When the lights turned down, they don’t know what they heard
Strike the match, play it loud, giving love to the world
And we gonna let it burn
Katja
When the lights turned down, they don’t know what they heard
Strike the match, play it loud, giving love to the world
And we gonna let it burn
Katja
Es sind seit Wochen eigentlich wieder nur die kleinen Anzeichen. Ich merke, dass ich wieder ganz häufig und eigentlich grundlos losheulen muss. Ich merke, dass ich mich einigle, nicht rausgehe, wenn ich nicht sehr dringend muss, dass ich wenig kommuniziere. Ich merke, dass mir die täglichen Dinge des Lebens wieder viel mehr Kraft abverlangen, dass es mir manchmal unheimlich schwer fällt, mich aufzuraffen, überhaupt irgendetwas zu tun. Dann reisse ich mich zusammen, mache 1, 2 Tage lang furchtbar viel, weil ich weiss ‚viel hilft viel‘, denke ‚jetzt geht’s aber wieder‘ und falle im nächsten Moment wieder in mich zusammen, wie ein Luftballon, aus dem die Luft entweicht.
Ich will das nicht mehr und nicht wieder und ich beisse die Zähne zusammen. Ich will weder mir noch sonst jemandem gegenüber eingestehen, dass es mir eigentlich wieder viel schlechter geht, die Depression sich wieder in mir breit macht und mir Kraft und Mut aussaugt. Mir fehlt wieder die Erklärung, warum das denn überhaupt so ist. Es ist ja doch eigentlich gar nichts passiert, was diesen neuen Schub wieder ausgelöst haben könnte. Es ist ja nicht mal die dunkle und graue Jahreszeit, in der ich es ja wenigstens durch mangelndes Licht erklären könnte. Es ist nichts. Du darfst nicht fallen. Das summt die ganze Zeit in meinem Kopf. Als ob es die Depression interessieren würde, ob es einen Grund oder eine Berechtigung für sie gibt. Genau das ist es ja gerade.
Und in mir rattert die ewige Frage nach dem Warum. Nicht nach dem Warum ich überhaupt Depressionen habe (das weiss ich ja längst), sondern nach dem Warum zur Hölle ich es nach so vielen Jahren einfach immer noch nicht gebacken bekomme, darüber hinwegzukommen. Alle anderen bekommen ihr Leben auf die Reihe, nur du bist zu klein, zu unfähig, zu schwach, zu feige. Es ist immer und immer wieder die selbe Stimme mit den selben Worten im Kopf. Warum kriegst du’s nicht auf die Reihe?
Und dann wird es meta, denn es geht mir nicht nur schlecht, weil es mir eben gerade wieder schlechter geht, sondern auch noch, weil ich mich selber dafür fertig mache. Mir nicht zugestehen kann, dass es mir schlecht geht, wenn es keinen _objektiv anerkannten Grund_™, also known as Legitimation, dafür gibt, weil es dann nämlich wieder mal ein Zeichen persönlicher Schwäche und persönlichen Versagens ist. (Da ist schon wieder eine so große Diskrepanz in mir, denn es würde mich wahnsinnig ärgern, aufregen und auf die Palme bringen, wenn jemand sagte, Depressionen seien einfach nur ein Zeichen persönlichen Versagens und ich käme selber auch nie auf die Idee, das bei anderen so zu empfinden. Nur bei mir ist das so. – In Momenten, wo mir das auffällt, zweifle ich dann auch noch an meinem Verstand.)
Innerlich werde ich irre, im Kampf mit den eigenen Gedanken, als würden wirklich zwei Seelen oder Gehirne in mir streiten und das eine ist das klügere, das weiss, wieviel Schaden ich mir mit dieser Selbstabwertung immer selber zufüge und dass ich genau damit und mit der Unfähigkeit, mit mir selber liebevoll/verständnisvoll/tröstend umzugehen, vermutlich die Antwort auf die Frage, warum ich es nicht auf die Reihe bekomme(n kann), vor Augen habe. Aber dieser Teil von mir kommt nicht gegen den anderen an, denn der ist viel älter und stärker und führt sich auf wie ein brünftiger Platzhirsch.
Nach aussen merke ich, wie ich wieder in ein Vermeidungsverhalten rutsche. Nicht sagen/zeigen wie es mir geht, weil ich nicht weiss, wie ich es erklären könnte. Es ist so fucking schwierig zu sagen: ‚es geht mir schlecht. Nein, es gibt eigentlich keinen Grund dafür, also keinen akuten. Es geht mir aber trotzdem schlecht.‘
Ich weiss, wie hilflos ich mich demgegenüber bei anderen fühle, vielleicht ist auch das ein Grund dafür, dass es mir so schwer fällt, es auszusprechen, wenn es mir schlecht geht. Und immer noch haftet daran auch Scham. Kein Grund, keine Berechtigung, also Versagen. Schäm dich.
Und gleichzeitig steigt dann auch wieder diese Zusatzsuperduperbonustraurigkeit in mir auf, weil ich mich von allen abgeschnitten und isoliert fühle, weil niemand sieht und merkt, wer und wie ich bin. Und dann schäme ich mich wieder, denn wie könnte das jemand sehen und wahrnehmen, wenn ich so bemüht darum bin, die lächelnde Fassade nach aussen zu tragen und gar nicht sage und/oder zeige, wie es mir dahinter geht. Und wieder: Don’t blame it on sunshine, don’t blame it on moonlight, don’t blame it on good times, blame it on Katja.
Dann diese Momente, da fühle ich mich der Lösung (als ob es das tatsächlich so punktuell gäbe) so nahe. In den Augenblicken, in denen ich mitten im selbstabwertenden Gedanken merke, was ich da tue und innehalten kann. Aber das ist in der nächsten Minute schon wieder vorbei, weil dann die nächste Ebene schädlicher Gedanken einsetzt: Da schau her. Sie weiss sogar wie es geht und wie sie es aufhalten und lösen könnte und selbst dann kriegt sie’s nicht auf die Reihe.
Und dann lacht irgendetwas in mir, etwas anderes in mir höhnisch aus und ich sacke in mir zusammen.
You can run, but you can never hide
From the shadow that’s creepin‘ up beside you
Katja