutzten, aufgequollenen Seiten und sie drängten mich immer wieder in eine Ecke und fingen an, mich aufzufressen und mich kauend zwischen ihre Seiten zu ziehen. Ich kam aber immer gerade so wieder los, weil sie immer mit meinem Shirt anfingen und das zuerst zwischen ihre Seiten zogen und zermalmten. Das ließ sich, sobald ich mit verzweifelter Kraft daran zog, dann wieder rausziehen und war auch immer noch heil, wurde nur immer länger vorne und ich stolperte dauernd drüber. Aber ich konnte es auch nicht ausziehen, weil sie mich sonst beim nächsten Mal direkt gefressen hätten und ich nicht mehr diesen Puffer dazwischen hätte. Ich musste das also immer weiter hochraffen, das wurde immer mehr Stoff und ich konnte es kaum noch schleppen.

Irgendwann keilten sie mich zu dritt vor einem Schuppen (?) in meinem Rücken ein und eines fing nicht wie üblich bei meinem Shirt an, sondern verschlang direkt meinen Arm bis zur Schulter. Ich war überrascht, weil das viel weniger wehtat als ich befürchtet hatte. Und irgendwie verließ mich dann der Mut und ich hörte auf, mich zu wehren, obwohl ich immer noch riesige Angst hatte, was danach passieren würde, aber ich ließ mich dann ohne Gegenwehr zwischen den Seiten zermalmen.

Dann bin ich aufgewacht.

Einer von drei oder vier seltsamen Träumen, aus denen ich in der letzten Nacht immer wieder wach geworden bin. In allen wurde ich verfolgt / gejagt und war auf der Flucht. Und in mindestens noch einem spielten Bücher eine Rolle und ich glaube, auch da, waren sie lebendig und verfolgten mich, ich kann mich aber nicht erinnern, was es genau war. Alle anderen Teile sind sehr diffus, nur das mit den Büchern, die mich aufgefressen haben, hat mich bis zum Aufstehen verfolgt.

Katja