Tag 13/44

 

Auf dem Weg und alles was ich seh
Sind Leute die fragen, wie lang und worum und wohin es geht
Oben auf und unter anderem
Das Gefühl das hier alles aus langen Gesichtern und Selbstmordgeschichten besteht

 

Klar hab ich Angst und klar weiß ichs besser
Am Ende von allem steht immer ein Stammtisch
Aus Liebe und Angst und Hass und Verzweiflung
Ich hab ihn selbst gesehn
Und überlebt

 

Zurück ins Licht, der Sonne entgegen
Ist es kalt da wo du stehst
Dann fang an dich zu bewegen
Halb so schlimm, damit lässt sichs leben
Vielleicht auch nicht, vielleicht auch gerade eben

 

Hab gesungen, und ich hab geschrien
Hab gehasst und verflucht und das Weite gesucht
Um am Ende hier zu stehn
Den Kopf im Wind
Den Arm ums Glück gelegt
Die Beine am Boden und Tonnen Geduld
Weil’s immer zu früh ist zu gehn

 

Klar hab ich Angst und klar weiß ichs besser
Am Ende von allem steht immer ein Stammtisch
Aus Liebe und Angst und Hass und Verzweiflung
Ich hab ihn selbst gesehn
Und überlebt

 

Zurück ins Licht, der Sonne entgegen
Ist es kalt da wo du stehst
Dann fang an dich zu bewegen
Halb so schlimm, damit lässt sichs leben
Vielleicht auch nicht, vielleicht auch gerade eben
Vielleicht auch gerade eben

 

Zurück ins Licht, der Sonne entgegen
Ist es kalt da wo du stehst
Dann fang an dich zu bewegen
Halb so schlimm, damit lässt sichs leben
Vielleicht auch nicht, vielleicht auch gerade eben
(Jupiter Jones – Kopf hoch und Arsch in den Sattel)

 

 

Vielleicht – hoffentlich – ist es manchmal doch eine Frage der Entscheidung oder zumindest insofern, dass man sich selber (hoffentlich, endlich wieder) zugesteht (erlaubt?), glücklich zu sein und dafür auch aktiv den Schatten verlässt. Und natürlich dröhnt jetzt der Kopf vor „wenn’s doch nur so einfach wäre“ und ich weiß, dass es das nicht ist. Zumindest nicht nur. Aber ohne die aktive Entscheidung den Kopf hochzunehmen, die Schultern zurück, die Brust raus und dann zu atmen geht’s halt gar nicht. Fang an dich zu bewegen.

 

Katja

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Mein Stern explodiert

Als ich vor ein paar Tagen hier die 3 guten Dinge des Tages gebloggt habe, hat eine Freundin mich gefragt, ob wir eine Weile täglich zusammen sammeln wollen, weil es ihr auch gut täte, da ein bisschen drauf zu fokussieren und gerade sitze ich mit den Fingern auf der Tastatur und überlege, was heute gut war. Gefühlt ist da heute nur Schwere in mir. Mit fieser Erkältung und ’nem Brummschädel wie nach zu viel schlechtem Wein – obwohl ich mit einem Tag Ausnahme schon den ganzen September überaus diszipliniert keinen Alkohol trinke – aufgewacht und auch innen ist alles schon wieder wund und voller Traurigkeit.

Mich selber traurig denken, das kann ich leider gerade sehr zuverlässig. Im Draußen muss gar nichts passieren, es reicht, wenn mein Kopf meinem Herz Vorträge hält und den Finger in die klaffende Wunde drückt. Die Diskrepanz zwischen den beiden könnte größer wieder mal nicht sein und zwischen dem, was der Kopf weiß und dem, was das Herz will, hänge irgendwo mittendrin ich. Wankend. Schwankend. Zerfasert. Zerrissen. What for? Und ich merke, wie ich schon wieder verdränge und die Augen schließe, weil ich nicht sehen will, was in Leuchtschrift von innen auf die Lider projiziert wird, was natürlich nicht geht und mit schwankender Präsenz, wankschwanke ich so rum. Projiziert. Gutes StichwORRRRRt übrigens.

Stopp jetzt. Reicht für heute. Jetzt mal Konzentration:

#3guteDingedesTages

* Quark mit Feigen und Walnüssen ❤

* am Aufenthalt in Barcelona rumgeplant (zu-wenig-Zeit-für-zu-viele-Dinge-die-ich-gerne-sehen-möchte-Mimimi)

* heute Morgen der Blick in die Blogstatistik, die gestern wegen meines Textes von vorgestern und weil @erzaehlmirnix den Link auf Twitter geteilt hat, durch die Decke gegangen ist. (Uffff. Das ist gleichermaßen schön, wie auch beängstigend, dass so viele den Text gelesen haben, der mir so schwer gefallen ist)

Ich bin das Chaos
Hey – wo willst du hin?
Ich bin das Chaos
Hey – du weißt wer ich bin
Ich bin das Chaos

Ein tanzender Stern?
Immer gern
Immer gern
Mein Stern
Tanzt
So

Mein Stern explodiert
In tausend Teile
Und ich räum
Keine wieder auf

(Judith Holofernes – Ich bin das Chaos)

Katja

I am raining down in pieces

Und dann sitzt du wieder mal da. Ewig. Reglos. Mit den Fingern auf der Tastatur. So viel im Kopf, noch mehr im Herzen und doch fehlen dir die Worte, in die du all das fassen kannst. Worte. Du hast so viele davon gemacht, wünscht dir so sehr, sie wären angekommen. Durchgekommen. Jetzt fehlen sie dir. Zumindest jene, mit denen du ausdrücken könntest, wie es in dir aussieht. Mit denen du das fassen könntest. Fassen. Fassung. Auch die geht dir dauernd verloren und das im doppelten Sinne und du bist fassungslos und ohne Fassung. Die fehlt zum Haltgeben. Halt. Halten. Festhalten. Und bei dem Gedanken erfasst dich die nächste Welle aus Traurigkeit und du hältst still und die Luft an, während sie über deinem Kopf zusammenschlägt und sich dann langsam wieder zurückzieht und ein Stück von dir mitnimmt. Ausschwemmt, ein Stück von dir, abgebrochen, zerbrochen, entzwei. Wegschwemmt, wie Sand und kleine Steinchen. Und auch deine Augen schwimmen dauernd und du wünscht dir, du könntest Dinge, Gefühle einfach aus deinem Herzen rausweinen. Weinen. Wein. Aber das jetzt bloß nicht. Der macht gerade alles nur noch schlimmer und das wird’s ja auch so schon von ganz alleine.

Today I am a small blue thing
Made of China, made of glass
I am cool and smooth and curious, I never blink
I am turning in your hand
Turning in your hand

I am cold against your skin
You are perfectly reflected
I am lost inside your pocket
I am lost against your fingers
I am falling down the stairs
I am skipping on the sidewalk
I am thrown against the sky
I am raining down in pieces
I am scattering like light
Scattering like light
Scattering like light

 

Katja

Meerfarbene Sehnsucht

Dann holst du eine Schachtel hervor und kleidest sie von innen mit Seidenpapier aus, nicht mit dem gewöhnlichen weißen, du holst dafür das meerfarbene von ganz hinten aus der unteren Schublade, passt es sorgfältig in die Kanten ein und lässt ein bisschen über die Ränder der Schachtel überstehen. Du zupfst hier nochmal und dort, achtest darauf, dass alles beinahe perfekt ausgeschlagen ist und lässt nur diese eine kleine Falte in der einen Ecke. Das muss so sein, das ist immerhin deine Schachtel und ganz ohne Makel würde sie wohl längst nicht so gut zu dir passen, wäre nicht so sehr deine.

Und dann nimmst du diesen gewaltigen übergroßen Wunsch, betrachtest ihn noch einmal lange von allen Seiten. Drehst ihn langsam ein Stück weiter, nicht zu schnell, streichst sanft mit dem Finger über diese eine Stelle und dann ein Stück weiter hinten nochmal. Atmest ein. Atmest aus. Und nochmal:

Ein.

Aus.

Mit einem leisen Seufzen faltest du ihn vorsichtig in der Mitte zusammen und dann noch einmal, damit er überhaupt in die Schachtel hineinpassen kann. Du legst ihn in sein meerfarbenes Bett. Sehnsucht in Sehnsuchtsfarben gehüllt. Einatmen. Ausatmen. Dann, ganz langsam schlägst du die Kanten des Seidenpapiers ein, bedeckst den Wunsch, den übergroßen. Einatmen. Ausatmen. Du verschließt die Schachtel und stellst sie, ohne noch weiter zu zögern und vor allem, damit du keine Zeit hast, es dir anders zu überlegen, ins Regal und hoffst, dass sie dort nicht zu sehr rumlärmen und zappeln wird.

Einatmen. Ausatmen.

Und dann, vielleicht demnächst, vielleicht irgendwann, vielleicht bald, vielleicht nie wirst du nachsehen, wieviel noch von der Größe übrig geblieben ist und ob du die Schachtel noch brauchst.

Ein.

Aus.

Ein.

Katja

Momentbestandsaufnahme

Dann bist du krank und zwei Tage geht gar nichts und der Kopf ist wie mit Watte gefüllt und die Welt rundum dumpf und obwohl dich das ganze Kranksein – schon wieder Kranksein – nervt, bist du doch ganz froh über die Watte im Kopf und die Ruhe, die daraus entsteht, denn da wo viel Watte ist, ist kein Platz für allzu viele Gedanken. Da können sie überhaupt nicht ausholen und kreiselnkreiselnkreiseln und noch eine Schleife und sich verheddern und aufundab und dich dabei mitreißen. Zwei Tage Ruhe, zwei Nächte mit immerhin einigermaßen ausreichend Schlaf und dann ist diese ganze Krankseinfunktionsshice so ins System integriert, dass das Grübeln, einfach so, wieder nebenbei funktioniert und da ist zwar immer noch Watte im Kopf, aber die Zweifel drücken sie immer fester zusammen, nehmen immer mehr Raum ein, machen sich breit, kreiselnkreiseln und von vorne. Zu viele offene Baustellen auf einmal und du kommst nicht mehr hinterher beim Sortieren und Einordnen.

Und dann ist da so viel Traurigkeit in den letzten Tagen und Wochen und immerhin davon weißt du mittlerweile, was es mit ihr auf sich hat oder hast zumindest eine ziemlich starke Ahnung darüber, weißt, dass sie zwar im Jetzt getriggert und ausgelöst wird, aber eigentlich so weit in die Vergangenheit gehört, wie du überhaupt nur denken kannst. Du schaffst es zum ersten Mal, dir diese alte Sache überhaupt anzuschauen, nicht wegzuzucken, sie nicht wegzuschieben, sondern die Gefühle zuzulassen und den uralten Schmerz und das, wo er herkommt, zu betrachten, die Verzweiflung und Not zu spüren und das kostet Kraft und ist unendlich anstrengend, aber trotzdem ist da auch so etwas wie Hoffnung in dir, dass dir das Loslassen vielleicht doch irgendwann noch gelingen wird…

Katja

Irgendwas mit Aufräumen, innen.

Ich staune immer wieder darüber, in welchem Ausmaß ich „betriebsblind“ bin. Dabei sollte ich das langsam wirklich gelernt haben. Dinge, die so tief reingehen, sind selten selber dafür verantwortlich, sondern triggern meist irgendetwas Altes tief in mir. Gestern dann _endlich_ der fallende Groschen, bezüglich dessen, was da gerade in meinem Kopf solche Kapriolen schlägt. Natürlich brauchte es den Impuls von außen, den Gedanken, gar nicht mal im konkreten Zusammenhang, der mich drauf brachte.

Seitdem arbeitet es immer noch in mir, denke ich immer noch auf der Sache rum, aber anders. Aufgeräumter. Das sind jetzt gute oder zumindest okaye Gedanken, klärende, aufdröselnde, besonnene(re), keine hilflosen, ohnmächtigen, verzweifelten. Der schlimme Selbsthass und die Zweifel der letzten Tage sind leiser und ich fühle mich ein Stück weit entzombiefiziert, fast schon menschlich.

Fehlt nur noch, dass der Kopf insgesamt leiser wird und ich hoffentlich irgendwann mal wieder abends einschlafen kann. Also zu einer vernünftigen Zeit.

*

Und dann außerdem heute einen schlimmen Angsttermin geschafft.

„Weißt du eigentlich, wie stark du von außen wirkst, dadurch dass du so massiv offen mit deiner Angst umgehst?“ fragte der beste Freund mich vor Jahren irgendwann und daran musste ich heute denken als ich gegen die Angst anredete, nicht versuchte, sie zu verbergen, sondern sie einfach offen auf den Tisch zu legen. Und während ich das machte und die (aufmerksame!) Reaktion des Gegenübers wahrnahm merkte ich, wie die Schultern zurückgingen und ich den Blick heben konnte und wie ich mich tatsächlich – genau in dem Moment, wo ich mich durch das Preisgeben meiner großen Schwächen ja _eigentlich_ so verletzbar und angreifbar machte – auf einmal stark und geschützt fühlte. Es kann niemand rausfinden, was mit mir „nicht stimmt“, wenn ich es nicht als verbergenswert erachte und verstecke. Gute Erkenntnis. Guter Termin.

Alles gut gerade. Zumindest so viel besser als die letzte Zeit. So kann’s bitte bitte erst mal bleiben. Ich hab keine Kraft mehr für diese emotionale Achterbahn und kann die Pause dringend brauchen.

Katja

Eine mit so fröhlich leuchtenden Pünktchen

(Für M.)

Und dann stehst du da, ein kleines Stück deines Herzens in den Händen und du hast es extra verpackt ins schönste Geschenkpapier, das du hast und dann noch eine kleine Schleife drumherum gebunden, eine mit so fröhlich leuchtenden Pünktchen drauf und du streckst die Hände vor, bereit es zu verschenken, jemanden hineinzulassen, der eigentlich ja längst schon drin ist und der guckt von dir zu deinen Händen und zurück und sagt, ach komm lass mal, das kann ich gar nicht brauchen, dafür hab ich keine Verwendung, das kommt mir irgendwie ungelegen und das ist doch eigentlich auch gar nicht so richtig was, und dein Lächeln erstirbt und du lässt beschämt die Hände sinken, würdest selber am liebsten im Erdboden versinken, guckst zu Boden und du brauchst eine Weile, versuchst, den Kloß im Hals runterzuschlucken, gehst langsam und zögerlich einen Schritt rückwärts und dann noch einen, während im Kopf laut der „du-hast-es-wieder-mal-vergeigt-Chor“ schon mal lossingt, in voller Lautstärke und schief, während das „du-bist-halt-einfach-nicht-liebenswert“-Orchester noch schrill seine Instrumente stimmt und du sagst, lasst mich, lasst mich doch, und willst nicht wahrhaben, was so wahr ist, hast so viele Abers im Kopf und im Herzen, aber irgendwann wird dir klar, dass du manche Dinge nicht verschenken kannst, auch wenn du sie wirklich als Geschenk meinst und du gehst traurig noch einen Schritt zurück und noch einen, während du das leise Klirren, das aus der Verpackung in deinen Händen kommt, hörst und du versuchst, tapfer die Zähne zusammenzubeißen und dir zu sagen, dass es zumindest nicht nur dein Verlust ist, aber du beißt dir dabei nur von innen in die Backe.

Katja