Wenn’s dunkel wird… (m)eine Bitte an euch: guckt hin, fragt nach!

(Alle Jahre wieder.)

Ich weiss. Ich wiederhole mich. Denn ich hab hier schon die letzten beiden Jahre zu dieser Jahreszeit ähnliche Texte verfasst und jetzt komme ich schon wieder damit an…

Das mache ich zum einen deswegen, weil mir sehr am Herzen liegt, dass wir lernen und uns trauen, offener mit psychischen Erkrankungen umzugehen, zum anderen speziell immer wieder zu diesem Zeitpunkt, weil es von Depressionen Betroffenen dann häufig noch schlechter geht. Wenn draussen alles grau und dunkel ist, rutscht man viel leichter auch innen in tiefe dunkle Löcher, aus denen es oft schwer ist, wieder rauszukommen.

Manchmal wird es aber doch besser und ein wenig heller, wenn man merkt, dass man nicht ganz alleine mit der hundsgemeinen Krankheit ist. Wenn man merkt, dass es Menschen gibt, denen an einem liegt. Wenn man merkt, dass da Freunde sind, die auch dann da bleiben und versuchen, Kontakt zu halten, wenn man selber es gerade nicht gut auf die Reihe bekommt, Kontakte zu pflegen und wenig Eigeninitiative zeigt.

Meine Bitte an euch:

Achtet bitte besonders in den dunklen Wochen, die vor uns liegen – und die noch dazu Feiertage mitbringen, an denen Einsamkeit noch deutlicher bewusst wird -, auf die Menschen in eurem Umfeld. Bitte fragt mal nach, wenn ihr merkt, dass sich jemand abschottet. Fragt eure Freunden, Bekannten, Nachbarn, Kollegen, Lieben wie’s ihnen geht und falls ihr euch Sorgen um sie macht, fragt auch noch ein zweites Mal nach, falls sie auf höfliche Floskeln ausweichen. Interessiert euch, geht nicht weg, bietet an zu reden / zuzuhören, aber bedrängt nicht. Seid auch einfach schweigend da und leistet Gesellschaft. Nehmt mal in den Arm. Gebt keine gutgemeinten Ratschläge, stellt keine ‚aber warum machst du denn nicht einfach…?‘-Fragen.

Wenn man Depressionen hat, kann man sich in schlimmen Phasen oft selber nicht leiden und zieht sich zurück, um anderen nicht mit der komischen Stimmung auf die Nerven zu gehen. Bitte seid da, bleibt da und gebt das Gefühl, dass auch diese Phasen ok sind. Seid _echte_ Freunde für Menschen, die dringend das Gefühl brauchen, so jemanden zu haben.

Wenn ihr selber betroffen seid und merkt, dass ihr in ein Loch fallt, dass eine akute Krise ansteht: Bitte holt euch Hilfe! Auch wenn alles ganz schwarz aussieht, gebt euch selber Zeit und die Chance, dass es wieder besser werden kann. (Das wird es! Irgendwann. Irgendwie. Auch wenn es gerade nicht so zu sein scheint. Bitte glaubt mir!)

Wenn Sie sich in einer akuten Krise befinden, wenden Sie sich bitte an Ihren behandelnden Arzt oder Psychotherapeuten, die Ambulanz der nächstgelegenen Psychiatrischen Klinik oder die Telefonseelsorge (in Deutschland 0800 111 0 111 / 0800 111 0 222; in Österreich 142; in der Schweiz 143). Wenn diese nicht erreichbar sind, rufen Sie den Notarzt (in Deutschland 112, in Österreich und der Schweiz 144).

(Quelle: http://www.deutsche-depressionshilfe.de/ – Dort gibt es auch viele Informationen.)

Bitte passt gut auf euch und aufeinander auf! Und bitte sagt das weiter!

Ich mache das nur einmal im Jahr, dass ich euch aktiv darum bitte, einen Link weiterzugeben, einen Beitrag zu teilen, eine Nachricht weiterzusagen und das ist immer in diesem Fall, wo es mir um die Aufmerksamkeit für das Thema geht!

Vielen Dank für’s Lesen und die Aufmerksamkeit! Danke für’s Weitersagen!

Katja

*Edit am 02.11.2015:

@nelladarren wies mich darauf hin, dass ich hier einseitig appeliere und nur jene berücksichtige, die mit ihrer Depression nicht alleine sein wollen. Das ist mit meinem ‚bietet an, aber bedrängt nicht‘ tatsächlich zu knapp gefasst, denn manchmal ist schon das zu viel. Versucht also bitte so gut wie möglich darauf zu achten und zu respektieren, was euer Gegenüber möchte / will / braucht und akzeptiert vor allem auch den Wunsch, alleine gelassen zu werden.

Ich verlinke hier mal den ersten Tweet zu dem Thema, darüber (über das Datum unten im Tweetkästchen) lässt sich der Rest unserer Unterhaltung auf Twitter aufrufen.

https://twitter.com/NellaDarren/status/661151576451584001

Was mir am Herzen liegt – (m)eine Bitte an euch

(oder: immer wieder im November)

Meistens bin ich ein optimistischer Mensch und auf der Suche nach positiven Dingen, über die ich mich freuen kann. Ich liebe es zu fotografieren, zu reisen, in der Küche zu wurschteln oder im Garten, in einem Buch zu versinken. All das sind Dinge, die mir gut tun und von denen ich weiss, dass sie recht zuverlässig funktionieren.

„Man kann dir das gar nicht glauben, dass du Depressionen hast, wenn man dich so sieht und mit dir redet.“ sagte mir eine Bekannte vor ein paar Jahren und genau das ist ein großer Anteil der Heimtücke, die Depressionen an sich haben. Man sieht es den Betroffenen oft nicht an. Niemand hinkt oder hat eine laufende Nase. Es gibt keine Beulen, Blutergüsse oder eingegipste Körperteile. Manchmal/bei manchen gibt es Schnitt- oder Kratzwunden, aber die zeigt man natürlich niemandem. Und auch die Tränen versteckt man oft. Von aussen sieht man einem depressiven Menschen die Depression erst mal nicht an und oft merkt man sie der- oder demjenigen auch nicht an, denn das Gefühl der eigenen Unfähigkeit/Unzulänglichkeit bringt einen dazu, nach aussen hin eine Maske zu tragen, sich möglichst nichts anmerken zu lassen.

Es gibt kein gesellschaftlich anerkanntes Symptom, kein äusseres Merkmal, das der Krankheit nach aussen eine Art Rechtfertigung verleiht. Man hat „nur“ die Dinge, die in einem passieren und da ist die Bandbreite weit und verschieden. Mal zerreisst einen ein inneres Fegefeuer und alles in einem schreit vor Schmerz. Mal ist alles dumpf und taub und grau und man befindet sich in einem zombieartigen Zustand (zumindest stelle ich mir den so vor), völlig vom echten wachen Leben und den eigenen Gefühlen abgeschnitten. Und alles dazwischen und noch mehr und ohnehin bei jedem anders.

Was da mit einem passiert, kann man oft selber so wenig verstehen (zumindest anfangs), dass man es erst recht niemandem erklären kann und spätestens, wenn man zum zweiten Mal „jetzt reiss dich mal zusammen“ oder „stell dich nicht so an“ oder „du musst doch nur“ oder ähnliches gehört hat, neigt man dazu, noch besser zu verbergen, wie es einem geht. Denn man weiss das ja selber nicht so genau, zweifelt an sich selber, zweifelt, ob man sich tatsächlich „nur anstellt“ und sich „einfach nur zusammenreissen“ müsste, damit wieder alles gut ist. Aber wie geht denn dieses Zusammenreissen?

An manchen, schlimmen Tagen ist man ja schon froh, wenn man überhaupt noch weiss, wie aufstehen und zur Toilette gehen funktioniert. An Duschen oder Essen oder weitere so unfassbare Anstrengungen ist da nicht zu denken. Manchmal erscheint selbst Atmen als Überforderung.

Und manchmal wünscht man sich, man könnte einfach aufhören zu atmen. Und zu leben.

Diese ganz schlimmen Phasen und Gedanken und der Wunsch, nicht mehr weiterleben zu müssen, sind bei mir zum Glück schon lange Geschichte. Ich habe, mittlerweile häufig genug erlebt, dass jede dieser unterschiedlich dunklen Phasen irgendwann wieder vorübergeht und ich habe, dadurch, dass ich mich genau beobachte, auch gelernt, wie ich mich selber aus dem bodenlosen Fallen wieder rausholen kann, gelernt, welche Methoden bei mir (zumindest oft) funktionieren.

Aber ich weiss auch, dass diese depressiven Phasen mich immer wieder erwischen, mir immer wieder die Beine unterm Hintern wegziehen – auch wenn ich noch so gut auf mich aufpasse und versuche, das zu vermeiden oder den Fall zumindest abzufedern.

Das ist bei mir – auch – von der Jahreszeit und der Helligkeit bzw. fehlenden Helligkeit abhängig, wie gut es mir gelingt. Speziell im November, wo zu der dauernden Dunkelheit für mich persönlich noch viele Tage mit schmerzhaften Erinnerungen dazukommen, bin ich mittlerweile besonders darauf bedacht, mir möglichst viele Aktivitäten zu suchen, die mich vom Grübeln ablenken. Und trotzdem merke ich – auch dieser Tage – wieder, wie ich mich zu kaum etwas aufraffen kann, wie alle Kleinigkeiten mir große Kraft abverlangen, was mir beides mittlerweile Warnzeichen geworden ist.

Aber gerade weil es mir mittlerweile (an Jahren gemessen) so viel besser geht, ist es mir – speziell zu dieser Jahreszeit, wo durch fehlendes Licht und durch die anstehende Weihnachtszeit, in der sich Einsamkeit für viele besonders gemein anfühlt – ein Anliegen, wieder einmal die „Werbetrommel“ zu rühren*, für mehr Aufmerksamkeit und Verständnis für diese hundsgemeine Krankheit Depression und die an ihr erkrankten Menschen.

Bitte passt ein bisschen aufeinander auf. Fragt die Menschen in eurem Umfeld wieder einmal, wie es ihnen geht. Gerade jene, die sich vielleicht ein bisschen zurückgezogen haben. Und seid zugewandt und hakt nach, falls ihr ein ‚muss ja‘ oder dergleichen zu hören bekommt.

Bitte tut Depressionen nicht als „sich anstellen“ ab und sagt nicht über andere / zu anderen, sie sollten „sich zusammenreissen“. Depressionen sind eine ernste Erkrankung, deren Heilung nicht durch ausreichendes „Wollen“ zu bewältigen ist.

Bitte sprecht nicht abwertend über die Erkrankung und über die Erkrankten
(auch nicht, wenn sie nicht dabei sind)
(auch nicht, wenn ihr genervt seid, dass mehr Arbeit an euch hängen bleibt, weil die Kollegin „Burn out“ hat – ihr meckert (vermutlich) auch nicht über den blöden Meier, der sich jetzt ausgerechnet den Fuß gebrochen hat, wo Urlaubszeit ist und ihr unterbesetzt seid).

Bitte helft so mit euren Worten und eurem Verhalten dazu beizutragen, dass das Tabu, das dem Thema Depressionen anhaftet, in eurem Umfeld ein bisschen kleiner wird. Je „normaler“ der Umgang mit der Krankheit wird, desto einfacher wird es auch für Betroffene, sich zeitnah Hilfe zu holen.

Bitte passt vor allem auf euch selber gut auf!

Wenn ihr betroffen seid und in einer akuten Krise: Bitte holt euch Hilfe!

Wenn Sie sich in einer akuten Krise befinden, wenden Sie sich bitte an Ihren behandelnden Arzt oder Psychotherapeuten, die Ambulanz der nächstgelegenen Psychiatrischen Klinik oder die Telefonseelsorge (in Deutschland 0800 111 0 111 / 0800 111 0 222; in Österreich 142; in der Schweiz 143). Wenn diese nicht erreichbar sind, rufen Sie den Notarzt (in Deutschland 112, in Österreich und der Schweiz 144).

(Quelle: http://www.deutsche-depressionshilfe.de/ – Dort gibt es auch viele Informationen.)

*Dieser Teil fällt mir am schwersten, denn ich kann nicht gut um Aufmerksamkeit bitten, wo sie mir nicht von selber geschenkt wird. In diesem Fall tue ich es trotzdem (wieder einmal), denn es geht mir nicht um Aufmerksamkeit für mich, sondern um jene für das Thema und ich hoffe, ihr nehmt es mir nicht krumm, wenn ich euch dafür einmal im Jahr auf die Pelle rücke und euch nachdrücklich bitte, den Link bzw. den Artikel zu teilen und zu verbreiten.

Ich wünsche mir sehr, dass es irgendwann genauso normal sein kann, über Depressionen zu reden, wie über eine Grippe!

Danke für’s Lesen, für die Aufmerksamkeit. Danke für’s Weitersagen!

Katja

 

hinschauen und nachfragen – eine Bitte

(Entschuldigung, der folgende Text klingt in Teilen pathetisch. Ich brüte jetzt schon eine Weile darüber und bekomme einfach keine bessere Formulierung hin, weil mir das Thema nahe geht und wichtig ist.)

Der November ist für mich der schlimmste Monat des Jahres. Nicht nur, dass es kalt, oft nass und dunkel ist und dass aus dem tollen Herbstbunt schmutziges Grau geworden ist, für mich liegen in dem Monat auch viele Daten, die traurige Erinnerungen heraufbeschwören. Im November hat mich in den letzten mehr als 10 Jahren die Depression fast immer mit voller Wucht erwischt und niedergedrückt.
Ich hab die letzten Wochen in diesem Jahr viel besser überstanden als in den vergangenen, weil ich schon vorher mit der entsprechenden Aufmerksamkeit den Monat verplant habe, mit Dingen, die mir gut tun und mich ausreichend beschäftigen und ablenken. Das kann ich – mittlerweile – weil ich mich und meine Depressionen ausreichend gut kenne und auch einige Tricks, die zumindest manchmal funktionieren, um das Fallen zu vermeiden.

Aber der November ist nur einer der Monate in der dunklen Jahreszeit und eigentlich will ich hier gerade gar nicht über mich sprechen, sondern habe eine Bitte an euch:

Bitte guckt in diesen dunklen Wochen (und gerade rund um die Feiertage, an denen sich Einsamkeit für viele Menschen noch schlimmer anfühlt, als im Rest des Jahres) ein bisschen genauer hin, wie es den Menschen in eurem Umfeld geht.

Und bitte trinkt doch mal einen Tee oder Kaffee mit denen, die über einen längeren Zeitraum niedergeschlagen auf euch wirken – auch, wenn ihr eigentlich in der Vorweihnachtshektik keine Zeit dafür hättet – und fragt mal nach, wie es ihnen geht. Und falls sie ‚gut gut‘ oder ‚muss ja‘ oder ähnliches antworten und das kommt euch nicht ehrlich vor, dann fragt vielleicht noch ein zweites Mal nach, wie es ihnen wirklich geht. Es braucht manchmal viel Mut, um ehrlich zuzugeben, wenn es einem wirklich schlecht geht und die Beharrlichkeit, die echtes Interesse vermittelt, kann da helfen. Falls diese Menschen dann erzählen, hört einfach zu (und falls ihr könnt /es passt / ihr wisst wie, bietet Hilfe an – das ist aber oft längst nicht so wichtig, wie die grundsätzliche Zugewandtheit).

Euch kostet das nicht viel – ein bisschen Zeit, vielleicht einen Kaffee, vor allem aber Aufmerksamkeit, aber – und das mag jetzt sehr pathetisch klingen – es kann unter Umständen ein Leben retten.

Wer die dunklen Schatten einer Depression kennt, der weiss, wie unbezahlbar in manchen Momenten das Gefühl ist, dass es jemanden gibt, der sich dafür interessiert, wie es einem geht. Wie wertvoll es ist, wenn da jemand ist, der zuhört, der einem mal stumm die Hand drückt, der einfach da ist.

Bei fast allen meiner Blogeinträge ist für mich das Aufschreiben das Wichtigste, sei es um den Kopf zu sortieren oder um Erinnerungen zu konservieren. Bei diesem ist es mir wichtig, dass er gelesen wird, dass er wahrgenommen wird. Ich mache das eigentlich nicht und ich komme mir ein bisschen seltsam dabei vor, aber dieses Mal bitte ich euch sehr, den Link zu teilen / zu verbreiten – oder eben auch gerne auf andere Weise mit den Menschen in eurem Umfeld über das Thema zu reden, über das Hingucken und Nachfragen zu reden. Alleine, wenn man über Depressionen offener reden kann, weil sie nicht mehr so ein Tabu in unserer Leistungsgesellschaft sind, ist sehr viel (!) erreicht. Scham treibt in Einsamkeit und oft treibt Einsamkeit in noch größere Verzweiflung und den vermeintlich einzigen Ausweg.

Mir graut davor, auf Twitter oder sonstwo im Netz wieder über einen Suizid zu lesen – was leider zu der Jahreszeit in den letzten Jahren häufig passiert ist. Und das sind nur die wenigen, die das Netz mitbekommt. Und mir graut auch vor der Welle von Trauer und Ohnmacht.

Aber wir sind gar nicht so ohnmächtig! Jetzt ist eine gute (Jahres-)Zeit, um sensibel mit dem Thema umzugehen und ein Auge auf die Menschen im eigenen Umfeld zu haben!

Bitte passt ein bisschen aufeinander auf!

Und natürlich ist das Thema nicht nur jetzt aktuell.

Katja