Giulia Enders – Darm mit Charme
Giulia Enders zeigt mit „Darm mit Charme“ eindrucksvoll, dass Sachbücher witzig, interessant, charmant, unterhaltsam und zusätzlich unheimlich informativ sein können. Nachdem ich ein paar ihrer Slam-Videos gesehen und viel Gutes über das Buch gelesen hatte, stand es schon länger auf meiner Liste, aber wie das so ist, vor Sachbüchern drücke ich mich ganz gerne. Sind die doch eigentlich trocken und man muss beim Lesen konzentriert und wach sein (was meinem Leseverhalten widerspricht, weil ich fast nur im Bett lese), ganz anders aber der ‚Darm mit Charme. Der ist so unterhaltsam geschrieben, dass ich ihn einfach wie einen Roman runtergelesen habe. Große Verehrung für Giulia Enders, die ein an sich heikles Thema, über das ja kaum jemand offen spricht, mit so viel Begeisterung anpackt, dass man nach der Lektüre des Buches quasi ganz automatisch Fan der Bakterien-Mannschaft im heimischen Darm geworden ist.
Wer das nicht glauben kann, der nehme sich die Zeit für dieses Video:
Donna Leon – Reiches Erbe, Commissario Brunettis zwanzigster Fall
Es ist eine ganze Weile her, dass ich den 19. Band von Donna Leons Commissario Brunetti gelesen habe und noch länger ist es her, dass Rüdiger mich irgendwann mit der Serie angefixt hat. Eigentlich sind die Fälle, um die es in den Romanen geht, fast immer ein bisschen egal. Viel wichtiger ist für mich die Stimmung, die mich stets einsaugt, wenn ich mit Brunetti durch Venedig laufe und die Stadt durch die ihm von Donna Leon zugeschriebenen Beschreibungen wahrnehme, die Menschlichkeit mit der Brunetti der Bürokratie und Korruption trotzt und das gemeinsame Essen mit den Brunettis. Trotzdem der letzte Band 1,5 Jahre (ich musste jetzt doch nachschauen) für mich zurücklag, war das direkt von den ersten Seiten an wieder das vertraute Gefühl. Nach 19 bzw. 20 Bänden kennt man die Charaktere und wenn sich einer von ihnen überraschend verhält, dann überrascht es Brunetti ebenso wie die geneigte Leserin. Wie schön, ich habe gerade entdeckt, dass es schon noch 5 weitere Bände gibt, die auf mich warten.
Erich Kästner – Pünktchen und Anton
Das war jetzt mein dritter Kästner und ich bin jetzt auch mit Jules ‚Hausaufgabe‘ durch. 😀
Pünktchen und Anton hat mir von den dreien am besten gefallen, weil ich die beiden Protagonisten sehr liebenswert finde und auch Kästners Nachdenkereien am Ende jedes Kapitels mag. Die sind zwar stets irgendwie belehrend, aber ohne Überheblichkeit und zeugen von viel Idealismus und Hoffnung, auf eine (aus damaliger Sicht) schönere Welt und dass sie dazu werden kann, wenn Kinder sich mit Dingen wie Menschlichkeit und Teilen beschäftigen. Er thematisiert da zB Armut und einander helfen und das hat gerade heutzutage wieder viel traurige Aktualität.
Doris Lessing – Das fünfte Kind
Als die altmodischen und sehr familienbewussten Harriet und David ihr fünftes Kind Ben bekommen, ist es mit der großen glücklichen Familienidylle vorbei. Ben ist anders als die anderen, wild, animalisch, unzähmbar, er scheint nicht von dieser Welt oder zumindest ein paar tausend Jahre zu spät geboren zu sein. Das Familienglück bröckelt nicht nach und nach sondern ist recht schlagartig weg und speziell Harriet hat von da an ein ewiges Ringen zwischen der Verantwortung ihren vier älteren Kindern und dem Rest der Familie gegenüber und der moralischen Verpflichtung, sich auch so gut wie möglich um Ben zu kümmern, denn sie findet nirgendwo – weder innerhalb noch ausserhalb der Familie – wirkliche Verbündete.
Lessing entwirft ein düsteres Bild, wie das Glück der Familie durch das andersartige Kind zerstört wird und wirft auch die Frage auf, ob man einen solchen Störenfried und ganz konkret dessen Leben, der Familie opfern kann/darf/bzw. – wie der Rest der Familie von Harriet verlangt – muss oder nicht. Harriet entscheidet sich dagegen und steht ab dem Punkt alleine da und ich habe, speziell nachdem Ben den Familienhund getötet hat, gespannt und mit einem beklemmten Gefühl gewartet, was wohl noch passieren würde. Lessings Schreibstil hat mir nur wenig gefallen. Sie erzählt ein paar Jahrzehnte in nur ungefähr 200 Seiten runter. Da bleibt kein Raum für schöne Formulierungen oder sprachliche Eleganz oder bildhafte Ausschmückung. Unterhaltungen finden häufiger in indirekter Rede statt, nichts, wodurch das Buch mir richtig nahe gekommen wäre, da ist nur dieses dumpfe, beklemmende Gefühl beim Lesen. Vielleicht ist aber genau das beabsichtigt und auch, dass das Ende eher offen bleibt.
Katja