Es wird langsam leichter, auch wenn ich längst noch weit von dem Status entfernt bin, mit dem ich mich wohl fühle. Aber ich hänge wenigstens nicht mehr so schlimm in diesem Tief, in dem gar nichts geht und mich alleine das Aufstehen so ungeheuer viel Kraft kostet.
Bevor ich das alles wieder vergesse – irgendwie neige ich dazu, diese schlimmen Tage zu verdrängen – muss ich hier wieder mal dringend ein paar Dinge festhalten, muss aufschreiben, mit welchen Strategien ich die letzten Tage vorangekommen bin, damit ich das für die Zukunft besser parat habe.
An einem Tag letzte Woche habe ich fast 3 Stunden gebraucht bis ich mich endlich rausgetraut habe. Die Angst vorm Rausgehen, vorm Einkaufen, vor den Menschen war in diesen Stunden wieder so schlimm wie vor Jahren. Diese Angst, alleine schon davor, die Wohnungstür zu öffnen, über die Schwelle zu gehen. Ich hätte es im Grunde sein lassen können oder verschieben, ich musste nicht zwingend an diesem Tag einkaufen. Aber irgendwas war da auch in mir, das nicht einfach so nachgeben wollte. Ich will das nicht mehr, will mich nicht wieder mit diesen gleichen Schwierigkeiten rumschlagen, die ich schon mit viel Kraft und Mühe überwunden hatte.
Irgendwann habe ich tief durchgeatmet, mir Klappbox, Geldbeutel, Handy, Schlüssel geschnappt mit dem Plan wenigstens bis zum Auto zu gehen. Wenn gar nichts ginge, könnte ich wieder reingehen – so der Deal mit mir selber. Das ging besser als erwartet also habe ich mir das nächst größere Ziel gesucht: wenn ich es schaffen würde, beim Bäcker Brot zu holen, hätte ich den dringendsten Punkt erledigt. Für alles andere könnten auch Notlösungen herhalten. Erst als ich mit Brot wieder im Golf saß, habe ich mir den nächsten Laden vorgenommen und am Ende hatte ich alles erledigt, was ich erledigen wollte und ich war zwar ordentlich erledigt, aber auch stolz auf mich, dass ich nicht einfach zuhause geblieben bin.
Seitdem versuche ich jeden Tag wenigstens vor die Tür zu gehen – und wenn es kurz in den Garten ist oder nur zum Briefkasten oder zu den Mülltonnen. Rausgehen wieder bewusst üben, damit es sich normal anfühlt. Ich hätte nicht gedacht, dass ich nochmal wieder auf diesen Punkt zurückfallen würde – aber immerhin: es geht. Und seitdem hatte ich auch nicht wieder solche Panik und war auch in der Stadt.
Im Garten bin ich auch gewesen. Mich auf das besinnen, was mir gut tut. Mal alle ‚oh je, ich hätte längst machen müssen‘-Gedanken im Zusammenhang mit dem Garten verdrängen und alle ‚ich muss ganz dringend‘-Gedanken auch. Fragen Sie nicht, was Sie für Ihren Garten tun können, sondern was Ihr Garten für Sie tun kann – um mal ein berühmtes Zitat abzuwandeln und umzudrehen. Während ich im Garten bin, fällt es mir schwer, mich wirklich darauf zu konzentrieren, diese ‚müsste‘-Gedanken beiseite zu schieben, vieles dort drängt doch sehr. Aber mit Druck und Zwang bekomme ich das gerade ohnehin nicht auf die Reihe, bin sofort überfordert, Tilt – ausser Heulen geht dann nichts. Also langsam, eins nach dem anderen und was ich nicht schaffe, schaffe ich eben nicht. Ommm.
Einen Rahmen bekommt das alles dadurch, dass ich wieder angefangen habe, mit einer todo-Liste zu arbeiten. Dass ich ein Listenmensch bin und speziell für die diversen todos immer Listen gebraucht habe, habe ich ja schon häufiger gebloggt. Jetzt hatte ich irgendwann im Herbst oder Winter damit aufgehört, weil mir das völlig ausser Kontrolle geraten war und ich quasi für jeden Punkt, den ich gestrichen hatte, zwei neue noch mit auf die Liste gesetzt habe und nie fertig geworden bin. Das hat mich seinerzeit total überfordert und ich wollte es – wenigstens für eine Weile – ohne Liste probieren.
So im Nachhinein glaube ich, das war keine so gute Idee. Ich brauche diese Form, diese Struktur, diesen Halt, den die Listen mir geben. Ich brauche das als Motivations- und Aufraffhilfe an Tagen, an denen es mir nicht gut geht und an denen ich mich nicht gut motivieren kann, Dinge zu erledigen. Vor allem brauche ich aber gerade an diesen schlechten Tagen die Möglichkeit, Dinge durchzustreichen, die ich geschafft habe. Damit ich sehen kann, dass ich etwas und auch was ich geschafft habe. An diesen trüben Tagen fehlt mir nämlich komplett das Gespür und wenn ich das nirgends festhalte, kommt es mir so vor als hätte ich den ganzen Tag gar nichts hinbekommen. Meist ist das nämlich gar nicht so und diese Begleiterscheinung den Fokus in diesen Zeiten auf mein Scheitern zu legen und nicht darauf, was ich kann, gaukelt mir das nur vor.
Alles noch weit von gut entfernt, aber immerhin ist vieles schon wieder besser als noch vor einer Woche.
Katja
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