Es gab da im 18. Jahrhundert so ein Kloster und der Abt wollte, wie das wohl andernorts üblich war, eine Karfreitagsprozession durchführen. Dazu wurden von den Klosterbrüdern diverse auf dem Dachboden und sonstwo unter Gerümpel lagernde Körperteile einer Jesusstatue zusammengesetzt. Und weil die Teile in den Proportionen nicht zusammenpassten wurden Haar und Tücher ergänzt bzw. drumgewickelt. Und die Statue wurde in Ketten gelegt, weil es ja um eine Karfreitagsprozession ging, der Heiland also gegeißelt dargestellt werden sollte.
Ein paar Jahre später gelangte die Statue (nachdem sie länger beim Maler rumstand, der sie eigentlich restaurieren sollte, das aber nicht tat) irgendwie in Privatbesitz einer Bauernfamilie der Gegend. Nur einige Wochen später sah die fromme Bäuerin beim vertieften Gebet, das sie unter der gegeißelten Jesusstatue verrichtete, Tropfen in den Augen der Statue, was sie am nächsten Tag ihrem Beichtvater anvertraute. Eigentlich wollte die Kirche Stillschweigen über die Tränen bewahren, aber schon im nächsten Jahr strömten die ersten Wallfahrer in den Ort. Die kleine Kapelle, die in der Nähe des Bauernhauses für die Statue errichtet wurde, reichte schon bald nicht mehr aus, um die Pilgerscharen aufzunehmen und so wurde sieben Jahre nach den Tränen vom Abt der Bau der Wieskirche (Klick zu Wikipedia) in Auftrag gegeben.
Das ist, in Kurzfassung, die Geschichte der Statue des gegeißelten Jesu und der Wieskirche (Klick zur Kirchenseite), die man hier ausführlich nachlesen kann und die seit 1983 zum Unesco Welterbe gehört, was uns dazu bewogen hat, auf der Fahrt nach Innsbruck einen Abstecher über die Wies zu machen.
Während ich dem Lieblingsteddy die Geschichte vorlese, bin ich fast sicher, eine Träne in seinen treuen Knopfaugen zu erkennen. Vielleicht tränen ihm allerdings auch die Augen beim Anblick der Bilder, denn es braucht schon recht starke Nerven, um diesen Höhepunkt der spezifisch bayerischen Rokokokultur (wofür die Wies zum Welterbe gehört) anschauen zu können.
Ich besuche ja wirklich gerne Kirchen (also die Gebäude, ausserhalb von Gottesdienstzeiten), aber die Wieskirche ist zum einen wirklich (!) voll, zum anderen war das für mich eine völlige Reizüberflutung und zwar ging der Kitschfaktor entschieden in Richtung der kritischen Masse. Ich glaube, ich bin eher so der Gotik- oder noch lieber Mudejartyp, aber mit Rokoko und vor allem mit diesen ganzen Putten, kann ich nicht so viel anfangen.
Beeindruckt hat die Kirche mich trotzdem, das geht ja unabhängig vom persönlichen Geschmack.
Viel unterhaltsamer fand ich allerdings die frei laufenden Hühner neben der Kirche und die Wiese mit den Kälbchen mit echten Kälbchenglöckchen um den Hals!1elf
Und natürlich die Familie, die ich zuerst für Einheimische hielt, weil sie ihrem Sohn lautstark erklärten, dass die Pfarderln Besuch haben, was sie ja als Einheimische durchaus hätten wissen können, wenn sie ein fremdes Auto auf dem Hof ihrer Nachbarn, der Familie Pfarderl, erblickt hätten. Andererseits ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass sie von den Hühnern sprachen, von denen mittlerweile einige zwischen den Pferden auf der Koppel rumgackerten.

Und ganz ehrlich: Alleine die Tatsache, dass der weitere Weg nach Innsbruck über Oberammergau und über Unterammergau (Klick nur für die echt Harten empfehlenswert) führte, war ja den Abstecher schon wert. 
Katja
Gefällt mir:
Gefällt mir Wird geladen …