Loslassen, das fällt mir immer wieder / immer noch ungeheuer schwer. Manchmal auch bei materiellen Dingen. Seit Jahr und Tag habe ich ein komplettes Schrankfach voll mit (hässlichen) Gläsern, die meinem Vater vor seinem Tod gehörten. Benutzt habe ich die so gut wie nie – zum einen, weil sie so wenig schön sind, zum anderen, weil ich immer Angst hatte, eines davon könnte zerbrechen.
Ich glaube, ich hatte irgendwann schonmal darüber geschrieben, kann’s aber gerade nicht finden, dass ich solche Schwierigkeiten mit diesen materiellen Erinnerungsstücken lieber verstorbener Menschen habe. Meine Schränke sind voll mit Schüsseln aus der Küche meiner Oma, Tassen meiner Großeltern … und eben der Gläser meines Vaters. Abgesehen von den nützlichen Küchendingen von meiner Oma nutze ich weder die Tassen noch die Gläser noch diverse andere Dinge. Sie wegzuwerfen käme mir aber nie in den Sinn. Ein bisschen fühlt sich das an als würde ich Verrat an der Erinnerung an den geliebten Menschen begehen, wenn ich seine ollen hässlichen Gläser wegwerfen würde. Mir fällt es wahnsinnig schwer, diese Erinnerungsstücke von der eigentlichen Erinnerung zu trennen. Diese Dinge vom Menschen zu trennen, an den ich mich erinnern will. Also verstopfen sie meine Schränke.
Vor einiger Zeit schlug mir jemand vor (ich glaube, das war sogar hier in den Kommentaren als ich schonmal davon erzählte), den Kram doch erst mal in Kartons zu verpacken und in den Keller zu räumen. Testen wie sich das anfühlt. Mit einigen Tassen habe ich das schon vor ein paar Monaten gemacht und damit kann ich gut leben. Ich heb die Dinge – wenigstens erst mal – noch auf, aber hab sie nicht in meinem direkten Sichtfeld, wo sie mir den Platz beschneiden und den Raum einengen. Erstaunlicher/-freulicherweise habe ich dadurch kein schlechtes Gewissen, komme mir gar nicht wie eine Verräterin vor, was ich ja immer befürchtet habe.
Gerade waren die Gläser meines Vaters dran. Die stehen jetzt gut in Zeitungspapier gewickelt und in Kartons verpackt bereit, um sie in den Keller zu bringen. Und das fühlt sich gut an. Diesen Brocken schon so früh im Jahr angepackt zu haben, um Neuem Platz zu machen.
Lustiges am Rande: Meine seit November gesammelten Zeitungen haben auf’s Blatt genau für die Gläser ausgereicht.
Lustiges am Rande²: Einer der Kartons ist weit gereist und war schon für ein paar Tage am Rande des Schwarzwaldes zu Gast. Wenn er sich dadurch nicht für den Job die Gläser zu hüten qualifiziert hat, dann weiss ich’s ja auch nicht. 😀
Katja