Ich glaube, Emerson hat irgendwo geschrieben, eine Bibliothek sei so etwas wie eine Zauberhöhle voll von Toten. Und diese Toten können neu geboren, wieder zum Leben gebracht werden, wenn man ihre Seiten öffnet.
Über Bischof Berkeley […] schrieb er, wie ich mich entsinne, der Geschmack des Apfels liege weder im Apfel selbst – der Apfel kann sich selbst nicht schmecken – noch im Mund des Essenden. Zwischen beiden ist ein Kontakt nötig. Das gleiche geschieht mit einem Buch oder einer Sammlung von Büchern, einer Bibliothek. Was ist denn schon ein Buch an sich? Ein Buch ist ein physisches Objekt in einer Welt physischer Objekte. Es ist eine Serie toter Symbole. Und dann kommt der richtige Leser vorbei, und die Wörter – oder besser die Dichtung hinter den Wörtern, denn die Wörter selbst sind bloße Symbole – werden lebendig, und wir haben einer [sic!] Auferstehung des Wortes.(Jorge Luis Borges, Das Handwerk des Dichters, S. 8/9)
Wie wahr das ist und wie sehr Lesen eine wechselseitige Beziehung zwischen Buch und Leser ist, wird mir in letzter Zeit immer deutlicher bewusst.
zB wenn ich manches Buch nach 20 Jahren mal wieder lese, was mich früher sehr fasziniert hat und das jetzt jeglichen Zauber von früher verloren hat. Oder wenn ich daran denke, dass ich den kleinen Prinzen als ich ihn mit 6 oder 7 geschenkt bekam, ziemlich langweilig fand, aber er als ich ihn mit 15 nochmal las, direkt mein Lieblingsbuch wurde. Oder dieses Buch aus dem das Zitat stammt, das ich vor 3 oder 4 Jahren geschenkt bekam und das zu lesen ich 2 oder 3 Mal begann, das ich aber immer wieder weglegen musste und jetzt auf einmal sitze ich da, lesend und bei fast jeder Zeile lächelnd oder nickend.
Die Bücher sind ja noch genau die gleichen, also muss die Veränderung in mir liegen, in meiner Wahrnehmung.
Und das stimmt ja nicht nur für’s Lesen.
Katja