Von fallenden Altwährungsmünzen

Dieser Moment, wenn der Groschen* noch zwei-, dreimal auf der Kante wippt, sich dabei immer ein Stückchen weiter neigt und dann schließlich wie in Zeitlupe fällt…

Da ist auf einmal ein passendes „ACH DARUM“ und es muss so groß geschrieben sein, weil es so bedeutsam ist, weil die Frage, die dieses Darum beantwortet so groß und so alt und so beharrlich über Jahre und Jahrzehnte in einem gebohrt hat und gebrodelt und gegärt und manchmal mit einer solchen Heftigkeit, dass da kaum Raum für andere Gedanken und Fragen war. Ganz zu schweigen von dem Schmerz, den das Warum jedes einzelne Mal verursacht hat. WarumwarumWARUMwarumWaRuM?

Und dann, in der Therapiesitzung das Ringen und die Tränen und das um-Worte-Ringen und das Nachdenken und dann auf einmal dieser Groschen, der kreist und kreist und sich weiter neigt und dann in Zeitlupe fällt. Ach DARUM! Und das muss ein Ausrufezeichen haben und eigentlich noch einen Paukenschlag. Und es ist so verwunderlich, dass sich das eigentlich gar nicht angekündigt hat. Da war vorher nicht irgendwie so eine Musik, wie sie im Film ertönt, wenn es spannend wird, wenn gleich etwas passiert, wenn zB die Protagonistin ganz alleine über den dunklen Pfad geht und Schritte hinter sich hört und man weiß, jetzt muss gleich was passieren, das wird hier nicht einfach so aus- und weitergehen. Aber nichts. Eben noch die Tränen und das Ringen um Worte und dann auf einmal ist der Zusammenhang da und da sind gar nicht genügend Hände, um sie vor die Stirn zu patschen, weil es eigentlich so offensichtlich ist. Wenn man’s erst mal weiß, wenn man den Zusammenhang erst mal gefunden hat.

Danach völlige Erschöpfung. Stille. Das muss erst mal sacken. Langsam. Erst mal abwarten und sehen, was der Kopf daraus macht.

Katja

[*die Älteren hier werden sich erinnern, so nannte man früher 10-Pfennig-Stücke, die Noch-Älteren werden sich erinnern, dass es schon im Mittelalter Groschen gab und der Begriff bis zu dieser D-Mark-Münzgeneration weitergereicht wurde]

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#läuft_bei_mir

Und dann sind da diese Tage, an denen läuft’s echt ganz gut und du hast das Gefühl, mit der Lage klarzukommen und nicht einfach nur gerade so zu funktionieren. An denen kommst du damit klar, erst ewig auf den Handwerker zu warten und ihn dann stundenlang um dich rum zu haben, mit Kaffee und Werkzeug zu versorgen und bezüglich der temperamentvollen Nachbarn zu beruhigen, die direkt hinterher die Wohnung stürmen und die du spontan auf einen Espresso einlädst, während ihr euch immer wieder laut lachend an vorletzten Samstag erinnert, wo ihr ebenso spontan zusammen bis kurz vor 4 mit unfassbar viel Alkohol versumpft seid und dann schreibste noch eine Mail, natürlich auf Spanisch, an deine Spanisch-Stammtisch- formerly known as Spanisch-Kurs-Compañeros und traust dich endlich, sie zu dir nach Hause auf Tapas einzuladen, was du schon seit Jahren gerne getan hättest und dann fährste hin und triffst sie und freust dich, dass sie sich über die Einladung freuen und du bist zwar völlig geschafft, aber alles ist mal wirklich ok an diesem Tag.

Katja

Wie ich einmal ein Rezept wegen seines tollen Namens ausprobieren musste und dann war das auch noch lecker #1

Heute: Schakschuka

Man braucht für 2-3:

2 Zwiebeln
2-3 Zehen Knobi
1-2 rote (Spitz-)Paprika
1 Dose stückige Tomaten (400 g)
1 Flasche Passata (700 ml)
Tomatenmark
Salz und Pfeffer, am besten frisch gemahlen
1 TL Kreuzkümmelsaat (ganz)
1 TL Koriandersaat (ganz)
3 Kapseln Kardamom
1 Zimtstange
1/2 – 1 TL Chiliflocken
1 TL Paprikapulver (ich nehme immer geräuchertes, scharfes)
1 TL brauner Zucker
4-6 Eier (2 pro Nase)
etwas Olivenöl
2 Frühlingszwiebeln

Und so geht’s:

Zwiebeln und Knoblauch schälen und fein schneiden, Paprika waschen, putzen und in kleine Streifchen schneiden. Die Gewürze zusammensuchen, den Kardamom aus den Kapseln lösen und alle Saaten falls vorhanden im Mörser ein bisschen andrücken. (Wer keine Saaten hat: die gemahlenen Schwestern gehen auch).

Die Gewürze von Kreuzkümmel bis Chiliflocken in eine große Pfanne (trocken ohne Öl), für die man idealerweise einen Deckel hat, geben und bei mittlerer Hitze so lange anrösten bis sie zu duften beginnen. Dann aus der Pfanne nehmen, das Olivenöl erhitzen und die Zwiebeln und den Knoblauch für ein paar Minuten anschwitzen. Tomatenmark dazugeben, sämtliche Gewürze incl. des Zuckers wieder in die Pfanne und auch die Paprika dazu. Noch einen Moment unter Rühren anbraten und dann mit den Tomaten ablöschen, den Deckel auflegen und die Soße für ca. 45 min bei niedriger Hitze einköcheln lassen. Dabei immer mal umrühren, damit sie nicht ansetzt. Falls sie noch zu flüssig ist, den Deckel mal runternehmen. Das soll am Ende eine recht breiige Konsistenz haben.

Dann den Deckel von der Pfanne nehmen, die Zimtstange rausfischen und mit einem Esslöffel Mulden, in passender Anzahl für die Eier, in die Soße drücken. Die Eier einzeln in eine Tasse oder ein kleines Schälchen aufschlagen und vorsichtig, damit das Eigelb heil bleibt in die Soßenmulden gleiten lassen. Das Eiweiß ein bisschen mit der Soße verzwirbeln. Den Deckel wieder auflegen und die Eier für ein paar Minuten stocken lassen, sodass das Eiweiß fest wird, das Eigelb aber innen noch flüssig bleibt.

In der Zwischenzeit die Frühlingszwiebeln in feine Ringe schneiden und die Schakschuka damit bestreuen.

Auf die Teller, fertig los!

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Sieht unspektakulär aus, duftet und schmeckt aber durch die vielen Gewürze ganz großartig!

Katja

kurz zitiert #54

Es ging ihr ganz gut. Und zwar nicht im Sinne von »Mir geht es ein bisschen gut«, wie die meisten es meinen. Aus irgendeiner Sprachwendung hatte sich das »ganz« in seiner allumfassenden Definition in ihre Sprache rübergerettet.
Es ging ihr ganz gut. »Ganz« im Sinne von »Es geht mir universalunfassbarfantastisch gut«.

(aus: Thees Uhlmann – Sophia, der Tod und ich)

Möglicherweise die beste Stelle des Buches, der Rest ist eher so ganz gut, in einem Sinne, wie es die meisten meinen, aber diesen Gedanken mag ich sehr, das „Ganz“ wieder mal als allumfassende und nicht relativierende Ergänzung, das ist schon ein Satzschatz.

Katja

scattering like light

Seit Tagen und Wochen in Dauerschleife.

(Dank an Anne, die mir den Link letztens in die Kommentare legte und mich an den grandiosen Song erinnerte und wie gut er gerade passt.)

Small blue thing.

Katja

 

Nee, nee, das ist nur wegen der Zwiebeln.

Ich heule doch nicht, doch nicht schon wieder, alles gut, gehen Sie bitte weiter, es gibt hier nichts zu sehen – und wie ich mir sonst derzeit noch so großartig selber in die Tasche lüge, denn eigentlich geht’s mir seit Tagen nicht besonders gut. „Ich hab den Todestag meines Dads ohne Tränen rumgebracht.“ sag ich gestern Abend irgendwie stolz zum Mitdings, „quasi“ ergänze ich nur in Gedanken, denn beim Zwiebelschneiden hatte ich schon ganz schön heulen müssen. Aber hey, das lag doch nur an den Zwiebeln! Nur an den Zwiebeln…

In mir drin ist es gerade grau und das merke ich vor allem wieder einmal daran, dass ich nach außen verstumme. Da ist immer noch so viel Selbsthass in mir, wenn ich nicht so „funktioniere“, wie ich das meiner Meinung nach doch längst tun müsste. Wenn mir den ganzen Tag nach Heulen zumute ist. „Naja, es ist November.“, antworte ich gerade stets, wenn mich jemand fragt, wie’s mir geht. November, dieses Arschlochkind unter den 12 Monaten des Jahres. November, wo mein Dad Geburtstag hatte und gestorben ist, wo mein Opa Geburtstag hatte, wo mein Hund gestorben ist… Schon klar, dass ausgerechnet die Sonntage dieses Monats so herzerwärmend klangvolle Namen wie Totensonntag und Volkstrauertag tragen. Das passt alles, grau außen, grau innen. Immer wieder im November reißt es mich in dieses Loch und ich weiß nicht, ob es das tut, weil ich mir vornehme „öööy, aber dieses Jahr nicht!“ oder weil irgendwo in mir drin doch diese self fulfilling prophecy wohnt, die sich in ihr Novemberschicksal ergibt und es damit möglicherweise erst recht provoziert.

„Seien Sie nicht immer so streng mit sich“, sagt der Therapeut letztens als ich eine Sitzung lang quasi durchgeheult habe. „Das sind doch auch jede Menge Gründe zum Traurigsein, die Sie da aufgezählt haben.“ „Aber trotzdem…“, antworte ich und das ist die Ambivalenz in der ich gerade zerrissen werde mich gerade innerlich selbst zerreisse, zwischen „Mensch, eigentlich geht’s dir doch mittlerweile viel besser, was soll das hier denn jetzt?“ und dem Zugeständnis an mich selbst, dass es total ok ist, auch mal traurig zu sein und kein Grund, mich dafür selber fertig zu machen.

Und eigentlich würde es mir gut tun, mich dann nicht noch schlimmer einzuigeln, weil die Einsamkeit das Grau noch ein bisschen trostloser und einsamer und trauriger macht, es quasi erst richtig zum Leuchten bringt, nur dass es nicht leuchtet, sondern irgendwie das Gegenteil davon macht und dementorengleich alles Bunt verschluckt.

Noch 5 Tage, dann trägt der Monat wenigstens keinen so unseligen Namen mehr und irgendwo in mir macht irgendetwas ein kleines Häkchen hinter „das Schlimmste ist dann (hoffentlich) erst mal wieder geschafft“.

Katja

 

 

 

Wortbild

Der Himmel von bleigrauen, schweren Wolken verhangen, nur eine winzige Lücke, die hellblau leuchtet. Und dann größer wird und größer und auf einmal bricht die Sonne mit aller Gewalt hindurch, blendet auf dem nassen Asphalt. Die Welt im Zwielicht. Auf einem Feld leuchten die zarten Sprosse frischer Aussaat in einem so dramatischen Grün wie es das in der Natur nur bei so dramatischem Licht zu sehen gibt. Die Bäume der Allee werfen fahle Schatten, die Pfützen in den Ackerfurchen sehen aus wie eisgrau leuchtende Spiegel. Aus einem Schornstein quillt heller Rauch, der von der Sonne angestrahlt wird und vor dem dunkelgrauen Himmelshintergrund aussieht, als würde er von selber und innen heraus leuchten.

Und ich, im Auto unterwegs zum Einkaufen. Guckend, staunend, tief durchatmend. Wenn Hoffnung ein Bild malen würde, dann müsste es so aussehen. Diese zwielichtige Stimmung, dieses Leuchten, das durch den dunklen Hintergrund umso strahlender wirkt.

Katja