Der folgende Beitrag ist der Fremdbeitrag, der im Rahmen von Muriels Bfasdmzbhudesevwigs-Aktion für mein Blog geschrieben wurde.
Ich hatte beim Lesen der Geschichte eine dicke Gänsehaut – wie schön! Lieber Gastautor, hab herzlichen Dank für diesen wundervollen Beitrag! Ich glaube, schon zu wissen, wem ich die Geschichte verdanke, mag aber mit meinem Tipp noch etwas warten, um den hier Mitlesenden nicht komplett vorweg zu greifen, falls sie in Mitratelaune sind.
Ich war beim ersten Lesen wirklich sprachlos, was ihr, wenn ihr mich ein wenig kennt, vermutlich gleich nachvollziehen könnt.
Katja (mit den hellgrauen Ohren)
Tusch und Schnedderedeng ( 😉 ) für den Bfasdmzbhudesevwigs-Gastbeitrag:
Tage wie Mäuse
Es war wieder so ein Tag. Ein Tag, von dem man schon am Morgen weiß, daß er nicht gut wird, daß er gar nicht gut wird. Ein Tag wie eine Maus, eine von der dunkelgrauen Sorte.
Irgendwann hatte sie die Bettdecke zurückgeschlagen und langsam einen Fuß nach dem anderen auf den Boden gestellt. Keine Kraft, sich zu recken, keine Lust, zum Fenster hinüber zugehen, um einen Blick hinaus auf die Straße zu werfen. Wozu auch.
Sie wußte genau, wie es draußen aussah. Dieselben grauen Häuser, dieselben Menschen, die über die Straßen hasteten. Ja. Eilig hatten sie es. Denn sie hatten Wege zu erledigen, mußten pünktlich zur Arbeit kommen, Einkäufe erledigen, ihre Kinder in die Schule bringen.
Niemand da unten wußte, daß sie hier oben wohnte. Keiner kümmerte sich um sie, denn sie kümmerte sich um keinen von ihnen. Nicht, daß sie nicht gewollt hätte. Die anderen waren ihr nicht egal, auch wenn das immer wieder einmal jemand von ihr behauptete.
Erst einmal eine Kanne Kaffee hinsetzen… Ohne Kaffee, das wußte sie, würde sie nicht einmal richtig wach werden. Auch heute würde sie das Frühstück einfach ausfallen lassen, das war nicht schlimm, sie hatte sich daran gewöhnt.
So saß sie einige Zeit. Las ein paar Seiten ihres Lieblingsbuches und entschloß sich dann, endlich den Rechner hochzufahren. Als sie aber den Knopf drückt, bleibt dieser still. Kein Piepsen, kein Brummen, nichts. Sie drückt noch einmal, wieder und wieder, aber es passiert einfach nichts.
Schnell schaut sie hinter den Schreibtisch, aber der Stecker ist da, wo er hingehört. Sie drückt und ruckelt an ein paar Kabeln, doch es ändert nichts: der Rechner bleibt still.
Panik steigt in ihr auf. Sie wollte doch nach den e-Mails schauen! Und an ihrem neuen Blogbeitrag weiterschreiben! Ein paar Rechnungen per Online-Banking bezahlen!
Was sollte sie jetzt nur tun? Langsam begriff sie, daß sie Hilfe brauchen würde. Allein würde sie den Rechner auf keinen Fall wieder in Gang bekommen.
Das Telefon. Vorsichtig schaut sie hin und überlegt, wen um alles in der Welt sie um Hilfe bitten könnte. Und was sollte sie sagen? Wahrscheinlich würde sie wieder nur herum stammeln, sich verhaspeln oder vor lauter Aufregung nicht verstehen, was man ihr sagte. Da fiel ihr ein, daß sie ja gar kein Telefonbuch besaß. Warum hätte sie auch, sie rief ja nur ganz selten jemanden an.
Gab es keinen anderen Weg? Grübelnd ging sie in die Küche, als ihr plötzlich, während sie sich die dritte Tasse Kaffee einschenkte, einfiel, daß ja in diesen nervigen Zeitungen und Werbeprospekten bestimmt auch eine Art Computer-Notdienst zu finden war. Doch da war bereits das nächste Problem: Zeitung und Werbeprospekte waren noch im Briefkasten.
Das aber hieß, sie mußte ihre Wohnung verlassen, mußte die Treppe hinunter gehen. Was, wenn sie jemanden traf? Die alte Nachbarin, die immer reden wollte? Oder den jungen Mann mit der Brille, der immer etwas lauter sprach, als es nötig war?
Vorsichtig legte sie ihre Hand auf die Türklinke. Leise, ganz leise mußte sie die Tür öffnen, denn man durfte sie ja nicht hören. Sie späht durch den Türspalt hinaus, es scheint niemand da zu sein. Einige Schritte macht sie nun, hinaus ins Treppenhaus, dann hält sie wieder inne und lauscht: War da nicht ein Geräusch? Kommt vielleicht ausgerechnet jetzt jemand die Treppe hoch?
Nein, sie hat sich verhört. Langsam geht sie die ersten Stufen hinab. Das Herz klopft ihr bis zum Hals, ihre Hände zittern leicht. Jetzt muß sie an den beiden Wohnungen vorbei…. Hoffentlich geht jetzt nicht die Tür auf! – denkt sie immer und immer wieder.
Dann hat sie es irgendwann geschafft. Ihre Hände zittern vor Angst so sehr, daß sie kaum den Briefkastenschlüssel ins Schloß stecken kann. Sie greift nach den Zeitungen und der Werbung einer ganzen Woche, schnell, schnell… Ihre Blicke schweifen nervös umher. Hat sie jemand beobachtet? Wahrscheinlich haben alle gesehen, wie ungeschickt sie ist, wie unsicher und ängstlich.
Aber das geschieht ihr recht. Wie oft hat sie den Satz gehört: Reiß dich doch mal ein bisschen zusammen! Willst du nicht mal ein wenig an dir arbeiten? Wie soll das denn weitergehen?
Sie rennt die Treppen hinauf zu ihrer Wohnung. Gleich hat sie es geschafft, nur noch wenige Stufen…
„Sie haben es aber eilig!“
Erschrocken fährt sie herum. Sie hat nicht bemerkt, daß sich die Tür gerade öffnete, während sie vorbeiging.
Der junge Mann steht in der Tür und lächelt sie an. Er wartet.
Sie spürt, wie sie rot wird. Sie versucht, die passenden Worte zu finden… Dann wedelt sie ein wenig hilflos mit dem Bündel Zeitungen und stammelt etwas von „Computer kaputt“ und „Kein Telefonbuch“.
Am liebsten wäre sie im Erdboden verschwunden. Warum war sie nicht schneller gerannt, dann könnte sie jetzt oben in ihrer Wohnung sein?
Sie will sich gerade umdrehen, als der junge Mann laut hinter ihr her ruft: „Wenn Sie nichts dagegen haben, schau ich ihn mir mal an! Den Rechner, meine ich!!!“
Erschrocken ist sie, weil er wieder so geschrien hat. Und noch viel mehr, weil das ja bedeuten würde, ihn in ihre Wohnung zu lassen.
Siedend heiß überfällt sie der Gedanke. Was, wenn er fragt, was sie so macht? Warum sie nicht arbeitet, was mit ihr los ist?
Aber wenn er ihr nun wirklich helfen konnte? Dann brauchte sie nicht telefonieren und hätte vielleicht heute Abend ihren Rechner schon wieder zur Verfügung…
Sie dreht sich zu ihrem Nachbarn um. Der steht noch immer an derselben Stelle und schaut ihr freundlich in die Augen. Schnell wendet sie sich ab, aber nicht ohne leise „Danke, das wäre wirklich toll…“ zu murmeln.
Er folgt ihr in die Wohnung. Sie zeigt ihm den Schreibtisch und den Rechner und fragt ihn, ob er eine Tasse Kaffee haben möchte. Er antwortet nicht. Stattdessen ist er bereits unter den Schreibtisch gekrochen, um von dort aus nach den Anschlüssen zu sehen. Sie tritt ein wenig näher an ihn heran, als sie plötzlich das kleine hellgraue Gerät hinter seinem Ohr bemerkt.
Das beruhigt sie irgendwie. Das war also der Grund, warum er oft so laut sprach. Sie tippt ihn vorsichtig an die Schulter, doch da zuckt er vor Schreck zusammen und stößt sich den Kopf an der Schreibtischplatte.
Nun sahen sich beide erschrocken an: er rieb sich die entstehende Beule am Kopf, doch dann lächelte er wieder.
„Ich glaub, ich weiß was los ist!“ Testhalber drückt er nun den Lichtschalter an der Wand. Nichts. Die Lampen bleiben aus. „Es ist nur eine Sicherung, weiter nix, das haben wir gleich!“
Sie kann es nicht fassen. Warum ist sie nicht selbst auf die Idee gekommen? Ihre Kaffeemaschine ging, aber die stand ja auch in der Küche… Anderes Zimmer – andere Sicherung, das wußte sie doch!
All die Aufregung umsonst. Doch nun war sie froh, wenigstens nicht den Computer-Notdienst gerufen zu haben…
Langsam wird ihr klar, daß sie nun noch immer mit einem fast Fremden allein in ihrer Wohnung ist. Unsicher schaut sie zu ihm hinüber. Die Sicherung ist wieder drin und er bittet sie, den Rechner einzuschalten. Erleichtert hört sie das vertraute Piepsen und Brummen.
„Vielen Dank… es … tut mir leid, daß Sie wegen so einer Kleinigkeit….“ – stammelt sie.
„Ich glaube nicht, daß es für Sie eine Kleinigkeit war…“ – antwortet er auf einmal ganz leise und schaut sie nun sehr ernst an. Dann verabschiedet er sich freundlich.
Sie sitzt wieder in ihrer Küche. Mit der Tasse Kaffee, die sie ihm doch hatte geben wollen. Sie grübelt und liest einige Seiten in ihrem Lieblingsbuch.
Irgendwann geht sie hinüber zum Schreibtisch und macht ihren Rechner aus.
Ein dunkelgrauer Tag war es gewesen, ja, dunkelgrau wie eine kleine, ängstliche Maus. Aber hatte er nicht plötzlich auch ein paar hellgraue Ohren bekommen?

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