Die Sache mit der Verantwortung II

Da ist dieser Typ, der im Internet erzählt wie schlecht es ihm geht. Da sind diese Menschen, die versuchen, ihm Mut zu machen.

Stille.

Nach einer Woche Stille dann die Nachfrage, wie es ihm geht, ob er wieder besser drauf ist.

Stille.

Dann irgendwann Reaktion an völlig anderer Stelle, scherzend, in völlig anderem Zusammenhang, ohne darauf einzugehen was vorher war.

Und ich sitze da und wundere mich.

Wenn ich in einer mehr oder weniger großen Öffentlichkeit erzähle, dass es mir schlecht geht und eine Menge Menschen mir Mut zusprechen und an meinem Leid anteil nehmen, dann ist für mich eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass ich – auch ohne weiteres Nachfragen – irgendwann wenn’s besser ist, sage „Hey, macht euch keine Sorgen mehr. Mir geht’s wieder besser.“

Noch selbstverständlicher tue ich das, wenn noch dazu jemand nochmal nachfragt.

Was für eine Art ist es denn, meinen Kummer in die Welt rauszukotzen, die mitlesenden Menschen als seelischen Mülleimer zu füttern, jede Menge Empathie zu erhalten und sobald es mir wieder besser geht, so zu tun als wäre nix gewesen und nicht mal auf besorgte Nachfragen zu reagieren?

Wie egal müssen mir meine Mitmenschen sein, dass ich zwar meinen Mist bei ihnen ablade, aber mich dann nicht mehr in der Verantwortung fühle, ihnen ihre Sorge um mich zu nehmen?

Ich hätte es echt nicht für möglich gehalten, aber es gibt Menschen, deren Wohlergehen mir jetzt echt am Allerwertesten vorbei geht. Ich weiss gerade nicht mal, ob das aus einem Gefühl der Beleidigung raus kommt oder aus dem Selbstschutz raus, mich nicht mehr in Sorge um wen aufzureiben, der nicht mal wirklich zu realisieren scheint, dass Mitfühlen etwas Echtes sein kann. Auch wenn die zweite Variante die ist, die mir lieber wäre, steckt vermutlich doch auch ein Funken des ersteren mit drin. Auch wenn ich mir als beleidigte Leberwurst gar nicht sympathisch bin. 🙄

Katja (dem Text die Nummer II gebend, wohlweislich, dass Teil I der Verantwortung (eigentlich einer ganz anderen) seit Wochen in den Entwürfen rumliegt und ohne sicher zu sein, den noch fertig zu schreiben, ihm trotzdem aber seine Nummer I nicht streitig machen wollend)

—-

Edit: Bei nochmaligem Lesen klingt das viel bitterer als es eigentlich gedacht ist – spurlos verändern liegt mir aber nicht, also ergänze ich lieber noch ein wenig.

Passiert ist das ganze auf einer Deprimailingliste, wo die teilnehmenden Menschen ziemlich viel von sich preisgeben und einander eigentlich mit Respekt und Verständnis begegnen. Dass es jemandem nicht gut geht, kommt da häufiger vor und auch, dass das viele auf der Liste recht gut nachfühlen können.

Mein Text oben liest sich ein wenig so als hätte mich gestört, dass meine Sorge nicht „gewürdigt“ wurde. Darum ging es mir nicht. Es ging um diesen Mann und seine Probleme und ich wollte da wahrlich keine Aufmerksamkeit erregen. Ich kann nur so gar nicht nachvollziehen, dass ihm die Verantwortung nicht bewusst ist – gerade in diesem Haufen empathischer Menschen, die selber alle ihre Kämpfe auszutragen haben – die er durch die Teilnahme übernimmt. Nämlich diese, Entwarnung zu geben, wenn kein Anlass mehr zur Sorge um ihn besteht. Statt dessen taucht er nach 3 Wochen des Schweigens und Ignorierens aller besorgter Nachfragen damit wieder auf, einen Witz zu erzählen. Bidde? 😯

Auch wenn das hier „nur“ das Internet ist, sitzen doch Menschen, hinter den Tastaturen, die Anteil  nehmen. Wer sich dessen nicht bewusst ist, von dem fühle ich mich auf so einer Mailingliste wirklich als Seelenmülleimer missbraucht, der abtreten darf sobald der Müll raus und das Mitgefühl entgegen genommen ist.

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