Momentaufnahme/Bestandsaufnahme (Irgendwas mit Selbstakzeptanz)

Bis vor ein paar Tagen hatte ich für eine ziemlich lange Zeit die beiden Sätze

Denkt (zu) viel. Fühlt (zu) viel.

als Charakterisierung in meiner Twitter-Kurzbeschreibung stehen. Für eine noch viel, viel, viel […] längere Zeit waren genau das zwei meiner Grundgedanken/-gefühle und über das Gefühl stets irgendetwas ZU zu sein, habe ich hier mindestens schon einmal gebloggt. Immerzu immer zu. Immer falsch und verkehrt und das war oft der Einstieg in eine Spirale aus Selbstzweifeln und Selbsthass.

Seit ein paar Tagen und Wochen oder vielleicht auch schon Monaten merke ich, wie sich mein Denken und Fühlen dahingehend ändert. Ich glaube, ins Rollen kam dieser Stein durch viele geduldige Gespräche mit einer Freundin, die mich zum ersten Mal fest in die Richtung geschubst hat, meine von mir als Makel empfundenen Eigenschaften als meine Stärken zu sehen. Das bin ich.

Vor ein paar Tagen, als sich andere Dinge, die mir das Herz schwer gemacht haben, ein bisschen gelichtet haben, ist mir klar geworden, wieviel weiter ich auf diesem Weg in der letzten Zeit tatsächlich gekommen bin, wie oft ich – wenn ich merke, dass ich mich wieder mal am Anfang der ‚ich bin falsch, wie ich bin‘-Gedankenspirale befinde – selber wieder korrigieren kann. Ich denke viel. Ja. Aber so bin ich und das ist ok. Ich fühle viel. Ja. Aber auch das bin ich und das ist ok wie es ist. Gedanken abbiegen lassen, ganz bewusst den schädlichen Einhalt gebieten. Gerade gelingt es mir besser als möglicherweise je zuvor, denn wenn dieser folgende Selbsthass und das Verkehrtfühlen erst gar nicht richtig durchstarten, sondern ich die Stellen, an denen das passiert, rechtzeitig bemerke und/oder von einem der großartigen Menschen in meinem Leben, zeitig ausgebremst werde, erst gar nicht in Gang kommen, ist der Weg hinaus deutlich kürzer.

Ich habe die lange getragenen Klammern – und nicht nur jene um den Text – endlich aus meinem Profil und hoffentlich auch aus meinem Kopf entfernt.

Denkt viel. Fühlt viel.

Und weil Heiko mich auf den wunderbaren Gedanken brachte, dass die Klammern ja jetzt eigentlich übrig sind, mag ich sie nutzen, um all jene mal fest virtuell in die Arme zu schließen, die einen ordentlichen Anteil an der Entwicklung haben – dadurch, dass ich bei ihnen so sein darf, wie ich bin und dadurch, dass sie mir das Gefühl geben, so wie ich bin, richtig und ein liebenswerter Mensch zu sein. Es ist viel leichter, das im eigenen Kopf zu implementieren, wenn man das als Feedback und Input von außen bekommt (und ich weiß nicht mal, ob das so verwerflich ist, nicht ganz alleine an den Punkt zu gelangen sondern von dieser Bestätigung von außen zu zehren). Meine lieben Freunde – und wer sich hier gerade angesprochen fühlt – ist vermutlich gar nicht so falsch in der Annahme auch gemeint zu sein. Danke! Schmag euch. Sehr! ❤

(( ))

Katja

 

Werbung

Heureka

„Mooooment! Das will ich jetzt aber nochmal genauer hören. Vor allem, wie’s Ihnen dabei ging.“, sagt der beste Therapeut und guckt mich belustigt an.

Kurz zuvor war ich gleichzeitig mit einem dpd-Boten auf seiner Treppe angekommen, der überaus freundlich und charmant eine ganze Sackkarre voller Pakete auslieferte und sie allesamt die Treppe hochschleppte und den Therapeuten nicht mit anpacken ließ.

„Na der war aber freundlich.“, sage ich kurz drauf als ich mich auf den mir nun schon seit fast 2 Jahren so vertrauten Stuhl, in dem vertrauten Raum fallen lasse und während der Therapeut meine Versicherungskarte wegen des neuen Quartals einliest, erzähle ich ihm was ca. 1 Stunde vorher bei mir los war.

Als ich gerade aus der Dusche komme und nur in ein Handtuch gewickelt bin, klingelt es, direkt 3, 4 Mal. Weil wir keine Gegensprechanlage, keine Türsummer und nix haben, ich aber sehen konnte, dass ein UPS-Wagen vor der Tür hält, öffne ich also das Badezimmerfenster und rufe runter. Der UPS-Typ antwortet, dass er ein Paket für [Name der Nachbarn] hätte. Ich sag ihm, dass ich nicht runterkommen kann, weil ich mich erst anziehen muss, er’s aber gerne vor der Tür abstellen kann und ich’s dann reinhole, sobald ich angezogen bin. Fenster zu, angefangen mich einzucremen. Ein paar Minuten später klingelt’s erst einmal, dann 30 Sekunden später Sturm. Fenster auf. „Komm runter, ich hab Paket.“ „Ich bin immer noch nicht angezogen, stellen Sie’s doch einfach vor die Tür.“ „Mach Tür auf.“ „Geht nicht. Wir haben keinen Türöffner, dafür müsste ich auch runterkommen. Stellen Sie’s doch einfach vor der Tür ab. Ich hol’s in ein paar Minuten rein.“ „Mach Tür auf. So eine Verschwendung von meiner Zeit. Ich hab jetzt 10 Minuten wegen einem Päckchen verloren. Wenn nicht Tür aufmachen, nehm ich wieder mit. So ein Unverschämtheit. Hab das ganze Auto voll Pakete und muss hier so viel Zeit verschwenden.“ „Was genau ist denn Ihr Problem? Sie haben jetzt zwei Möglichkeiten: stellen Sie’s vor die Tür oder nehmen Sie’s wieder mit. Ich komme sicher nicht, nur in ein Handtuch gewickelt, runter.“ Dann höre ich nur noch ein Fluchen und mache das Fenster wieder zu. Als ich später runterkomme, steht da natürlich kein Paket, das hat er wieder mitgenommen.

Und während ich dem Therapeuten die Geschichte erzähle, geht mir selber ein Licht auf, weswegen er da nochmal nachgefragt hat und es ist wieder einmal einer dieser „Heureka“-Momente in der Therapie.

Wenn mir die gleiche Geschichte noch vor einem Jahr passiert wäre, wäre ich vermutlich in Tränen aufgelöst in der Therapie gelandet, dafür dass da jemand so offensiv und unfreundlich auf mich reagiert, wo ich doch eigentlich IHM (und den Nachbarn) einen Gefallen tun will, damit er nicht nochmal wiederkommen muss. Ich wäre in der Situation am Fenster völlig überfordert gewesen und mir hätten die Worte gefehlt und mich hätte das Erlebnis für den Rest des Tages beschäftigt und vermutlich noch darüber hinaus, mich immer wieder fragend, was ich denn wieder falsch gemacht habe und ob ich das hätte abwenden können. Es wäre doch jetzt wirklich nicht so ein Umstand gewesen, wenn ich mir fix was übergezogen und runtergerannt wäre…

Stattdessen war es so, dass ich – nur eine Stunde später – das Erlebte (nachdem ich ein paar wütende Tweets geschrieben hatte) fast schon wieder verdrängt hatte und überhaupt nur auf die Idee kam, es dem Therapeuten zu erzählen, weil sein freundlicher dpd-Bote so ein krasses Kontrastprogramm zu dem kurz vorher Erlebten war. Das war gleich im doppelten Sinne eine glückliche zeitliche Koinzidenz – zum einen, weil ich nur noch alle 4 Wochen Therapietermin habe und wenn das Erlebnis nicht so superfrisch gewesen wäre, hätte ich gar nicht mehr daran gedacht, es zu erzählen, zum anderen weil just in dem Moment die Pakete beim Therpeuten ankamen. Und beides zusammen hat dazu geführt, dass mir wieder einmal bewusst geworden ist, welche Fortschritte ich tatsächlich in den letzten 2 Jahren gemacht habe. Das sehe ich ja leider viel zu selten. Man merkt ja eher die riesengroßen beängstigenden Dinge, die man nicht kann. Die, die auf einmal gehen, sind ja so sehr geschrumpft und zu Alltäglichkeiten geworden, dass man sich ihrer nur selten derart bewusst ist, wie ich in dieser Therapiesitzung.

Ich kann wütend werden und mich über andere ärgern und ich kann das ausdrücken. Ich lasse mir nicht mehr alles gefallen und suche nicht mehr immer bei mir die Schuld und den Fehler. Und ich fühle mich nicht mehr für die Lösung der Probleme von anderen zuständig und verantwortlich. Ich muss es nicht mehr allen recht machen, schon gar nicht mehr gänzlich Unbekannten, die noch dazu unfreundliche Menschen sind. So klein das ist, so groß ist das für mich.

Und ich musste das jetzt unbedingt hier festhalten, damit es – weil es ja so etwas Alltägliches geworden ist – mir nicht entgleitet und ich hier was zum dran Festhalten habe, wenn ich wieder mal mutlos denke, dass es gar nicht voran geht. Auch wenn mir ansonsten gerade wieder mal die Zeit zum Bloggen fehlt, weil ich – ich glaube es selber kaum – andauernd unterwegs bin und andauernd tolle Sachen mache. Zuletzt: 4 Tage Paris in der letzten Woche (was ich zwar auf Twitter intensiv kundgetan habe, aber hier schändlicherweise nicht mal erwähnt).

Vielleicht muss das so sein, dass das Leben manchmal schneller ist und ich hier nicht hinterherkomme – auch wenn es mir arg leid tut und mir die Zeit zum Bloggen wirklich oft fehlt. Dafür tut das viele Leben aber gerade (meistens) auch sehr gut.

Geht’s euch auch gut?

Katja

Memo für mich.

Morgen kommt Ralph zu Besuch.

Den Satz kann ich gerade mit entspannter Lässigkeit sagen bzw. tippen und deswegen muss ich das dringend mal hier festhalten. Also nicht die Tatsache, dass Ralph mich (schon zum wiederholten Male) besucht, sondern dass ich dabei mittlerweile so ruhig bleibe, ist das, was ich dringend aufschreiben muss.

Es ist noch kein Jahr her, dass wir uns zum ersten Mal begegnet sind und vorher hat Ralph sicher schon ein Jahr lang versucht, mich zu einem gemeinsamen Kaffee zu überreden und ich war so ein unheimlicher Hasenfuß und wollte so gerne (wie so vieles andere auch) und habe mich doch nicht getraut. Immer die Angst, Menschen könnten mich „in echt“ nicht mögen. Immer die Angst, nicht zu genügen.

Wenn man sich selber verändert, ist einem das oft gar nicht bewusst, wie krass manche Änderungen sind (eine dahingehende Erkenntnis hatte ich heute auch noch in einem ganz anderen Bereich) und man muss erst mal einen Schritt zurücktreten, um nicht zu dicht dran zu sein, um es wirklich zu bemerken.
Der beste Freund ist für mich oft ein Indikator, der mich den Schritt zurücktreten lässt. Häufig kommt es vor, dass ich ihm etwas erzähle und er fängt schallend an zu lachen, weil ihm direkt auffällt, wieviel mutiger ich in den, jetzt schon über 9 Jahren, geworden bin, die wir befreundet sind. Wenn mich dann sein Lachen irritiert, erzählt er mir, wie jene Katja von vor einigen Jahren war – speziell was solche Sozialkontakte und den Mut, den sie mir abverlangen, angeht. Und es ist echt erstaunlich, dass ich manchmal seine Erinnerung und seine Hinweise brauche, um das selber überhaupt wahrzunehmen. Man merkt es manchmal wirklich gar nicht, wie sehr man sich verändert. Das geht ja auch selten von heute auf morgen in dieser ganzen Krassheit.

Dieses Mal brauchte ich sein Lachen gar nicht. Ich muss mich nur in der Wohnung umschauen, die gerade alles andere als tippitoppi besuchsfein ist, sondern eben ganz normal aussieht, wie wir hier so wohnen und ich muss daran denken, in welche panische Hektik ich noch vor einiger Zeit am Vorabend geraten wäre, wenn ich am nächsten Tag Besuch erwarte, weil dieses Aufräumen und Saubermachen bei mir so viel Angst und Nervosität kompensiert hat. Weil ich dachte, wenn hier nur alles ordentlich ist, kann es vielleicht darüber hinwegtäuschen, wie doof und wenig liebenswert ich „in echt“ bin. Und jetzt? *zuckt die Schultern* Jetzt sitze ich lieber hier und denke darüber nach, wie viel leichter es mir mittlerweile schon oft fällt, Menschen zu begegnen und wie lässig ich mich darauf freuen kann. Ganz ohne Panik.

Katja

Damals™ – wieder mal in Erinnerungen gekramt

Meinen ersten PC kaufte ich 1993. Ein 386er* mit 33 MHz Prozessor, 240 MB [sic!] Festplatte und 4 MB RAM. Damals im Fachhandel erstanden, zusammen mit einem frühen Tintenstrahldrucker für schlappe 3.700 DM. Im Fachhandel, weil ich ja selber noch gar keine Ahnung hatte und ich hoffte dort auf guten Service, falls ich mit der Kiste gar nicht zurecht käme. Der Verkäufer versicherte mir damals – und ich glaube wirklich, dass er das wirklich glaubte – dass es zwar auch schon 486er* gäbe, solche Höllenmaschinen aber niemand im normalen Hausgebrauch je benötigen würde.

Weil im Fachhandel gekauft, kam der Rechner mit vorinstalliertem Betriebssystem: MS-DOS (ich glaube in Version 1.3) und darauf aufsetzend Windows 3.11. Ganz zu Anfang nutzte ich aber Windows kaum, weil es so viele DOS-Anwendungen gab. Als Dateimanager hatte ich den Norton Commander und ich erinnere mich noch, dass mir dann später irgendwann die Umstellung auf Windows ungeheuer schwer fiel.

Die erste Hardwareergänzung, die ich selber vornahm, war etwa ein halbes Jahr später. Da stockte ich den Arbeitsspeicher von 4 MB auf 8 MB auf. Für die 4 MB RAM zahlte ich damals bei einem Freund einen Freundschaftspreis von 200 DM. 200 Mark für 4 MB RAM. Irrsinn.

*

Bis ich den ersten Internetzugang zu Hause hatte, vergingen noch 4 oder 5 Jahre. Ich weiss nicht mehr genau, ob ich den schon in 1997 oder doch erst in 98 bekam. Damals musste ich das Telefon ausstöpseln, wenn ich mit dem 56k-Modem online gehen wollte und während das Modem seine seltsam gurgelnden Einwahlgeräusche machte, konnte man lässig auf’s Klo gehen und sich einen Kaffee holen.

Damals war für mich die großartigste Errungenschaft dieser neuen Zeit und Technik die Möglichkeit, Musik im Internet runterzuladen und mir war damals nicht mal bewusst, dass das illegal war. Immerhin nutzten alle Napster und eines der Themen, um die es damals im ICQ oder IRC immer wieder ging, war die Downloadrate beim Musik“saugen“. Um einen einzigen Song mit 3-4 MB Daten in schlechter Qualität runterzuladen brauchte man, wenn die Verbindung gut war, etwa eine halbe Stunde. Riss die Verbindung zwischendrin ab (oder die desjenigen, bei dem man im p2p-Netzwerk runterlud), musste man wieder von vorne anfangen, erst später konnte man an abgebrochene Downloads anknüpfen.

*

Zum allerersten Mal gechattet habe ich via ICQ. Kurz nachdem ich damals das Programm installiert hatte, sprach mich über diese Random-Funktion ein Australier an. Ich weiss noch, dass ich furchtbar aufgeregt war. Ein Australier! Jemand, der am anderen Ende der Welt lebt und dessen geschriebene Worte doch in Sekunden auf meinem Monitor erschienen. Wahnsinn! Irrsinn! Die Welt war vorher riesengroß gewesen und auf einmal waren die Kontinente für mich ein Stück dichter zusammengerückt.

*

Manchmal, muss ich mal bewusst an solche Dinge zurückdenken. Der erste Rechner ist knapp über 20 Jahre her und seitdem hat sich die/meine Welt in einem unfassbaren Ausmaß verändert.

Ich finde es schier unglaublich, wie billig heutzutage PCs im Vergleich sind und wie schnell Rechner und das Internet (und dass es mir trotzdem oft zu lange dauert). Und wie unglaublich klein die Welt geworden ist, wie unglaublich nahe die Gedanken und Ideen von so vielen Menschen überall auf der Welt.

Und ich finde es noch unglaublicher und faszinierender, dass ich der letzten Generation angehöre, für die das Internet keine Selbstverständlichkeit ist, mit der man schon aufgewachsen ist. Heute laufen teilweise schon Grundschüler mit eigenen Smartphones rum und Weihnachten saß der kleine zweijährige Neffe des Mitdings da und tippte fasziniert auf dem iPad rum und wusste ganz genau, was er da bei der Bauernhof-App antippen musste. Unser erstes Festnetztelefon bekamen wir als ich in der 3. oder 4. Klasse war, vorher war es gang und gäbe, dass die Verwandten bei den Nachbarn anriefen, die schon länger einen Anschluss hatten und dass die Nachbarin dann über den Hof geeilt kam, um meine Mutter an den Apparat zu rufen, der natürlich auf einem Tischchen mit Spitzendeckchen im Flur stand, fest mit seinem Kabel in der Wand verankert.

Katja

(*Für die Jüngeren unter uns: man sprach das dreisechsundachtziger bzw. viersechsundachtziger.)