Dufte Erinnerung

Ich staune und wundere mich immer wieder darüber, wie mächtig Gerüche sind und wie stark scheinbar Verknüpfungen zu ‚Dufterinnerungen‘ sind.

Gerade bin ich unter der Dusche wieder einmal in meine Kindheit zurückkatapultiert worden – direkt ins Badezimmer des Hauses meiner ‚Bodenseeoma‘. Die hieß so, weil sie einige Kilometer vom See entfernt in einer wunderbaren Villa an einem Hang mit unverbautem Blick auf den Bodensee wohnte. Einige Male pro Jahr besuchten wir sie und ihr Haus hatte ganz spezielle Gerüche, in fast jedem Raum einen anderen.

Vor einigen Tagen hatte ich ein neues Duschgel jener Marke gekauft, von der es bis vor kurzem mein absolutes Lieblingsduschgel gab. Von denen probiere ich eigentlich alle neuen Sorten aus – auch in der Hoffnung, dass es wieder mal ein ähnliches wie mein liebstes geben könnte. In der Flasche roch das ziemlich unscheinbar, aber beim Benutzen!1elf Totaler Erinnerungsflash und ich sah erst meine Oma vor mir, wie sie vorm großen Spiegel steht und ihr Haar bürstet, ihr kleiner, ewig in die Zehen kneifender, wenn man sich meiner Oma, die darauf bestand Omi genannt zu werden, auf mehr als 2 Meter näherte, verzogener Yorkshire Terrier auf dem Toilettendeckel ‚geparkt‘ und dann hatte ich Details des Badezimmers mit seinen goldfarbenen Armaturen vor Augen. Bei dem ich mir nie hätte vorstellen können, es zu benutzen, wenn man im Garten gespielt hatte und schlammig reinkam. Das war für mich eher ein Raum zum Besichtigen und Anschauen als einer zum Benutzen.

Wir hatten, wenn wir zu Besuch waren, zum Glück unser eigenes Bad, das man auch benutzen konnte. Das hatte einen ganz anderen Geruch und erstaunlicherweise hatte ich auch das schon vor einigen Jahren so deutlich vor Augen. Noch erstaunlicher daran ist, dass auch das beim Duschen war und zwar mit einer anderen Duschgelduftrichtung der genau gleichen Marke.

Ob die auf Düfte aus dem Haus meiner Bodenseeoma spezialisiert sind? Irgendwie warte ich jetzt auf jeden Fall darauf, dass die in einigen Jahren eines herausbringen, das wie die Küche meiner Oma riecht – eine Mischung aus Gewürzen und allen möglichen Teesorten, die in Blechdosen im Regal standen – dominiert vom Bergamotte-Aroma des Earl Grey, was sich vermutlich als Duft besser verkauft als die Gerüche nach Apfelmus oder Frikadellen, die es in der Küche meiner anderen Oma zu schnuppern gab. :mrgreen:

Katja

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6 Kommentare zu “Dufte Erinnerung

  1. das hast du schön geschrieben, katja 😉
    ich fühlte mich beim lesen direkt ins bad meiner großeltern versetzt, das auch einen sehr eigenen geruch hatte, den ich aber noch nirgendwo kaufen konnte 😉

    duschgel mit apfelmusgeruch wäre ja noch in ordnung, aber die kombi mit frikadellen stelle ich mir in der tat schwierig zu verkaufen vor :mrgreen:

    • Nej, das müssten natürlich zwei getrennte Duschgeldüfte sein. Apfelmus könnte man höchstens mit Kartoffelpufferduft gemischt anbieten.
      Und mit dem Frikadellenduft wäre man sicherlich der Hundemagnet im Viertel. :mrgreen:

  2. Ich schnuppere in Gedanken gerade im alten Haus meiner Großeltern.. die Farben, mit denen meine Oma in Heimarbeit kleine Spielzeug-Indianer bemalt hat… das immer ein wenig muffelig riechende Bad… die Stube mit dem großen gelben Kachelofen…

    Nix, was sich als Duft-Kombination verkaufen ließe, befürchte ich… aber als Erinnerung unbezahlbar.

    Seitdem ich nur noch ganz selten etwas rieche, habe ich oft das Gefühl, irgendwie nicht mehr richtig DA zu sein…. hmm, schwer zu erklären… als wäre ich nicht so richtig im Hier und Jetzt verbunden… egal wo ich bin – wenn ich die Augen schließe, stehe ich förmlich im Nichts… dann sind nur noch die Geräusche da.
    Manchmal fehlt mir das so sehr… dann bin ich froh, daß wir dieses Geruchs-Gedächtnis haben, was so eng mit unseren Gefühlen verknüpft ist… das hast du so schön beschrieben… *seufz*

    Liebe Grüße… 🙂

    • Hmm, vielleicht ist es bei dir das gerade das Sehen, das einen Teil des nicht gut riechen könnens ausgleicht und deswegen bist du mit geschlossenen Augen ganz verloren?

      Ich glaube, dieses Gefühl nicht richtig da zu sein, kenne ich aus anderem Zusammenhang. Wenn mich die Panik überfällt, wird die Wahrnehmung im ersten Moment schärfer und alles kommt mir für einen Moment viel lauter und greller vor und dann engt sich das Gesichtsfeld ein und ich habe das Gefühl, alle Sinne werden dumpfer, wie durch einen Schleier, kurz vor einer Ohnmacht.
      Daran musste ich gerade denken. Das fühlt sich immer an als wäre ich gar nicht mehr in mir und bei mir.

      Ich weiss nicht, ob es vergleichbar ist, aber diese Assoziation kam bei mir gerade durch.

      Und bei deinem großen gelben Kachelofen fühle ich direkt die Wärme, die so ein ‚echtes‘ Feuer macht und die so viel wohliger ist als künstliche Heizungswärme. 🙂

  3. Jaaa, das funktioniert bei mir auch, das mit den Gerüchen. Wobei ich in Ermangelung einer Großmutter mit anderen Gerüchen vorlieb nehmen muss. Jedoch, was Badezimmer angeht, ich könnte schwören, den Duft von CD-Badezusatz blind aus 100 anderen herauszufinden.
    Und ganz sicher bin ich mir, dass mir auch heute noch vom Geruch von Milchreis mit Zimt und Zucker schlecht wird… aber das probiere ich lieber nicht aus.

    • Wuh. Milchreisgeruch (sowie auch Geschmack) mochte ich schon als Kind nicht. Ich bin eher der Griespuddingtyp. 😀

      Wenn das Gedächtnis doch nur mal für andere Dinge auch so gut funktionieren würde. Namen-Gesichter-Zuordnung, Telefonnummern….

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