Mal eben bitte Hand hoch:
Gibt es unter meinen Bloglesern jemanden, der bzw. die
a) gerne kocht und
b) Julie & Julia gelesen oder den Film gesehen hat und
c) zu diesem Zeitpunkt noch nie Boeuf Bourguignon gegessen hatte?
Ging es dir dann vielleicht auch so, dass du am liebsten alles stehen und liegen gelassen hättest und sofort einkaufen gestürmt wärst, um die Zutaten zu besorgen, die man benötigt, um das Gericht zu kochen?
Boeuf Bourguignon ist gleichzeitig klassisch und bequem, beeindruckend und schlicht, ein perfektes Gericht, wenn man einen Ruf zu verteidigen hat. Julia Child kochte es bei ihrer ersten Fernsehshow. Meine Mutter kochte es, als sie Dads Chef beeindrucken wollte. Und achtzehn Jahre später kochte ich es für einen bestimmten, äusserst wichtigen Menschen, von dem ich hoffte, er würde mich aus meinem beschissenen Sekretärinnenjob reißen und mir zu unbändigem Erfolg und Glück verhelfen. Eigentlich kochte ich es zweimal für diesen Menschen, aber davon später. Fürs Erste reicht die Feststellung, dass Boeuf Bourguignon wie Mayonnaise mehrere Anläufe benötigt (Mayonnaise braucht wesentlich mehr, finde ich!), aber wenn man es einmal drauf hat, kann man immer auf dieses köstliche Kunststück zurückgreifen. Wenn zum Beispiel Jason Bateman nach New York käme und sich zum Dinner bei mir einlüde, könnte ich ihm jetzt, dank Julia, ohne viel Hokuspokus einen köstlichen französischen Rindfleischeintopf zaubern.
(Julie Powell, Julie & Julia, Seite 45)
Da ich das Buch letzten Oktober in Spanien gelesen habe, schied das sofortige Losstürmen bei mir aus und es dauerte auch noch bis vor einigen Wochen, bis ich mich wirklich an dem Rezept versuchte. Jetzt freue ich mich schon auf den nächsten Besuch meiner überaus kompliziert zu bekochenden Familie, weil das exakt eines der Rezepte ist, das alle Verschmähungen und Unverträglichkeiten berücksichtigt und das durch seine Zutaten hoffentlich die Gnade des Lieblingsneffen finden wird, der, seit er zum ersten Mal Coq au vin bei mir gegessen hat, nichts anderes mehr möchte, wenn er mich besucht.
Aus mehreren Rezepten zusammengefrickelt, hier meine Version, von der lässig 5 bis 6 satt werden:
1,5 kg Rindfleisch
1,5 l Burgunder oder einen anderen kräftigen französischen Rotwein
2 EL Mehl
Pfeffer und Salz, frisch gemahlen
250 g Dörrfleisch oder durchwachsener Schinken, nicht zu klein gewürfelt
300 g Möhren
300 g kleine Champignons
300 g Schalotten oder kleine Zwiebeln
2 Zehen konfierter Knoblauch oder 2 kleingeschnittene Zehen
einen Teefilter, der mit je 6-10 rosa Pfefferkörnern, Pimentkörnern, Wacholderbeeren, 2 Lorbeerblättern und Rosmarin (die Nadeln von 2 Zweigen oder 1 EL getrockneter) und Thymian (2 Zweige oder 1 EL getrockneter) gefüllt und zugeknotet oder mit Zwirn verschlossen wird
Butterschmalz oder Öl
Das Fleisch waschen, trocken tupfen und in ca. 2,5 cm große Würfel schneiden. Butterschmalz oder Öl in einem großen Bräter oder Topf erhitzen und das Fleisch portionsweise bei nicht zu starker Hitze rundum braun anbraten. Wenn alles angebraten ist, zurück in den Bräter damit, mit dem Mehl bestäuben und etwas bräunen lassen, dann mit einem Schluck Wein ablöschen, warten bis der Wein verkocht ist und den Vorgang etliche Male wiederholen. Je mehr Geduld man hier aufbringt, desto schmackofatziger wird die Soße. Zwischendrin salzen und pfeffern. Dann irgendwann den restlichen Wein und den Teebeutel mit Gewürzen und Kräutern dazugeben und für 1,5 bis 2 Stunden mit aufgelegtem Deckel bei niedriger Hitze köcheln lassen.
In der Zwischenzeit die Schalotten oder Zwiebeln putzen, aber ganz lassen. Die Möhren putzen und in mundgerechte Stücke schneiden, die Champignons putzen und wenn sie klein genug sind, ganz lassen, ansonsten etwas zerkleinern. In einer Pfanne in einem Schluck Öl das Dörrfleisch bzw. den Schinken mit den Schalotten anbraten. Dann den Knobi, die Champignons und die Möhren dazugeben und kurz mitdünsten. Nach etwa 15 Min in den Topf bzw. Bräter umfüllen und dort mitkochen lassen. Falls die Konsistenz der Soße noch zu flüssig ist, den Deckel abnehmen und die Herdplatte noch für einige Minuten hochdrehen, damit die Flüssigkeit etwas reduziert.
Dazu passt quasi alles – egal ob Salzkartoffeln, Nudeln, Spätzle, Reis oder Baguette – und natürlich schmeckt es nach dem Aufwärmen am nächsten Tag noch besser!
Mist! Jetzt hab ich mir selber Hunger gemacht. 😀
Katja
a) ja
b) ja
c) ja
Ein beeindruckender Name für einen Rinder-Gemüse-Schmortopf, der bestimmt richtig gut schmeckt! Welches Rindfleisch hast Du denn dafür genommen?
Ich hatte Bugbraten. Den nehme ich generell gerne zum Schmoren, auch wenn er am Stück bleibt.
Hmmm… und dazu dann noch selbstgemachtes Rotkraut… mal schauen, wenn ich mich mit Foto für das Sabbern hier revanchieren kann 😉
Au ja! Mein Foto lässt natürlich wieder mal zu Wünschen übrig. 😀 Ich kann zwar ganz gut Rezepte aufschreiben, aber hungrig ’nen Teller hübsch fotografierbar zu drappieren, übersteigt meine Fähigkeiten allemal.
Fein! Wenn du das mal wieder machst, sag Bescheid….ich komm‘ vorbei 🙂
Aye. 🙂
Gnihi, dein Nick ist ja gerade auch doppeldeutig! Schmort der Hamster oder wird er gar…?
Wenn Du wenigstens nur dir Hunger gemacht hättest 😉
Dagegen ist meine heutige Kost( Bratkartoffeln mit Sülze und dänischer Remulade), allerdings mehr als bescheiden 😦
Na dann, Guten Appetit…,
Michael
Janee, ich muss ja auch in die Röhre gucken. 😉
Gekocht hatte ich das schon vor 2 oder 3 Wochen, nur war ich bisher nicht dazu gekommen, das Rezept hier aufzuschreiben.
Heute muss die Küche hier nicht mehr als Brot ausspucken, ich habe ausnahmsweise überhaupt keine Lust zu kochen. 😀
a) ja b) ja c) doch! Die guten Varianten, die ich in Frankreich mit den Eltern oder auch mal daheim serviert bekam sind mir gut in Erinnerung. Der Mensa-Fraß in Strasbourg, der sich ebenso schimpfte war allerdings zum abgewöhnen. Wie gut, dass ich dank Dir nun ein Rezept habe 🙂
Oh berichte doch bitte, ob dabei eine gute Variante rauskam! 🙂
Sag ich Dir, klar!
Wusstest Du, dass sie heute 100 geworden wäre? (danke, Google Startseite;) )
Hihi, wusste ich! Natürlich nur durch die google Startseite. 😀
*hand heb*
Im Film sieht das ja fürchterlich kompliziert, aufwändig, langwierig und fehleranfällig aus – bei Dir klingt das wie ein Kinderspiel … ich glaube das setze ich für Herbstabende doch mal auf die Nachkochliste 🙂
Tanya, nach-Urlaub-kommentierend
Ich hatte auch ordentlich Respekt davor, weil ich nach Buch und Film dachte, es sei so fehleranfällig, aber das ging echt viel einfacher als gedacht. Und es ist so ein gut gästetaugliches Gericht. Also nicht nur für meine schneubige Familie sondern generell, weil man es herrliche vorbereiten kann und nicht viel in der Küche rumhantieren muss, wenn die Gäste am Tisch sitzen.
Ich bin heute übrigens durch die google Startseite bei youtube gelandet und dort von einem zum anderen Video klickend bei der – wenn ich das richtig verstanden habe – ersten Folge von Julia Childs Kochsendung gelandet und da hat sie ja Boeuf Bourguignon gekocht. Ich fand das Video komplett sehenswert und kann nachvollziehen, wie man diese Frau, die da mit einer Leichtigkeit mit ihren vielen Töpfen und Pfannen rumhantiert, verehren kann. 🙂
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