Inside

Und dann diese Tage, die von außen ganz ruhig wirken, aber von innen einer Achterbahn gleichen und daran merkst du vielleicht noch mehr, als an den gänzlich üblen Tagen, wie unsicher und wacklig du innendrin gerade bist, denn jede Kurve wirft dich herum, schleudert dich fast aus der Bahn und du musst dich zusammenreißen und festklammern, um nicht einfach durch die Fliehkräfte weggeschleudert zu werden. Hin- und hergerissen zwischen „ich bin doch wer!“ und „wer bin ich überhaupt?“ streitet es laut in dir drin und du hältst die Arme schützend vor die Brust, die eigenen Oberarme umklammert, als würdest du einfach auseinanderbrechen, wenn du dir nicht selber Halt gibst. Und dabei weißt du immer noch nicht so genau, wie das überhaupt geht, dich selber zu halten und zu (be-)schützen. Und – die noch wichtigere Frage – wie beschützt man sich eigentlich vor sich selber und vor den eigenen Gedanken? Wie, wenn der größte Feind im eigenen Kopf wohnt?

I wanna hide the truth
I wanna shelter you
But with the beast inside
There’s nowhere we can hide

No matter what we breed
We still are made of greed
This is my kingdom come
This is my kingdom come

When you feel my heat
Look into my eyes
It’s where my demons hide
It’s where my demons hide
Don’t get too close
It’s dark inside
It’s where my demons hide
It’s where my demons hide

(Imagine Dragons – Demons)

Katja

 

Wenn du länger über einen Titel nachdenkst als du am Text geschrieben hast und ihn dann einfach weglässt

Wenn du wahnsinnig gerne bloggen würdest, deinen Kopf schreibend sortieren, aber das geht #aus_Gründen gerade nicht und du weißt nicht so recht, wohin sonst mit dem großen Wust an Durcheinander, der im Moment in dir herrscht. Eigentlich ist es ja alles ganz einfach und nichts ist anders und du hast sowieso viel, viel mehr gewonnen als du überhaupt hättest verlieren können, ach und doch in diesem Moment und gerade und heute fühlt sich alles wund in dir an und das Herz ist schwer. Und dann denkst du, ach besser es ist voll und gerade schwer als dass es leer wäre, denn das wäre doch irgendwie immer ein Grund für Traurigkeit und herrje es ist ja nicht nur blöd, dass du so ein emotionaler Mensch bist, so ein Gefühlsknubbel, denn es ist genau das, was dich vielleicht mehr als alles andere auf der Welt ausmacht, dich zu dir macht. Das dich zu dem Menschen macht, den du endlich nicht mehr ablehnen und hassen willst, sondern dafür annehmen, dass er nunmal genauso ist, wie er ist.

Was du auch gewonnen hast, ist wieder ein Stück Klarheit und Ruhe. Nicht nur nach außen, sondern, auch und gerade, in dir drin. Endlich verstehen, was mit dir passiert und dich aufwühlt und vielleicht sogar – ein kleines bisschen zumindest – weswegen das so ist. (Dich) verstehen nimmt Wucht und Hilflosigkeit raus, gibt dir Autonomie zurück. Wobei das Zurück im Zusammenhang mit Autonomie noch ein bisschen fremd erscheint, da ist immer noch viel zaghafte Wackligkeit in deinen Schritten. Aber es wird. Irgendwie. Es wird ja immer irgendwann irgendwie.

Was du (wieder mal) gemerkt hast, ist, wie mutig du manchmal sein kannst. Vielleicht da, wo es einem den größten Mut abverlangt, wenn es um die Ehrlichkeit mit sich selber geht.

Und jetzt? Doch nicht alles nur schlimm und schmerzhaft. Doch gebloggt. Kryptomode. Manchmal muss das gar niemand verstehen und es reicht, wenn du es aufschreiben kannst. Worte findest für schwurbelnde Gedanken und Gefühle und sie damit, wenigstens ein Stück weit, entschwurbelst. Wenn du die Dinge beim Namen nennen kannst, hast du mehr Macht über sie. Das weißt du seit Jahren und das gilt immer noch. Und gerade wieder.

Katja

 

Too much information

Ich bin Katja. Ich habe Depressionen und eine Angststörung. Eines meiner Probleme, welches letztere mit sich bringt ist, dass es eine riesige Hürde für mich bedeutet, Menschen in meine/unsere/die Wohnung zu lassen. Das betrifft sowohl Fremde als auch die meisten Menschen, die ich schon eine Weile kenne. Ganz spontan fallen mir nur sehr wenige Ausnahmen ein, bei denen mir das leicht (oder wenigstens nicht allzu schwer) fällt. Und auch wenn ich mir häufigere Besuche meiner Familie wünsche, fällt es mir selbst bei so nahestehenden Menschen nicht leicht.

Meistens lässt sich das ganz gut umgehen. Ich benutze nie den Türöffner sondern gehe immer, wenn es klingelt über den Flur zur Haustür und öffne dort. Da lassen sich diverse Post- und Paketboten, Stromzählerableser, Zeugen Jehovas ganz gut direkt ‚abfertigen‘ und ich muss mich nicht weiter damit auseinandersetzen. Der Heizungsableser ist komplizierter, aber das ist seit 8 Jahren der gleiche, irgendwie geht das dieses eine Mal pro Jahr und der Mitdings versucht,  einzurichten zum angekündigten Termin anwesend zu sein. Das ist zum Glück immer irgendwann am frühen Abend, wo das nicht so kompliziert ist.

Bei Menschen, mit denen ich mich verabrede / die ich hierher einlade, habe ich immer ein bisschen Zeit, um mich darauf einzustellen, jemanden rein zu lassen. Es wird einfacher, wenn ich vorher Zeit habe, mich damit zu beschäftigen. Bei den meisten Menschen wird es auch leichter, wenn sie erst mal ein paar Mal hier gewesen sind.

Bei manchen Menschen kann ich das (irgendwann) einigermaßen offen kommunizieren, wenn ich länger mit ihnen zu tun habe. Als hier vor ein paar Jahren in beide Wohnungen neue Nachbarn eingezogen sind, mit denen ich mich auch ausführlicher unterhalte als nur im Treppenhaus zu grüßen, war es mir total unangenehm, dass ich immer an der Wohnungstür stehen geblieben bin und niemanden hereingebeten habe. Umgekehrt wäre es mir so auch am liebsten gewesen, aber das hat die Nachbarin mir schon direkt beim ersten Mal als ich hochging, um etwas zu besprechen, abgewöhnt. Als ich vor ihrer Tür bleiben wollte hat sie mich lautstark reinbeordert, damit die Katze nicht abhaut.
Danach war es mir noch unangenehmer, sie hier im Gegenzug vor der Tür stehen zu lassen. Zudem sie ungefähr 20 Mal häufiger vor meiner Tür steht als ich vor ihrer. Irgendwann habe ich mir ein Herz gefasst und ihr erzählt, weswegen ich sie nie hereinbitte und dass mir das wirklich mächtig schwer fällt. Ich weiss selber nicht genau, wieso es einfacher für mich ist, das zu erzählen, aber es lässt den für mich so wichtigen Schutzraum der Wohnung geschützt. Ich erzähle es und kann dann quasi direkt wieder dort in Deckung gehen und brauche für die Zukunft nicht mehr dauernd zu befürchten, jemand würde in diesen Raum ‚eindringen‘ wollen, der nicht hingehört. Sie hat darauf äusserst verständnisvoll reagiert und seitdem stand sie nach dem Klingeln auch nie mehr direkt mit der Nase vor der Tür (was mich immer erschreckt hat), sondern einen Meter oder weiter von der Tür entfernt im Flur, klar signalisierend, dass sie nicht erwartet, dass ich sie reinlasse. Dass sie diese Macke so respektiert und das damit zeigt, rechne ich ihr hoch an.

Dann gibt es aber noch die Situationen, bei denen ich nicht recht weiss, wie ich mich verhalten soll. In einer solchen stecke ich gerade und auch wenn es eigentlich kein drängendes Problem ist und ich eine tatsächliche Entscheidung, wie ich vorgehen möchte, aufschieben kann, spukt es mir doch permanent im Kopf herum.

Ich habe hier einen kaputten Behälter des teuren Kunststoffschüsselherstellers, der seine Produkte nur auf speziellen Veranstaltungen verkauft und 30 Jahre Garantie darauf gibt. Dieser spezielle Fehler tritt bei der Behälterart häufiger auf und das wurde bisher auch anstandslos ausgetauscht. Ich mag das Teil und die Sachen sind teuer genug, dass ich es auch dieses Mal gerne umtauschen würde. Ich suchte mir also auf deren Webseite eine ortsansässige Mitarbeiterin und wollte nachfragen, ob diese Dosen bei jenem Fehler immer noch anstandslos getauscht werden und ob sie das für mich durchführen könnte. Die erste Hürde war, dass ich entweder hätte anrufen können (was ich ja auch nicht gut kann) oder per Kontaktformular Kontakt aufnehmen. Bitte, wer hat denn heutzutage noch Kontaktformulare, bei denen zwar Adresse und Telefonnummer Pflichtangaben sind, ohne die man das Formular nicht absenden kann, aber die eMail-Adresse ist optional? Mich lässt das nichts Gutes ahnen, über die Art und Weise, wie die Antwort erfolgen wird und ich war froh, doch noch die (Firmen-)eMail-Adresse der Dame ausfindig zu machen. Zudem ich von früher weiss, dass die Mitarbeiterinnen gerne mal einfach vor der Tür auftauchen statt anzurufen, falls man versucht hat, Kontakt aufzunehmen. Weil es im persönlichen Gespräch schwerer fällt, sich nicht zu einem Verkaufsabend auf dem heimischen Sofa überreden zu lassen.

Ich mailte ihr also, gab keine meiner Kontaktdaten (bis auf die Absendermailadresse) preis, fragte wegen des Umtauschs und bekam als Antwort:

Das mit den Umtausch ist heute noch so. Gerne hole ich es mir bei Ihnen ab und besorge Ihnen das neue. Von wo kommen Sie denn? Wann würde es Ihnen am besten passen?

Seitdem ringe ich mit mir.

Wenn ich einfach frage, ob ich nicht auch bei ihr vorbeikommen kann, ohne meinen Wunsch näher zu begründen, fühlt sich das irgendwie sehr schräg an und ich fühle mich unhöflich, so auf ihr freundliches Angebot zu reagieren. Ich habe immer das Gefühl, ich muss solche Dinge erklären, eine Begründung liefern. Anders fühlt es sich an, als würde ich jemanden vor den Kopf stoßen, der freundlich zu mir war. *soifz*

Ihr einfach meine Adresse geben und mich darauf einlassen, möchte ich aber auch nur äusserst ungerne. Da sträubt sich so viel in mir.

Es sträubt sich aber auch alles in mir, mir eine Ausrede auszudenken und ihr diese zu präsentieren. Ich kann das einfach nicht. Ich bin viel zu offen und ehrlich, als dass es mir leicht fiele, Menschen bewusst anzulügen.

Aber ich käme mir auch schräg dabei vor, wenn ich ihr schreiben würde, dass ich lieber bei ihr vorbeikäme, weil ich Schwierigkeiten damit habe, fremde Menschen in meine Wohnung zu lassen…

Natürlich will ich mich nicht mehr wegen der Depressionen und allem was damit zusammehängt verstecken und dieses Tabu aufbohren, wo immer ich die Gelegenheit dazu habe. Aber es kommt mir wie eine Überinformation vor, das in diesem Rahmen zu erzählen. Ich hatte mit dieser Frau bisher Kontakt über eine Mail und ihre Antwort darauf. Ihr jetzt ungefragt und -gebeten so persönliche Details zu erzählen, wo es doch nur um eine Kunststoffdose geht, kommt mir schräg vor.

Mir ist bewusst, dass das eine total banale Sache ist, bei der es sich überhaupt nicht lohnt, viel Energie zu verschwenden. Im Endeffekt könnte ich es auch einfach sein lassen, es geht nur um diese doofe Dose. Und trotzdem kreiselt das seit gestern in meinem Kopf rum und ich schaffe es nicht, es aus meinen Gedanken zu verbannen.

Daher hier der erste ‚Kloß‘, denn da – also im Kopf – geht ja gerade nochmehr drunter und drüber. Mal sehen, ob das Aufschreiben ein bisschen Ruhe im Kopf und ein bisschen mehr Klarheit bringt. Vielleicht kann ich damit wenigstens dieses Thema erst mal beiseite legen.

Katja

 

 

Eigentlich ja ganz logisch, dass man nur loslassen kann, was man überhaupt angefasst hat

Ich weiss, dass etwas an dem Spruch dran ist, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied ist.

Ich weiss, dass es oft / meist eine Frage meiner Einstellung und Wahrnehmung ist, als wie glücklich ich mich empfinde.

Ich weiss, welche Dinge es sind, die mich darin blockieren, ich kenne die Muster, in denen ich gefangen bin.

Und das ist genau der Punkt. All dieses Wissen (und bitte versteht mich da nicht falsch, das ist nur meine Wahrheit, keine für die ich Allgemeingültigkeit beanspruchen wollen würde) nützt mir an dem Punkt nichts, wo es darum geht, aus den Mustern auszubrechen und diese Blockaden loszuwerden.

Das ist diese Sache, die ich bei allen Versuchen, mich selber besser leiden zu können, mich selber wertschätzen zu lernen, mich selber nicht mehr abzuwerten, mir immer wieder ankreide und wo ich nicht milde mit mir sein kann, sondern wofür ich mich verurteile. Dass ich es nicht schaffe, diesen Kram abzulegen, diese Muster loszuwerden – trotz all des intelektuellen Verständnisses. Andere hatten doch auch eine schwierige / komplizierte Vergangenheit und denen gelingt es doch auch. Warum bin ich dann zu doof dafür?

Aber mittlerweile glaube ich auch zu wissen, woran das liegt, dass genau das der Punkt ist. Es gibt da nichts mehr zu verstehen, das ist keine Frage des Denkens sondern eine des Fühlens.

Das was mich plagt, was mich so kaputt hat werden lassen, sind Gefühle, die ich nicht zulassen/erleben/empfinden konnte/durfte, zu denen ich keinen Zugang habe. Und ich habe solche schrägen Ersatzempfindungsmuster so tief in meinem Unterbewusstsein programmiert, dass ich es auch mit Wissen und Wollen nicht schaffe, dort rauszukommen.

Jetzt stoße ich immer wieder an den Punkt, wo Erinnerungen hochkommen, wo es mich plagt, die Dinge nicht loslassen zu können und ich glaube langsam, dass ich da nur weiterkommen kann, wenn ich nicht mehr versuche, das unter Verschluss zu halten, sondern wenn ich mich dem stelle. Das macht mir wahnsinnige Angst und davor laufe ich jetzt schon längere Zeit erfolgreich mit meiner hab-ich-ja-gar-keine-Zeit-für-Methode davon.

Weil ich nicht einfach so drauflosdenken kann, wohl aber einfach so drauflosschreiben und mich schreibend Dingen besser annähern, besser stellen kann, werde ich das auch damit probieren. Weil ich dafür aber sehr viel konkreter werden muss, die Dinge, die ich immer nur als Dinge oder Kram oder wasauchimmer bezeichne, aussprechen bzw. aufschreiben muss, bin ich zögerlich damit, es (öffentlich) im Blog zu tun. Es ist eine Sache für mich, mittlerweile recht frei über meine Depressionen und Ängste zu schreiben, die mich aktuell, respektive in den letzten Jahren plag(t)en, eine andere Sache ist es für mich, konkret Sachen aufzuschreiben, von denen ich denke/weiss, dass sie mich krank gemacht haben und diese schädlichen Denkmuster geprägt haben.

Kann sein, dass es hier in Zukunft einige Artikel mit Passwortschutz gibt (falls ihr da mitlesen wollt, fragt dann bitte einfach per Mail). Ich habe in letzter Zeit häufiger unter anderem deswegen gezögert, Gedanken direkt festzuhalten, weil ich unsicher war, ob ich das tatsächlich aufschreiben kann. Und klar, natürlich könnte ich es dann auch einfach in die Entwürfe tippen oder in ein Textfile auf meinem Rechner, aber ich weiss auch nicht, was das mit diesem Bloggen ist, dass dieser ‚Publizieren‘-Knopf irgendwie für mich einen Teil des aus-dem-Kopf-Kippens ausmacht. Zumindest fühlt es sich gelegentlich so an, denn Dinge, die in den Entwürfen schlummern, plagen mich oft trotzdem weiter.

Aber sofern ich es überhaupt schaffe, die Dinge aufzuschreiben und evtl. auch zu veröffentlichen, muss ich wenigstens in diesen Fällen gerade das Gefühl haben, dass ich die Kontrolle darüber habe, wer das lesen kann. Das soll jetzt erst mal gar niemanden pauschal aussperren, ich möchte vor allem nur wissen, wer das liest und wissen, dass niemand diese Dinge lesen kann, weil er zufällig oder über meinen Klarnamen auf meinem Blog gelandet ist. Diese Gedanken, dass ich mich dem wirklich stellen muss, um loslassen zu können, fühlen sich für mich ziemlich nach Kontrollverlust an, deswegen ist es für mich wichtig, wenigstens diesen Teil unter Kontrolle zu behalten.

Und bevor ich jetzt wieder an den Punkt komme zu denken ’nee, das kannste doch nicht schreiben‘ klicke ich jetzt einfach auf den Publizieren-Knopf und entlasse das Geschwurbel aus dem Kopf.

Katja

nichts passiert

Und dann denkst du, oh Gott, hab ich das gerade wirklich getan? Und dir wird erst kalt, dann heiss, dann wieder kalt und so bleibt es dann auch, besonders die Hände und Füße. Und bevor die Schnappatmung einsetzt, redest du dir selber gut zu, dass du nichts zu verlieren hast und dich auch erst mal zu überhaupt gar nichts verpflichtet hast und du wiederholst mantramäßig, dass du dir jetzt schonmal noch gar keine Sorgen um irgendwelche Schritte zu machen brauchst, weil die ohnehin einer nach dem anderen folgen, falls überhaupt, und nicht kopfüber und nicht durcheinander und nicht alles auf einmal.

Auch wenn sich das gerade so anfühlt.

Und dann bist du froh über das Telefonat vorhin und darüber, dir gerade das Grübeln verboten und stattdessen einfach mal gemacht zu haben. Und vielleicht ist ja das Spannendste, das passiert, dass gar nichts passiert. Aber wenigstens einen Versuch hast du jetzt endlich gestartet anstatt dir immer nur selber im Weg rumzustehen.

Uffff.

Katja

.

Weisste was? Ich hab die Schnauze so gestrichten voll von deinen scheiss manipulativen Versuchen, dadurch dass du allen in deinem Umfeld ein schlechtes Gewissen machst, zu bekommen, was du willst. Im Nachhinein betrachtet ist das das einzige, was du wirklich perfekt beherrscht.

Wann in deinem Leben, hast du je Rücksicht auf die Bedürfnisse anderer genommen, wenn die dem entgegenstanden, was du willst? Wann hat dich je interessiert, was mit uns gewesen ist? Wann hast du je zurückgesteckt, in diesen wirklich wichtigen Dingen?

Und selbst, wenn ich in den Jahren und an solchen Stellen versucht habe, mit dir darüber zu reden, welche Auswirkungen deine Entscheidungen auf andere haben, ging es dir immer nur um dich.

Sicherlich, in Kleinigkeiten bist du großzügig, umsorgst und kümmerst dich und schreibst dir dein Martyrium deutlich auf die Stirn, um es morgens im Spiegel zu bewundern. Aber was ist mit den wichtigen Dingen? Die, um die es wirklich ging und geht?

Und ich hab das nicht gemerkt. Nicht mit 5, nicht mit 15, nicht mit 25 und bin gesprungen und hab getanzt – nach deiner Pfeife. Du hast schon dafür gesorgt, dass ich das tun werde, wenn ich mich nicht wie ein herzloses Miststück fühlen will.

Und das wirklich schlimme daran ist, dass ich nicht mal glaube, dass du das alles bewusst machst. Auch bei dir laufen nur Muster ab und deine haben dein Leben lang funktioniert, ohne dass du sie erkannt hättest. Und wieder schaffst du es, dass ich alleine deswegen ein schlechtes Gewissen habe. Kann ich, darf ich dir denn überhaupt einen Vorwurf machen, wenn du zu unreflektiert bist und auch zu dumm, um irgendetwas zu verstehen? Darf ich mich denn überhaupt wieder ein Stück weit zurückziehen, wo du doch eh so ‚einsam‘ bist?

Grrrr. Ich ertappe mich bei diesen Gedanken und fühle mich wie Pawlows Hund – gut gedrillt, gut eingeübt, brave Gedankenbahnen, die genau dem Muster folgen, das du ihnen eingeimpft hast.

Ich merke, dass es mir gerade überhaupt nicht gut tut, mit dir zu reden und doch gehe ich aus diesem doofen schlechten Gewissen heraus immer wieder ans Telefon, wenn du anrufst.

Ich weiss nicht, ob ich zu feige oder zu rücksichtsvoll bin, dir zu sagen, dass du mich erst mal in Ruhe lassen sollst. Und ich weiss auch nicht, ob ich nicht doch traurig wäre, wenn du es tatsächlich tätest, anstatt mir einmal das Gefühl zu geben, dir wichtig zu sein, dem ich mein ganzes Leben lang hinterhergelaufen bin. Das ist fast das Schlimmste daran, dass irgendwo immer noch diese verschissene Hoffnung lebt, von der ich schon seit Jahren weiss, wie schädlich sie für mich ist, wie abhängig sie mich macht, wie sehr sie mich am vorankommen hindert. Immer steht da diese kleinere Ausgabe von mir selber mit einem ‚Bitte hab mich doch lieb‘ in den Augen und diese tiefe Sehnsucht nach dir, wird wohl nie in meinem Leben weg gehen und es gibt nichts, was sie heute stillen kann, weil sie gar nicht aus dem Hier und Jetzt stammt.

Ich kann nicht und will nicht so tun als wäre alles cool und froody. Das ist es nämlich gerade nicht.

Und doch bin ich ratlos, wo gerade der für mich richtige Weg liegt. Ausnahmsweise und endlich mal mein Weg, nicht jener, auf den du mich am liebsten dirigieren würdest.

Und bis ich das weiss? Weitermachen? Vermutlich ist das am besten.

Konfus alles. Alles konfus.

Traurig.

Katja

You can run but you can never hide

Gerade fast jeden Tag zu merken, wie sich meine Grenzen momentan verschoben haben, wie dicht sie mir wieder auf die Pelle gerückt sind, ist etwas, das mich fast verzweifeln lässt.

Ich kann keinen Fuß vor die Tür setzen, ohne vorher Kämpfe mit der Angst auszutragen.

Alles fast so wie vor ein paar Jahren und doch so anders.

Jetzt weiss ich so viel mehr, verstehe Zusammenhänge, wo ich früher vor Wänden stand. Und doch nützt mir all dieses Wissen und Erkennen und Verstehen nichts, weil Kopf und Verstand leider so wenig zu melden haben, wenn die Angst sich erhebt und mir wie Wellen über’m Kopf zusammenschlägt.

Und es fällt mir so schwer, meinen Optimismus nicht gänzlich zu verlieren. Mir selber einzureden, dass das nur eine Phase ist. Dass ich nur wieder ausreichend viele gute Erfahrungen vor der Tür machen muss – das hat ja immerhin schon einmal funktioniert. Dass irgendwann dieser blöde Knoten im Kopf wieder platzen wird und dass mich das nicht wieder so viel Zeit und Kraft kosten wird wie vor ein paar Jahren.

Und ich sag mir all das jeden verdammten Tag und dann muss ich losheulen, weil ich nicht mal weiss, ob ich mir das selber glaube. Wen will ich also damit beeindrucken und überzeugen?

Es. kotzt. mich. so. an.

Dass das Leben irgendwie nie einfach ist und ein ständiger Kampf – damit habe ich mich ja mittlerweile abgefunden und ich find’s auch irgendwie ok, weil mich all das Kämpfen irgendwie doch zu mir selber führt und mich voranbringt.

Aber jetzt wieder die gleichen Kämpfe führen zu müssen wie vor einigen Jahren und keine neuen, die mich spürbar voranbringen – das fühlt sich so unfair an. Und wenn ich so empfinde, dann bekomme ich Angst, zu jammern oder in Selbstmitleid zu verfallen und gehe mir selber auf die Nerven. Ich. will. das. nicht.

Entschuldigung, heute nur unkonstruktives Gekotze. Diese ewigen schon bekannten und schonmal ausgetragenen Kämpfe machen mich völlig gaga und müde.

~You can run but you can never hide
From the shadow that’s creepin‘ up beside you~

Katja