Nich lang schnacken – Kopp in Nacken!

‚Nich lang schnacken – Kopp in Nacken‘ war der zweite Satz, den ich vor vielen Jahren auf Friesisch gelernt habe. (Für alle, die das nicht kennen und/oder intuitiv verstehen: das ist ein Trinkspruch, bei dem es darum geht, keine großen Reden zu schwingen, sondern lieber den Schnaps auf Ex auszutrinken.)

Bezeichnenderweise lag die erste Idee und ein Anfang dieses Artikels jetzt seit über einem Jahr in meinen Entwürfen.

Das Problem:

Kennt ihr das auch? Viele meiner Sätze beginnen mit ‚Eigentlich müsste ich ja mal (wieder)…‘, ‚Ich sollte einfach…‘, ‚Ich würde gerne mehr / häufiger / endlich….‘.

Und vor lauter eigentlichs und müsste-ichs und schlechtem Gewissen, dass ich nicht längst… und überdenken, wann und wie ich am besten könnte und befürchten, dass es dann doch nichts werden könnte… ja mit all diesem drüber nachdenken und planen stehe ich mir dauernd selber im Weg, anstatt einfach zu machen.
[Wer mich kennt, weiss dass ich auf diese ‚dann mach doch einfach‘ Formulierung üblicherweise nicht gut zu sprechen bin, weil sie zu oft im Gepäck eines vermeintlich guten Ratschlags daherkommt und dieses Machen eben oft nicht so einfach ist, wie es von aussen aussieht. Hier meine ich aber wirklich diese Dinge, die ich nicht aus schwierigen Gedanken- und Gefühlsgeschwurbelungen nicht hinbekomme, sondern viele kleine praktische Dinge, die ich immer wieder vor mir herschiebe.]

Ich ticke in Projekten:

Das weiss ich mittlerweile schon eine ganze Weile über mich.

Damals, als ich jahrelang die Wohnung nicht verlassen konnte und eigentlich immer rauswollte, mich nur an der Türschwelle jedes Mal der Mut verließ und die Panikattacken kamen, kam mir irgendwann (unter der Dusche! Da hab ich lustigerweise wirklich oft die besten Ideen!) der Gedanke, das als Projekt anzupacken. Damals nannte ich das noch nicht so, aber es ging so: Ich stellte mir das Rausgehen einmal pro Woche (also messbar) als Aufgabe, setzte es einfach als Punkt mit auf die ToDo-Liste, den ich genau wie zB das wöchentliche Blumengießen erledigen musste. Dass das funktionierte (irgendwie war in meinem Kopf aus dem ‚ich müsste wieder mal rausgehen‘ ein ‚oh, ich war ja diese Woche noch gar nicht, dann aber los!‘ geworden) und schon nach recht kurzer Zeit aus dem wöchentlichen Rausgehen ein tägliches Rausgehen wurde, hat mich damals selber am meisten überrascht.

Und in diesem Wissen, dass ich die Dinge eher geregelt bekomme, wenn ich sie mir nicht einfach nur vornehme, sondern mir einen klaren (und möglichst schaffbaren) Rahmen abstecke. Was für mich schaffbar ist und trotzdem ein bisschen den Ansporn der Herausforderung birgt, dafür bekomme ich ein immer besseres Gefühl.

Durch dieses Vorgehen habe ich es im letzten Frühling geschafft, nach einigen Jahren, die wir schon in dieser Wohnung hier lebten, endlich mein riesiges chaotisches Regal im Arbeitszimmer mitsamt allem Papierkram darin durchzusortieren (einen Monat lang jeden Tag eine halbe Stunde, natürlich auch übertragbar und am Ende war ich viel früher fertig und hab noch an einer anderen Stelle weitersortiert), so habe ich den kleinen Prinzen auf Spanisch gelesen (jeden Tag ein Kapitel, mit ein paar eingeplanten Schludertagen), als Projekt habe ich im letzten Jahr jeden Tag fotografiert und war im November (trotzdem das jedes Jahr mein absoluter Hassmonat ist) durchschnittlich jeden 2. Tag draussen spazieren und hab durchschnittlich pro Woche ausserhalb der Spanischstunde noch 1,5 Stunden Spanisch gelernt. Und. Und. Und.

Der Plan:

Ich will viel mehr machen, anstatt nur drauf rumzudenken. Und weil ich das in Projekten, also mit konkreten Zielsetzungen besser (oder überhaupt) hinbekomme und weil ich den Artikel jetzt so lange vor mir aufgeschoben habe und sich Anfang Januar nunmal anbietet, ein Jahresdingens daraus zu machen, habe ich vor mache ich 2012 zu meinem persönlichen ’nich lang schnacken – Kopp in Nacken‘-Jahr.

Was das genau heisst und was genau ich vorhabe machen werde, darüber demnächst mehr. Und weil es natürlich zusätzlich motiviert, die Klappe öffentlich aufgerissen zu haben und darüber Bericht zu erstatten, wie’s läuft, gibt es darüber in nächster Zeit mehr hier zu lesen.

Und weil die Angst vorm Scheitern einer meiner größten Feinde ist, die mir im Weg steht und mich daran hindert, Dinge zu machen und auszuprobieren, ist mein erster und vielleicht wichtigster Vorsatz (der sich leider nicht so einfach quantifizieren und messen lässt), dass ich nicht mehr so streng mit mir selber sein will und mich nicht selber dafür zerfleischen will, wenn ich meine Vorgaben nicht ganz akkurat erfülle(n kann). Wenn ich mir das nicht selber immer wieder vorsage und deutlich mache, fange ich nämlich erst gar nicht an.

Mitmachen?

Und wenn ihr jetzt bei der ‚Kennt ihr das auch?‘-Frage ganz am Anfang, heftig genickt habt und gerade denkt ‚Eigentlich müsste ich ja auch mal….‘, dann

nich lang schnacken – Kopp in Nacken!

Ich freue mich, falls sich ein paar Mitstreiter zum öffentlichen und gemeinsamen ‚Machen‘ von Dingen, die ihr schon lange vor euch herschiebt, aber immer schonmal anpacken wolltet, hier melden! 🙂

Katja

*Edit: Klick für mehr davon.

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25 Kommentare zu “Nich lang schnacken – Kopp in Nacken!

  1. Jep, ich schiebe auch zu gerne Dinge vor mir her. Aus verschiedenen Gründen – die ich mir dann auch gerne schön zurecht lege – oder anders gesagt: Ich erfinde immer wieder Ausreden. Und wenn man dann noch einen Psychologieanteil in seinem Studium hat und weiß was man da macht, kann man nur über sich selbst den Kopf schütteln. Und doch nichts ändern.

    Ich würde gerne mitmachen. Für welche(n) Punkt(e) muss ich mir noch überlegen. Und wie ich das öffentlich machen mag 😀

  2. Was ich schon immer mal machen wollte, aber nie konnte?

    Mit der Katja in ein zauberhaftes schönes kitschiges aber urgemütliches Cafe gehen am Mainzer Dom zu gehen, dort ein Stück Torte essen und Kaffee trinken, mit rebhuhn sogar womöglich.

    So und jetzt?

  3. Melde mich sofort jetzt und hier zur Stelle mit „ich müsste mal wieder malen, aber ich weiß kein schönes Motiv und wenn, dann muss es was Tolles sein, weil Ölfarben so teuer sind und es wäre ja sonst schade um die Leinwand und die investierte Zeit, weil ich ja eigentlich gar keine Zeit habe…“
    Wär das was?

  4. Wie gut ich das kenne….. besonders, da ich eine Leidensgenossin bin. In Sachen Angststörung und Agoraphobie kenne ich mich bestens aus, in meiner schlimmsten Zeit bin ich auch monatelang nicht mehr aus dem Haus gegangen und draußen bin ich aus dem ganzen Angstkram auch noch lange nicht.
    Ich sollte mir die Idee mit dem Projekt vielleicht mal aufgreifen…. wobei es bei mir andererseits oft so ist, dass mit Druck, also dem Wissen dass ich etwas MUSS, es dann erst recht nicht geht.
    Aber Versuch macht kluch….. um es mal bei den Sprichwörtern zu lassen, oder? 😉

    Mein Projekt wäre also: Viel öfter ALLEIN rausgehen….

  5. @Maryam: Ich glaube wirklich, dieses Aufschieben ist fast jedem bekannt. So wie ja auch häufig ‚keine Zeit für etwas haben‘ an die Stelle des eigentlich korrekten ‚keine Zeit für etwas nehmen‘ tritt. 🙂

    @Sinchen: Ich freu mich, wenn du mitmachst! Wegen veröffentlichen: Du hast nicht zufällig schon immer mal drüber nachgedacht, mit dem bloggen anzufangen, nein? :mrgreen:
    Ansonsten will ich das hier auch noch übersichtlicher irgendwie als Seite reinbammeln. Dann kannst dich da, falls du Lust hast, in den Kommentaren austoben. Die Seiten sind ja oben immer aufrufbar und rutschen nicht wie die Beiträge nach unten durch.

    @Roland: *Knicks mach* Du kennst mein Dinge zergrübeln statt anpacken ja auch gut genug. 🙂

    @Rüdiger: Oh, da haste dir ja direkt einen harten Brocken vorgenommen. 😉
    Der fällt ja ganz in die Psychoschwerzuüberwindenecke. Ich drücke aber feste die Daumen für dein Vorhaben. 🙂 *knuff*

    @Designerhaase: Toll, dass du nich lange schnackst, sondern direkt mitmachst!1elf 🙂
    Genau diese Gedankengänge, die du beschreibst könnten (zwar nicht beim Malen, das kann ich gar nicht, aber zB beim Nähen, was u.a. auch auf meinem Plan steht), von mir stammen.

    @Some dreams: Ich vermute, bei den Angstdingen und wie man damit umgeht, entwickelt ja jeder seine eigenen Strategien. Für’s Rausgehen klappt das für mich gut, wenn ich es mir als Projekt vornehme, bei anderen Dingen kenne ich das auch, dass Druck, welcher Art und Gestalt auch immer, mich erst recht hemmt und dann kommt noch das Gefühl versagt zu haben dazu und diese Sache pustet sich immer größer vor einem auf, statt überschaubarer zu werden.
    Also falls du dir das vornimmst, dann sei nicht so streng mit dir, wenn es mal nicht klappt. 🙂

    • Doch, ich hatte schon mal überlegt mit dem bloggen anzufangen. Aber über was? Mein Leben fand ich so fad aus meiner Sicht 😛 Aber dafür wäre es noch mal ne Überlegung wert. Mal drauf rumdenken^^

      • Ich glaube, das geht jedem so, dass er das eigene Leben erst mal für fad hält. Und dann gibt’s doch Leute, die das lesen wollen.
        Über deins würde ich gerne lesen und damit hätteste schon garantiert eine Leserin mehr als ich hatte als ich damals anfing. 🙂

  6. Pingback: Nich lang schnacken – Kopp in Nacken: Kochbuchkochen « Gedankensprünge

  7. Aufschieben kenne ich auch gut. Mir hilft häufig, alles was ich immer schon mal machen wollte und vor mir hinschiebe, aufzuschreiben. Dann noch einen kleinen Zeitplan dazu fertigen. Dann überraschender Weise geht es dann zumeist aufeinmal doch. Liebe Grüße

  8. Oh, ich drück dem Rüdiger auch alle Daumen für sein Vorhaben 🙂 Vor allem, weil es einer der meinen sehr ähnlich wäre: Mit’ner Katja durch eine kleine süße Altstadt stapfen, Himmel und Häuser knipsen und einen Kaffee schlürfen. *tralalala*

    Aber auch sonst wird dieses Jahr wieder jede Menge Schattensprünge für mich bereithalten… Projekte zum Loslegen hätte ich im Moment leider’ne Menge… Aber lieber mal immer eins nach dem anderen!

  9. @Sucherin: Dafür braucht es aber auch Disziplin, wenn du das dann direkt anpackst. 🙂

    @Corina: *tralali* 😉
    Ich bin mal gespannt, wie ich das hinbekomme, mir so viel Kram gleichzeitig vorzunehmen. Aber ob das gelingt kann ich ja auch nur rausfinden, wenn ich’s mache.

    Und du bist ja zumindest bei dem täglichen Hopser in den Winter gut dabei! 🙂

  10. Oh, ein wirklich toller Artikel. Ich glaube…fühle…das ist so etwas wie…ach, was ich sagen will, ist: Dass ich das jetzt lese, kommt genau zur rechten Zeit. Das spüre ich gerade. Ich danke dir dafür. Ich werde dem Ganzen mal einen eigenen Blogeintrag widem, habe ich mir so überlegt. Denn auch ich funktioniere am besten, wenn es irgendeine Art Rahmen, eine (zumindest halbwegs) konkrete Vorgabe gibt. Oh…oh…du hast mich gerade auf tolle Ideen gebracht. 🙂 Danke dafür! 🙂 *freu*

      • @Meike: Eigentlich wollte ich bei dir nochmal auf deinen Kommentar antworten, aber aus unerfindlichen Gründen bekomme ich beim Versuch zu kommentieren seit gestern Abend nur eine Fehlermeldung, dass der Service nicht verfügbar sei.

  11. Pingback: Nich lang schnacken – so war das in 2012 « Gedankensprünge

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