Knäuel

Keine Ruhe im Kopf. Wieder mal. Zu viele Dinge, um die die Gedanken gleichzeitig kreisen und kreisen und weiterkreisen und dann scheint es als würden sie Fäden oder doch zumindest fadenartige Spuren hinter sich herziehen und je wilder alles kreiselt, desto mehr verheddert sich der ganze Mist im Kopf. Und ich sitze da, rolle den aufgewickelten, verhedderten Gedankenschnurwollball von der linken Hand in die rechte und wieder zurück, betrachte den wüsten Mix aus Farben und Mustern und finde wieder mal keinen Anfang, keine Stelle, an der ich anfassen kann und von wo aus ich mich ans Entwirren machen könnte. Irgendwie ist das tatsächlich ähnlich wie bei einem neuen Wollknäuel. „Man muss immer den Fadenanfang im Knäuelinneren suchen“, habe ich als Kind von meiner Oma gelernt, „weil sich dann alles ganz leicht einfach von innen rausziehen lässt“ und nicht rumkullert und sich auf’s neue verheddert, wie es passiert, wenn man einfach den äußeren losen Faden nimmt. Meine Oma konnte das wirklich perfekt. Von beiden Seiten steckte sie Zeigefinger, Mittelfinger und Daumen ins Wollknäuel, tastete ein bisschen rum und voilà, kurze Zeit später zog sie lässig die Finger wieder raus und hatte den Fadenanfang zwischen den Fingern.

Bei mir sieht das leider ganz anders aus. Ich stecke die Finger, genau wie meine Oma, ins Knäuel, dann taste ich und fühle und suche und am Ende habe ich das halbe Knäuel Wolle rausgerissen, verknotet und vertüdelt, aber den Anfang sehe ich immer noch nicht und das ist jetzt am Ende des Bildes mehr Parallelität zu meinem aktuellen Gedankenschnurwollball als mir lieb ist.

Katja

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