Jetzt. Hier. Atmen nicht vergessen.

Was hätte gewesen sein können und was hätte werden können? In und über meinem Kopf klatschen sich gerade dauernd der Konjunktiv des Vergangenen und jener des Zukünftigen zum Unmöglichkeits-High-Five ab und nach den Könnens kommen Kommata und danach Wenns und zwischen denen stehe ich, mit all meinen Fehlern und Macken und Ängsten und mir selber im Weg, während der Bulldozer des Selbsthasses statt mich aus dem Weg zu räumen über mich hinwegdozert.

Szenenwechsel.

Hätte, hätte, Fahrradkette… Das hilft dir nicht weiter, das behindert dich nur zusätzlich. Jetzt guck doch mal, was du da schon kannst und da schon hast und hab doch verfluchtnocheins endlich mal Geduld mit dir selber. Und nimm das verfluchte verfluchtnocheins zurück und sprich nicht so mit dir, denn auch das hilft dir nicht weiter. Jetzt. Hier. Atmen nicht vergessen. Du machst das schon.

Szenenwechsel.

Während ich unter der Dusche stehe, nehmen diese Sätze auf einmal in meinem Kopf Form an und ich muss sie direkt aufschreiben, damit sie nicht abhanden kommen. Und dann beim Runterschreiben fällt mir wieder mal auf, dass alleine die Perspektive, in der sie sich in meinen Gedanken bilden, zeigt, dass immer noch die Selbstzerfleischung mein vertrautes Denkmuster ist. Alles Weiche (mir selber gegenüber), alles Tröstende, Mutmachende, Geduldige muss ich mir mühevoll erkämpfen. Muss es mir von aussen sagen, das ist nicht in mir drin. In mir drin ist der zerstörerische Bulldozer des HättestdudochnurKönntestdudochnurWärstdudochbloßnichtsowiedubist.

„Bist’n feiner Mensch und wer was anderes sagt, der lügt“ sagte mir kürzlich jemand und ich kann das [zum Glück] seitdem nicht vergessen, denn niemand sagt mir häufiger „was anderes“, als ich es selber in meinen Gedanken tue.

Immerhin entlarve ich mich dabei mittlerweile häufig. Aufschreiben hilft. Immer wieder. Und ich versuche gerade mir mühsam das „wie konntest du das nur fast vergessen?!“ zu verkneifen, aber so ganz gelingt es mir nicht. Aber auch da merke ich im Moment des Gedankens, dass ich schon wieder anfange. Ufff.

Jetzt. Hier. Atmen nicht vergessen.

Katja