Mit Anlauf.

Du merkst genau die Stelle mit dem Bruch, an der es leise in dir Pling macht und an der die Gedanken Anlauf nehmen, um wieder auf ihre gewohnten eingetretenen Kreisbahnen zu galoppieren. Du merkst die Stelle und du kommst nicht dagegen an. Du weißt genau, was da in dir passiert, weil es schon dutzende, hunderte, tausende Male passiert ist und kannst dich nicht wehren. Kannst nur versuchen, wenigstens einen Teil von dir, soweit aus dem Gedankenzirkus raus zu halten, dass du dir das ganze von außen betrachten kannst. Endlich mal zu- und draufgucken, versuchen zu verstehen, was dein Kopf da mit dir veranstaltet, in dir anrichtet.

Es geht seit Wochen und Monaten immer um die gleichen Themen. Selbstzweifel vs Selbstvertrauen. Und dafür, dass es um Selbstdinge geht, bist du viel zu wenig bei dir. Auch das weißt du und auch dagegen kommst du nicht an. Fühlst dich, obwohl doch verdammt nochmal eigentlich endlich der Frühling kommen sollte, die meiste Zeit wie ein Herbstblatt, das im Wind hin- und hertaumelt und du weißt nicht mal, ob ein Sturz nicht einfach besser wäre. Mit dem Gesicht nach unten zu Boden und einfach liegen bleiben. Einfach so bleiben. Manchmal erscheint dir alles besser, als dieses hilflose und nicht besonders selbstbestimmte Rumtaumeln. Aber vermutlich lägst du dann einfach nur auf dem Boden rum und das Denken und Grübeln und Zergrübeln würde doch nicht aufhören. Immerhin etwas, das du wirklich verdammt gut kannst.

Und dann ärgerst du dich wieder über dich selber. Fragst dich zum dutzendsten, hundertsten, tausendsten Mal, wieso du so bist, wie du bist. Wieso du so wenig aus deiner Haut kannst. Aus deinem Kopf kannst. Wieso du alles immer so verdammt kompliziert machen musst. Kompliziert denken. So lange denken, bis alles kompliziert ist. Und du galoppierst weiter in die nächste Spirale und der Selbsthass ist dir auf den Fersen. Und dann gleich noch ein bisschen mehr davon, weil er ins Quadrat springt über der Frage, warum du dich nicht einfach mögen kannst. Selbsthass als Auslöser von Selbsthass und du hasst deinen metaschwurbelnden Kopf noch ein bisschen mehr. Und wenn schon nicht mögen, warum nicht wenigstens akzeptieren, dass du du bist. Klar, natürlich sind da Dinge an dir die du ändern kannst. Aber vermutlich nicht dieses Grundsätzliche. Dieses immer und immer und viel zu viel denken. Und du kannst nur hoffen, dass es irgendwann vielleicht nicht mehr so viele Selbstzweifel sind, die dir durch den Kopf jagen. Dass da irgendwann vielleicht mehr Antworten als Fragen sind.

Katja

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Dieser Moment

…, wenn du das fehlende Puzzleteil, das du wochenlang überall gesucht hast, dann endlich irgendwo in der hinteren Ecke unterm Schrank findest. Wenn du es an seinen Platz legst und auf einmal das Motiv klar erkennen kannst, weil es nicht nur einfach ein fehlendes Teil, sondern DAS fehlende Teil war. Das Muster, dieses altbekannte, dieses vertraute, von dem du so lange nicht wusstest, welches es ist, liegt auf einmal deutlich vor dir und du merkst, wie du aufatmen kannst, wie du die anderen Teile in die Hand nehmen kannst und in Ruhe betrachten, wo sie hinpassen. Wenn es Klick in dir macht und sich ein Knoten endlich (endlich!) auflösen lässt oder zumindest schonmal lockerer ziehen, weil er auf einmal nicht mehr wie eingebrannt fest sitzt. Und wenn du dann merkst, dass da auf einmal wieder Platz in dir drin ist und Luft und Licht. Beim Aufräumen und Sortieren kannst du Dinge an ihre Plätze verräumen und nicht einfach nur einmal oder zweimal oder dreimal im Kreis tragen ohne zu wissen, wohin damit.

Und dann, wenn dir klar wird, dass du vermutlich tatsächlich erst mal schmerzhaft auf den Knien landen und vor Schmerz ein bisschen unten  am Boden liegen bleiben musstest, damit dir das fehlende Teil da hinten unter dem Schrank überhaupt ins Auge fallen konnte, da mischt sich unter die Wut auch ganz deutlich ein Stückchen Dankbarkeit, weil du dieses Mal weißt oder zumindest zu wissen hoffst, wie du das mit dem Muster auf die Reihe bekommen kannst und dann hoffst du, dass der Autonomiegewinn durch die Erkenntnis dir erhalten bleibt und die nächste Zeit überdauern kann.

Time will tell. Aber gerade in zuversichtlich.

Katja

 

Nebelmeer. (nT)

(Klick macht groß.)

(Alles Cuxhaven, Elbe und Nordsee, Anfang April 2017)

Katja

Das bin ich!

Drei Worte, nur 9 simple Buchstaben – und mir die immer wieder zu sagen, ist in den letzten Tagen eine meiner schwersten Übungen. Dabei stammen sie nicht mal von mir, sondern von einer Freundin, über deren Präsenz und Geduld ich bei den inneren Grabenkämpfen, die ich derzeit mit mir selber austrage, unendlich dankbar bin.

Viel zu viel – eigentlich fast die komplette bisherige – Zeit meines Lebens, habe ich damit verbracht, mich falsch zu fühlen, so wie ich bin. Immerzu immer zu. Zu irgendwas. (Hier lang.) Zu emotional. Zu offen. Zu kompliziert. Zu anhänglich. Zu verletzlich. Zu nah. Zu empfindlich. Zu anstrengend. Zu schwierig. Zu ehrlich.

Ich möchte so gerne die vielen ‚zu‘ aus meinem Leben oder zumindest meinem Denken verbannen. Ja, ich bin emotional, offen, kompliziert, anhänglich, verletzlich, nah, empfindlich, anstrengend, schwierig, ehrlich. „Dein Herz macht immer 100% mit. Bei allem und manchmal ist das schön, manchmal weniger. Aber auch das macht Dich aus & liebenswert!!!“ schreibt jene Freundin mir (und ich hoffe, sie nimmt mir nicht übel, dass ich sie hier zitiere) und bringt mich damit erst mal zum Heulen – mitten unter Menschen. Ja, ich bin emotional (q.e.d.) und wenn ein Mensch genau jene Seiten an mir, die ich immer und ewig als Schwäche und Fehler empfinde, die manchmal alles so furchtbar kompliziert machen, als meine Stärke ansieht, als das, was mich ausmacht, ist das ein ziemlich krasses Gefühl.

Und vielleicht ist genau das der Gedanke, der mir dabei helfen kann, besser mit mir auszukommen. Das bin ich! Und das ist oft anstrengend (für mich und in meinem Kopf vermutlich in noch größerem Ausmaß als für mein Umfeld), aber es ist eben nicht per se schlecht. Ich kann nicht halbherzig und oberflächlich – auch wenn ich es manchmal wirklich gerne können würde, weil vieles dann vermutlich einfacher wäre. Aber dafür gibt es im Gegenzug auch immer Ganzherzigkeit und Verlässlichkeit von mir. Wenn Menschen einen Platz in meinem Herzen haben, dann haben sie den in der Regel auf Dauer. Und wenn sie gehen, bleibt auch nach langer Zeit meist eine freie Stelle, mit einer Silhouette desjenigen.

So langsam komme ich dahinter, dass es tatsächlich eine Superheldenfähigkeit ist, Menschen so nah an sich ranlassen zu können. Und das ist eine meiner Eigenschaften, die ich gegen nichts eintauschen möchte. Ich will Menschen nah sein, auch wenn das häufiger mal weh tut. Das gehört vermutlich irgendwie zu dieser Nähe dazu.

Wieder mal viel Auseinandersetzung mit mir selber gerade, same same but different, und vielleicht gerade ein Schritt vorwärts. Ein kleiner zumindest.*

Das bin ich!

Katja

[*Zumindest bis in 10 Minuten, wenn mein Kopf in die nächste Runde der ZU-irgendwas-Achterbahn einsteigt, den Selbsthasshaltebügel fest auf die Schultern gepresst…]

Spaziergang: Wortbeute – Bildbeute

Und dann raus, den Gedanken entfliehen, es zumindest versuchen, so tun als ginge das besser, wenn du dem Drinnen entfliehst, buchstäblich, dem eigenen Drinnen und dem zu Hause Drinnen, die Füße auf den Boden setzen, Bodenhaftung suchen, Schritt für Schritt für Schritt, so lange und schnell bis du nicht mehr merkst, dass du eigentlich zu dünn für das Wetter angezogen bist. Schritt. Bodenhaftung, der Gedanke geht dir seit Tagen durch den Kopf als er dir am Strand kam, wo du nicht nur auf dem Boden, sondern sogar ein deutliches Stück in den Boden eingesackt, standest, Bodenhaftung und dass sie dir vor einer Weile abhanden gekommen ist, zwischen all dem Tun und Machen und Unterwegssein. Schritt. Zu wenig Zeit mit deinem Kopf und Bauch, wobei das nicht stimmt und du verkneifst dir das eigentlich, weil es tatsächlich und nicht nur eigentlich nicht stimmt, zu wenig Zeit, in der du mit dir gut zurecht kommst, grundsätzlich mangelt es gar nicht so sehr an Zeit, aber du bist dauernd auf der Flucht vor dir selber. Schritt. Das, was dich beschäftigt, glitscht dir durch die Finger oder meinetwegen auch die Hirnwindungen, auf jeden Fall glitscht es und lässt sich nicht (be-)greifen, nicht fassen, nicht festhalten, aufdröseln, genauer betrachten, es flutscht und glitscht und rollt sich in einer Ecke zusammen und du bekommst immer nur wieder die gleiche Seite zu sehen, von der du genau weißt, dass sie nur ein Trugbild ist. Schritt. In Teilen ist es so wie es immer war, du ringst um Verstehen und Begreifen, um Worte, die das beschreiben können, was in dir los ist. Schritt. Neu ist, dass du nicht mal genau verstehst, was da in dir los ist, also ausnahmsweise nicht nur, wo es herkommt, sondern auch noch, was es überhaupt mit dir macht. Schritt. Und warum. Schritt. „Bleiben Sie bei sich“, dröhnt es in deinem Kopf und du fragst dich, wo du gerade überhaupt bist und wie du bei dir bleiben kannst, wenn du nicht mal weißt, wo du bist. Schritt. Also erst mal festen Boden suchen, dich auf das besinnen, was das für dich ausmachen kann, gucken, wo du stehst. Und dann weiter. Schritt für Schritt für Schritt. (Klick macht groß)

Katja